24.09.2014 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 53 / Zusatzpunkt 1

Stefan RebmannSPD - Vereinbarte Debatte zur Ebola-Epidemie

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Kawusu Mansaray aus Sierra Leone und sehr geehrter Herr Dr. Sambo, Regionaldirektor der WHO für Afrika, herzlichen Dank, dass Sie unserer Debatte hier beiwohnen

(Beifall)

und Sie uns heute Morgen im Ausschuss und heute Mittag so umfassend informiert haben. Ich kann Ihnen sagen: Das war sehr beeindruckend.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich zitiere auszugsweise aus einem Bericht des Journalisten Johannes Dieterich aus Monrovia vom vergangenen Montag: Ein junger Mann in blauen Jeans und grünem T-Shirt wälzt sich auf dem vom Regen nassen Lehmboden vor dem John-F.-Kennedy-Hospital in Monrovia und stöhnt: „Ich sterbe.“ Seine Mutter flößt ihm aus einer Plastikflasche Wasser in den Mund. Das Eisentor zur größten Klinik des Landes will sich partout nicht öffnen. Mit 68 Patienten ist die für 38 Patienten ausgelegte Ebolastation hoffnungslos überfüllt. „ Just for Killing“ nennen die Bewohner Monrovias ihr mit JFK abgekürztes Krankenhaus sarkastisch.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, offiziell – wir haben es schon gehört – sind über 2 800 Menschen an Ebola gestorben, darunter zahlreiche Helferinnen und Helfer, und haben sich mehr als 5 800 Menschen infiziert. Die tatsächliche Zahl dürfte, wie wir wissen, weit höher liegen. Es wird noch lange dauern, bis wir die Epidemie im Griff haben und bekämpft haben. Die Zahl der Opfer wird weiter steigen. Wie wir vorhin gehört haben, geht die WHO von einem Bedarf an 59 000 Leichensäcken aus.

Den Helferinnen und Helfern, dem Personal, den Medizinern vor Ort von Ärzte ohne Grenzen, von medico international, von Brot für die Welt und von Caritas, die sich wirklich bis zur Erschöpfung um die Menschen kümmern, gilt unser tief empfundener Dank, unser Respekt und unsere Anerkennung.

(Beifall im ganzen Hause)

Die Helfer – das haben wir heute schon ein paarmal gehört – sind leider auch gezwungen, Patienten abzuweisen, weil es an Personal, an Betten, an Equipment, weil es schlichtweg an allem fehlt.

Es handelt sich bei dieser Epidemie um eine soziale, wirtschaftliche und humanitäre Katastrophe. Sie betrifft nicht nur Menschen, die sich angesteckt haben oder sich noch anstecken werden. Ebola bedroht rund 22 Millionen Menschen in der betroffenen Region direkt oder indirekt. Schulen sind geschlossen. Betriebe stehen still. In der Landwirtschaft wird in der Pflanzzeit nicht ausgesät und angepflanzt. Staatliche Strukturen kollabieren. Krankenhäuser werden geschlossen. Der Handel bricht so ein, dass die Menschen kaum noch an Nahrungsmittel kommen. Über 1,3 Millionen Menschen droht Hunger. Die Ausgangssperre, die in Sierra Leone verhängt wurde, und die Abschottung der Länder machen die Lage noch schwieriger.

Helfer kommen nicht mehr ins Land. Hilfsmittel hängen zum Teil seit Wochen an Flughäfen oder Landesgrenzen fest. Deshalb sind unsere Hilfen, die wir zur Verfügung stellen – diese müssen und wollen wir anpassen –, und die Bereitstellung von Transportkapazitäten – bis hin zu einer Luftbrücke –, von Material und Personal so wichtig. Es gibt keine Standardlösung. Das macht die Aufgabe auch so schwierig.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)

Es brennt in Afrika. Wenn wir diesen Brand nicht löschen, wird es bald zu einem Flächenbrand kommen, der auch vor Europa nicht haltmachen wird. Wenn es uns nicht gelingt, diesen Brand zu stoppen, dann ist es nur eine Frage der Zeit, bis es zu Unruhen, Aufständen und zum Wiederaufflammen von bewaffneten Konflikten kommt. Immer mehr Menschen werden flüchten. Es entstehen Wanderungsbewegungen. Wer will es ihnen verdenken? Viren lassen sich nicht von Landesgrenzen aufhalten.

Ich bin froh, dass die Bundesregierung ihre Hilfe für die betroffenen Länder erheblich aufgestockt hat. Frank- Walter Steinmeier und Gerd Müller haben die Hilfen für Westafrika deutlich erhöht. Das ist richtig, und das ist notwendig. Unser Entschließungsantrag unterstreicht das.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Ein robustes Gesundheitssystem ist gerade in den Regionen notwendig, in denen Krankheiten wie Ebola, Malaria, Gelbfieber und andere vernachlässigte Krankheiten besonders verbreitet sind. Gute Entwicklungspolitik hat auch und gerade im Gesundheitsbereich einen präventiven Charakter. Wenn wir ein weiteres Ausbreiten verhindern wollen, dann müssen wir in die Gesundheitssysteme der ärmsten Länder investieren, auch über den Tag hinaus.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Das bedeutet auch: Wir müssen Systeme der soziale Sicherung aufbauen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Gute, nachhaltige Entwicklungspolitik verhindert Krisen, erschwert Epidemien, verhindert bewaffnete Konflikte und Flüchtlingsbewegungen. Sie schafft Gesundheit, Arbeit, Einkommen und Zukunft für die Menschen, und sie schafft Frieden. Wenn das endlich verstanden wird, dann müssen wir uns in Zukunft vielleicht auch nicht mehr anhören: Die Weltgemeinschaft – und damit sind auch alle hier Anwesenden gemeint – hat versagt.

Ich möchte mit einem Zitat aus dem Bericht von Johannes Dieterich schließen:

Hoffen wir, dass unsere Aktivitäten und unsere Hilfe nicht zu spät kommen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Vielen herzlichen Dank, Kollege Rebmann. – Nächster Redner in der Debatte Charles Huber für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/3905935
Wahlperiode 18
Sitzung 53
Tagesordnungspunkt Vereinbarte Debatte zur Ebola-Epidemie
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