11.09.2014 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 51 / Einzelplan 10

Johann SaathoffSPD - Ernährung und Landwirtschaft

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Minister Schmidt! Wie schon einige meiner Vorredner gesagt haben, werden wir erstmals seit 1969 – ich kann mich gut an 1969 erinnern; da habe ich meinen 2. Geburtstag opulent gefeiert –

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

einen ausgeglichenen Bundeshaushalt beschließen können. Das bedeutet, dass sich Einnahmen und Ausgaben in der Waage halten und keine neuen Schulden gemacht werden müssen. Allerdings bedeutet das nicht, dass vorhandene Schulden getilgt werden. Es gibt also nach wie vor Herausforderungen für uns, auch vor dem Hintergrund, dass das Zinsniveau, die Steuereinnahmen und das Beschäftigungsniveau nicht immer auf diesem Stand bleiben werden. Diesen Herausforderungen werden wir uns stellen müssen – im Sinne unserer Kinder und Enkelkinder, denen wir irgendwann einmal einen funktionsfähigen Staat übergeben wollen.

Eben um unseren nachfolgenden Generationen einen Gestaltungsrahmen zu überlassen, haben wir zum Beispiel den Mindestlohn eingeführt. Positiver Nebeneffekt ist, dass wir dadurch auch die Sozialkassen in Deutschland in Zukunft deutlich entlasten. Das gilt natürlich auch für die Fleisch-, Land- und Forstwirtschaft.

Der Arbeitslohn ist allerdings nicht der einzige Faktor für verantwortungsvolle Lebens- und Arbeitsbedingungen im Staate. Hinzu kommt das Verständnis der Unternehmen für die Mitbestimmung.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

In Deutschland gibt es unzählige Beispiele dafür, dass Unternehmen mit, durch und wegen betrieblicher Mitbestimmung erfolgreich sein können. Es gibt aber leider noch immer Unternehmen, die meinen, betriebliche Mitbestimmung sei ein Hindernis. Die Frage ist nicht, ob ein Unternehmen sich einen Betriebsrat leisten kann, sondern, ob es sich ein Unternehmen leisten kann, keinen Betriebsrat zu haben.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Neben dem Thema der betrieblichen Mitbestimmung gibt es ein weiteres wichtiges Thema: Es gibt immer noch Menschen, die in prekären Beschäftigungsverhältnissen arbeiten müssen. Diese Menschen haben nicht nur unsichere Rahmenbedingungen, also Befristungen usw., sondern leben zum Teil sogar in völlig unangemessenen Unterkünften. Ich wähle hier bewusst das Wort „Unterkunft“, denn „wohnen“ kann man das nicht nennen.

(Beifall bei der SPD)

In der niedersächsischen Fleischwirtschaft gab es diesbezüglich in nicht allzu ferner Vergangenheit schlimme Beispiele. Der Grund dafür war der Trend zur Massenproduktion von Fleisch mit einem dreifachen Qualitätskriterium: billig, billig, billig. Diesen Trend zur Massenproduktion werden wir brechen.

(Beifall bei der SPD)

Meine Kollegin Christina Jantz hat eben in ihrer Rede deutlich gemacht, dass wir in diesem Bereich klare Akzente setzen wollen und deshalb unter anderem die Mittel für den Tierschutz deutlich erhöhen.

Als Ziel dieser Legislaturperiode haben wir uns aber auch vorgenommen und uns in der Koalition darauf verständigt, die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“, kurz GAK, umzubauen zu einer Gemeinschaftsaufgabe „Ländliche Entwicklung“.

Im Sommer habe ich mir im Süden der Republik zum Thema „regionale Wertschöpfung“ praktische Beispiele angesehen. Auf dieser Reise wurde deutlich, dass quer durch die Bundesrepublik die Notwendigkeit besteht, regionale Wertschöpfungsketten aufzubauen und zu stärken,

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

auch damit die Menschen vor Ort Arbeit haben und die Lebensqualität im ländlichen Raum wieder gesteigert werden kann.

Zur Lebensqualität im ländlichen Raum gehören auch die Instrumente der Daseinsvorsorge, insbesondere Einrichtungen für ältere und pflegebedürftige Menschen sowie Bildungs- und Betreuungseinrichtungen für Kinder. In Ostfriesland ist diese Problematik besonders deutlich vorhersehbar. Die Geburtenrate ist stark gesunken. Die jungen Leute verlassen Ostfriesland wegen der an anderen Orten besseren Berufschancen. Was bleibt, sind vorwiegend ältere Menschen. Dieser Herausforderungen werden wir uns annehmen. Erkenntnis ist dabei der erste Schritt.

(Beifall bei der SPD)

Diese Erkenntnis liegt nun vor. Daher werden wir zur Vorbereitung der Weiterentwicklung der Gemeinschaftsaufgabe zunächst für 2015 und 2016 jeweils 10 Millionen Euro für das Bundesprogramm für ländliche Entwicklung bereitstellen. Mir liegt es am Herzen, zu betonen, dass aus diesen Mitteln für die ländliche Entwicklung kein neues Agrarförderungsprogramm wird, sondern dass diese Mittel der Verbesserung der Lebensbedingungen aller Menschen im ländlichen Raum dienen sollen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Ich möchte an dieser Stelle auch einmal etwas zu einem sonst weniger beachteten Zweig der Ernährungswirtschaft sagen, zur deutschen Fischerei. In der sitzungsfreien Zeit habe ich die Gelegenheit genutzt, mit einem Krabbenfischer vor Borkum auf Krabbenfang zu gehen. Bei den Krabbenfischern gibt es eine ganze Reihe über 30 Jahre alter Fahrzeuge, die noch einen Holzrumpf haben. Es ist kein Geheimnis, dass die deutsche Fischereiflotte stellenweise stark überaltert ist. Ersatzbauten sind im Rahmen der Gemeinsamen Fischereipolitik nicht zulässig. Aber wir stellen mit diesem Haushalt nach wie vor Mittel für die Modernisierung von Fischereifahrzeugen zur Verfügung, wenn auch nicht in allzu großem Umfang.

Die deutschen Fischer machen auf See eine ganz hervorragende Arbeit.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Sie haben einen großen Anteil daran, dass sich die Fischerei in den letzten Jahrzehnten hin zu mehr Nachhaltigkeit entwickelt hat. Die Fischer in Deutschland haben sich konsequent an die Quoten gehalten. Sie dürfen aber auch den Anspruch haben, dass diese Quoten auf einer korrekten wissenschaftlichen Basis ermittelt werden.

Damit der Forschung die notwendigen Instrumente zur Ermittlung dieser Quoten zur Verfügung gestellt werden können, haben wir auch Mittel für einen Ersatzbau für das Fischereiforschungsschiff „Walther Herwig III“ eingestellt. Wat mutt, dat mutt.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Diesen Neubau hat die deutsche Fischereiforschung wirklich nötig, denn die „Walther Herwig III“ wurde bereits 1992 in Dienst gestellt. Sie befindet sich momentan in der Nordsee auf ihrer 377. Forschungsreise und untersucht dort die Plattfischvorkommen in der Schollenbox und die Häufigkeit und Verteilung von Heringslarven in den Laichgebieten der Nordseeheringsbestände.

Die beiden Fischereiforschungsinstitute in Hamburg und Rostock machen eine hervorragende Arbeit. So trägt Deutschland im Rahmen der Gemeinsamen Fischereipolitik zu einer Bewertung der Fischbestände und dadurch zu mehr Nachhaltigkeit bei der Fischerei bei.

Ich wünsche uns bei den anstehenden Beratungen zum Haushalt 2015, dass uns gemeinsam der Paradigmenwechsel hin zur Verbesserung der Lebensbedingungen aller Menschen im ländlichen Raum gelingt. Ich freue mich auf konstruktive Diskussionen in diesem Sinne.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Weitere Wortmeldungen zu diesem Einzelplan liegen nicht vor.

Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Einzelplan 17.

Das Wort hat die Bundesministerin Manuela Schwesig.

(Beifall bei der SPD – Unruhe)

– Ich bitte erstens, die notwendigen Umgruppierungen in den Fraktionen zügig vorzunehmen, und zweitens bitte ich diejenigen, die ihren Platz gefunden haben, um Aufmerksamkeit für die Ministerin. – Diejenigen, die nicht an dieser Debatte teilhaben können, sollten die notwendigen Diskussionen nicht hier in den Gängen des Plenarsaals führen, sondern diese bitte nach draußen verlagern. – Ich bedanke mich für die Übermittlung der Nachricht. – Frau Ministerin, Sie haben das Wort.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/3856161
Wahlperiode 18
Sitzung 51
Tagesordnungspunkt Ernährung und Landwirtschaft
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