12.09.2014 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 52 / Tagesordnungspunkt 1

Peter TauberCDU/CSU - Schlussrunde Haushaltsgesetz 2015

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Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn man das grundsolide Zahlenwerk des Bundeshaushalts 2015 in den Blick nimmt, dann kann man es machen wie der Kollege Kindler und sich im Klein-Klein verlieren

(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Herr Kollege Tauber! – Ekin Deligöz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war grundsolide, was er vorgetragen hat! – Anja Hajduk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist ja ein bisschen billig!)

oder aber zunächst einmal einen Schritt zurück machen. In der Tat muss man mit großen Worten immer vorsichtig sein; aber wenn man einen Schritt zurück geht und dann auf diesen Haushaltsentwurf schaut, stellt man fest, dass der Begriff „historisch“ angebracht ist.

Ich will Ihnen auch sagen, warum. Ich bin vor kurzem 40 geworden.

(Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Oh!)

Als Kind dieser Republik habe ich nicht erlebt, dass es die im Bundestag verantwortlichen Parteien bzw. die Bundesregierung geschafft haben, einen Haushalt vorzulegen, der auf neue Schulden verzichtet hat. In über 40 Jahren ist das nicht gelungen. Das hat gar nichts mit parteipolitischen Vorwürfen in die eine oder andere Richtung zu tun. Alle tun gut daran, sich an die eigene Nase zu fassen; zu den Kollegen von den Grünen komme ich an entsprechender Stelle noch. Es ist historisch, dass wir es im Jahr 2015 schaffen, denen, die künftig entscheiden, Spielräume zu eröffnen, und denen, die durch ihre Arbeit und ihre Steuern das Gemeinwesen finanzieren, nicht noch zusätzliche Lasten aufzubürden. Erstmals seit 1969 steht die schwarze Null im Bundeshaushalt. Das ist eine große Leistung, die man gemeinsam wertschätzen darf. Auch das hat nichts mit parteipolitischen Bewertungen zu tun.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Ich kann und will aber nicht verhehlen, dass wir als Christdemokraten stolz darauf sind, dass wir mit Wolfgang Schäuble als Bundesfinanzminister und Angela Merkel als Bundeskanzlerin daran einen maßgeblichen Anteil haben. Denn zur Wahrheit gehört, dass es in der Vergangenheit eben nicht gelungen ist, diesen Kurswechsel herbeizuführen. Auch da mag sich der eine oder andere hier im Hause an die eigene Nase fassen.

Auf der Homepage vom Bündnis 90/Die Grünen steht geschrieben – ich darf das zitieren –:

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Ekin Deligöz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Bravo! Lesen Sie weiter! Gutes Papier!)

Ich will Ihnen sagen – und das mag Sie nicht verwundern –, dass ich zu einer völlig anderen Interpretation komme: Dieser Bundeshaushalt ist im besten Sinne des Wortes ein konservativer Haushalt; denn er zeichnet sich durch einen maßgeblichen Wert aus, durch Ausgabendisziplin. Wir haben nämlich in dieser Großen Koalition darauf verzichtet, bei ständig steigenden Steuereinnahmen ständig mehr Geld auszugeben. Das ist für sich genommen nichts Besonderes, aber es ist diesmal gelungen. Anderen, die jetzt laute Reden halten, ist das nicht gelungen, als sie Verantwortung hatten.

(Sabine Weiss [Wesel I] [CDU/CSU]: Richtig!)

Deswegen mahne ich immer ein bisschen zur Zurückhaltung.

Wir können noch einmal zurückblicken: Wie war es, als die Grünen Verantwortung für einen Bundeshaushalt hatten?

(Volker Kauder [CDU/CSU]: Das war sicher schrecklich!)

Das ist Gott sei Dank schon eine Weile her; es war im Jahr 2005. Damals hatten Sie in Regierungsverantwortung einen Bundeshaushalt zu verantworten, der eine Neuverschuldung von sage und schreibe 31,4 Milliarden Euro umfasste.

(Volker Kauder [CDU/CSU]: Wahnsinn!)

Ich darf daran erinnern: 2005 war von der Euro-Krise und der Finanz- und Wirtschaftskrise noch nicht die Rede. Sie haben es einfach so geschafft, diesen Schuldenbatzen noch auf den bereits existierenden Schuldenberg obendrauf zu packen. Wenn man das in 10-Euro- Noten umrechnet – damit das, was Sie damals gemacht haben, einmal visualisiert wird –, dann kommen diese 10-Euro-Noten auf ein Gewicht von 2 260 Tonnen. Wenn man sie aufeinanderstapelt, dann erreicht dieser Stapel von 10-Euro-Noten eine Höhe von 314 Kilometern. Das entspricht dem, was Sie damals ohne einen erkennbaren, nennenswerten Grund im letzten Jahr Ihrer Regierungsverantwortung an neuen Schulden mit auf den Weg gebracht haben. Deswegen wäre ich an Ihrer Stelle ein bisschen leiser, wenn es darum geht, kleinzureden, dass wir auf neue Schulden verzichten.

(Beifall bei der CDU/CSU – Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was sagen Sie zur Investitionsquote? – Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie machen doch andere Schulden – bei der Rentenversicherung, bei der Infrastruktur!)

Andrea Nahles singt hier ganz gerne. Ich verkneife mir das, weil ich ähnlich gut singe wie sie. Sie hätten damals gesungen – das war Ihr Motto –: „Wir versaufen unser Oma ihr klein Häuschen“. – Wir verzichten auf das Singen. Wir machen lieber eine grundsolide Haushaltspolitik.

Wozu führt es, dass wir jetzt auf neue Schulden verzichten? Das zeigt erstens, dass wir in Europa ein verlässlicher Partner sind, ein Land, in dem man investieren kann, weil die öffentliche Hand selbst auf ihre Ausgabenpolitik achtet. Deswegen sind wir in Europa eben auch an der Stelle, wo wir derzeit stehen. Das ist hart erarbeitet worden. Das muss man verteidigen und bewahren, und das führt wiederum dazu, dass andere in unserem Land investieren. Damit kommen wir zum zweiten Signal: Obwohl wir keine neuen Schulden aufnehmen, investieren wir selbst.

(Anja Hajduk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wenig! Das wissen Sie doch auch mittlerweile!)

Auch das gefällt Ihnen vielleicht nicht in jedem Punkt. Die Investitionen in Bildung und Forschung waren noch nie so hoch wie jetzt, und wir schaffen das ohne neue Schulden. Das sind echte Investitionen in die Zukunft.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Die CDU hat bereits 2007 in ihrem Grundsatzprogramm beschlossen, dass wir ein Neuverschuldungsverbot einführen wollen. Keine zwei Jahre später haben wir diese Forderung im Grundgesetz verankert, und sie greift jetzt. Das ist eine echte politische Leistung, und es ist die Grundlage für all das, was wir künftig erreichen wollen. Sie haben recht – an der Stelle sind wir nicht weit auseinander –: Sparen ist kein Selbstzweck. Darauf zu verzichten, neue Schulden zu machen, ist nur dann sinnvoll, wenn man die Spielräume für Investitionen in die Zukunft nutzt, und zwar gerade für Investitionen in Bildung und Forschung, wie wir es aktuell tun. Es ist auch deswegen sinnvoll, weil dadurch Vertrauen in die wirtschaftliche Stabilität und in die Zukunftschancen wächst.

Volker Kauder hat es schon gesagt. Für die Union als tragende Säule dieser Koalition gilt: Um künftig Spielräume zu haben, müssen wir darauf achten, dass es, wie es Manfred Rommel einst formuliert hat, mehr um die Bestellung der Felder als um die Verteilung der Ernte geht. Deswegen investieren wir. Deswegen fragen wir uns, was wir tun müssen, um unsere Infrastruktur auf Dauer zu sichern und aufrechtzuerhalten.

(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie fragen sich, haben aber keine Antworten!)

– Doch, dieser Haushalt ist eine Antwort darauf, Herr Kindler.

(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein, ist er nicht! Gucken Sie sich die Investitionsquote doch mal an! Sie finden sie im Haushalt!)

Deswegen habe ich Ihnen geraten, einen Schritt zurückzugehen und das Ganze in den Blick zu nehmen, statt sich im Klein-Klein zu verlieren.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Dass Ihnen das nicht gefällt, weil wir die Probleme lösen, kann ich verstehen.

(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Gucken Sie sich die Investitionsquote an! Sie sinkt!)

Aber auch dabei gilt für Sie: Der Erfolg der Pädagogik liegt in der Wiederholung. Ich erkläre es Ihnen gerne noch einmal fernab der Rede. Wir können uns nachher gerne noch einmal zusammensetzen.

Es geht also bei diesem Haushalt nicht um blindes Sparen, sondern um verantwortungsvolle Haushaltspolitik und um vorausschauendes Investieren. Ich sage Ihnen auch als Generalsekretär der CDU ganz ehrlich: Natürlich macht mich das ein Stück weit stolz. Dafür, dass wir das alles ohne neue Schulden schaffen, danke ich Wolfgang Schäuble und den anderen Mitgliedern der Bundesregierung, aber auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Ministerien, die mit spitzer Feder dazu beitragen.

Ich bleibe bei dem, was ich eingangs gesagt habe: Dieser Haushalt wird in die Geschichte eingehen. Ich finde es sehr schön, dass die CDU dazu einen Beitrag geleistet hat.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Danke, Herr Kollege. – Nächste Rednerin in der Debatte ist Ekin Deligöz für Bündnis 90/Die Grünen.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/3859651
Wahlperiode 18
Sitzung 52
Tagesordnungspunkt Schlussrunde Haushaltsgesetz 2015
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