Roland ClausDIE LINKE - Verkehr und digitale Infrastruktur
Werte Frau Präsidentin! Ich habe den Eindruck, dass der Bundesverkehrsminister ständig zulasten seiner Fraktion unterwegs ist.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Matthias Gastel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und zulasten des Landes! – Eckhardt Rehberg [CDU/CSU]: Wir tragen ihn aber gern!)
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Bundesminister Dobrindt, wenn Sie einem regulären Job nachgehen würden, hätten Sie, glaube ich, längst die eine oder andere Abmahnung bekommen. Sie haben ein Hobby mit vier Buchstaben, das Sie mit Ihrem Parteivorsitzenden teilen. Ja, ich meine die Maut. Eines kann ich nicht verstehen: Warum lässt man Ihnen durchgehen, dass Sie Ihrem Hobby während der Arbeitszeit nachgehen?
(Beifall bei der LINKEN)
Weiter noch: Warum lässt die Kanzlerin zu, dass Sie Ihren regulären Job als Infrastrukturminister nicht erledigen? Ich finde, das ist nicht in Ordnung.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Mindestens in der Schärfe, wie es die Opposition vorgetragen hat, gab es auch Kritik aus der Schwesterpartei CDU. Jetzt muss man sich einmal anschauen, mit welcher Sprache Horst Seehofer, der Parteivorsitzende der CSU, darauf reagiert hat. Horst Seehofer hat gesagt: Wenn die Landtagswahlen durch sind, ist das Ende der Schonzeit erreicht. Wenn ich das richtig verstehe, handelt es sich hier um einen Begriff aus dem Jagdwesen. Nach der Schonzeit darf abgeschossen werden.
(Zurufe von der CDU/CSU: Oh!)
Wenn das Schwesternliebe ist, na dann gute Nacht.
(Beifall bei der LINKEN)
Da kann man ja einmal mehr heilfroh sein, nicht Mitglied der CDU zu sein.
(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Weil die Linke gar keine Probleme hat! – Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Lesen Sie einmal das interne Papier!)
Man muss Ihnen das einmal vorrechnen: Gesetzt den Fall, wir würden dieses Monster Pkw-Maut in der Tat einführen, würde das 2 Prozent des Verkehrsetats ausmachen. Wieso, frage ich mich, darf es sein, dass ein Mitglied der Bundesregierung nur 2 Prozent Leistung bringt gegenüber 98 Prozent Arbeitsverweigerung? Das darf man nicht durchgehen lassen.
(Beifall bei der LINKEN)
Die gesamte Verkehrsinfrastruktur des Bundes ist Ihr Job, also auch die digitale Infrastruktur, aber diese gibt es in Ihrem Haushalt noch nicht, Herr Minister. Ich bin auch für den Etat des Bundeswirtschaftsministers zuständig. In seinem Etat ist eine Reihe von Förderprogrammen zur digitalen Wirtschaft vorhanden. Ich hatte den Eindruck, dass sich nach der ganzen Umsortierung in der Bundesregierung das eine oder andere jetzt im Verkehrsetat wiederfinden würde. Das ist nicht der Fall; das bleibt alles schön im Wirtschaftsetat. So war natürlich das, was Sie, Herr Minister, hier zum Thema digitale Infrastruktur vorgetragen haben, ausdrücklich nichts anderes als dünne Suppe.
(Beifall bei der LINKEN)
Ich will eine kleine Tour über Ihre Baustellen machen. Ich beginne mit der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung. Vier Jahre lang wurde unter dem Druck der FDP in der Vorgängerregierung versucht, sie zu privatisieren. Sechs Berichte der Bundesregierung liegen uns inzwischen zur Wasser- und Schifffahrtsverwaltung vor. Wenn man sich den sechsten Bericht anschaut, bekommt man den Eindruck, dass wir alles wieder auf Start setzen.
(Gustav Herzog [SPD]: Das stimmt nicht, Herr Kollege!)
Nun könnte man sagen: Es ist ja vielleicht nicht so schlimm. Trotzdem muss man natürlich die Folgen beachten: Es gibt enorme Bauverzögerungen am Nord-Ostsee-Kanal. Sie haben eine unsägliche Generaldirektion der Schifffahrtsverwaltung in Bonn geschaffen, und die Wasserstraßen im Osten der Republik haben Sie als Restwasserstraßen klassifiziert. Sie haben also bleibende Schäden angerichtet.
(Beifall bei der LINKEN)
Stichwort Lkw-Maut. Noch immer sind die Schadenersatzleistungen von Toll Collect, die vor vielen, vielen Jahren bei der Einführung der Maut – oder besser: der Nichteinführung – aufgelaufen sind, nicht eingeklagt. Hier bleiben dem Bund Milliardensummen vorenthalten. Das kann man doch nicht hinnehmen. Die Aufgabe, nun endlich einmal die Frage nach der zukünftigen Betreibergesellschaft zu beantworten – wer wird diese Aufgabe wahrnehmen, nachdem die Verträge ausgelaufen sind? –, lösen Sie nicht. Sie sitzen es aus. Das werden wir als Parlament Ihnen nicht durchgehen lassen.
Natürlich haben wir die Sanierung von Straßen, Brücken und Schienenwegen als gemeinsame Aufgabe zu schultern. Wir brauchen eine zukunftsfähige Infrastruktur. Wenn wir uns ehrlich in die Augen schauen, müssen wir sagen: Kein Haushalt des Bundes könnte diesen riesigen Stau beim Investitionsbedarf rasch überwinden. Aber eine Politik des Weiter-so wird die Probleme auch nicht lösen.
(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)
Nun sagen die Minister Gabriel und Dobrindt, dass Sie privates Kapital heranziehen wollen. Die Linke sagt: Das geht in Ordnung. Da gibt es nur einen kleinen Unterschied zwischen uns: Sie wollen bei den Privaten betteln gehen oder mit denen Geschäfte machen. Wir sagen: Lassen Sie uns über Einnahmen reden! Führen wir eine gerechte Besteuerung ein, dann haben wir auch die Möglichkeiten, seitens des Bundes eine vernünftige Infrastruktur zu schaffen.
(Beifall bei der LINKEN)
Der größte Investetat des Bundes und ein Riesendurcheinander in diesem Ministerium – das beweist einmal mehr: Sie können nicht mit Geld umgehen und schon gar nicht mit viel Geld.
(Beifall bei der LINKEN – Lachen bei der CDU/CSU)
Vielen Dank. – Für die SPD-Fraktion erhält jetzt Bettina Hagedorn das Wort.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/3857551 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 52 |
Tagesordnungspunkt | Verkehr und digitale Infrastruktur |