25.09.2014 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 54 / Tagesordnungspunkt 3

Antje TillmannCDU/CSU - Europäische Bankenunion

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Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Kollege Sarrazin, Ihren Satz, dass die Bankenunion richtig ist, kann ich sofort unterschreiben.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Anders als Sie sind wir aber der Meinung, dass es auch richtig ist, dass Entscheidungen über das Geld des deutschen Steuerzahlers – und darüber reden wir ja zum Beispiel beim Bankenabwicklungsfonds – im deutschen Parlament getroffen werden. Die Kollegen im Europäischen Parlament sind gut unterwegs; die Zusammenarbeit ist hervorragend. Aber wenn wir über deutsche Steuergelder sprechen, dann sollten wir in diesem Parlament auch Rechenschaft gegenüber den deutschen Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern ablegen. Deshalb glaube ich, dass Sie in diesem Punkt irren.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Die Bankenunion ist ein Teil eines Sicherheitskonzepts, das wir seit 2008 nach und nach einpflocken. Finanzmärkte, Finanzakteure und Finanzinstrumente unterliegen längst einer besseren Aufsicht. Neben den klassischen Instrumenten, wie dem Entzug der Bankzulassung oder der Abberufung von Vorständen, haben wir die Eigenkapitalvorschriften für die Banken verschärft. Wir haben empfindliche Bußgelder bei fehlerhafter Beratung eingeführt, und wir haben, Herr Kollege Troost, durch das Trennbankengesetz immerhin sichergestellt, dass große Banken zwar nicht zwangsverkleinert werden, sie aber ihre riskanten Geschäfte von den weniger riskanten Geschäften abtrennen müssen; darüber werden wir in diesem Gesetzgebungsverfahren noch diskutieren. Natürlich müssen wir auch hier sicherstellen, dass sich Großbanken im Zusammenhang mit diesem Abwicklungsmechanismus sicherer aufstellen, als sie es bisher tun.

Zu diesem Sicherheitssystem gehört auch der Fiskalpakt. Ein Land, das selber eine solide Haushaltsführung hat, kann seine eigenen Banken natürlich sehr viel eher auf solide Füße stellen. Deshalb haben wir mit der Einführung der Schuldenbremse in Europa einen wesentlichen Schritt dazu beigetragen, dass die Finanzmärkte sicherer werden. Ich glaube, keiner von uns hätte damit gerechnet, dass eine Einigung so schnell erreicht werden kann. Wir führen ja parallel die Haushaltsberatungen: Deutschland ist hier Vorreiter. Wir werden unsere Defizite reduzieren, und wir hoffen, dass die europäischen Partner Ähnliches tun; denn auch der Fiskalpakt ist ein Teil der Sicherheit für die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler in Europa.

Neben der Haushaltskonsolidierung haben wir als zweite Sicherheitsschwelle den Europäischen Stabilitätsmechanismus eingeführt. Über den ESM kann jedes europäische Land, das in eine Krise gerät und aus dieser Krise nicht alleine herauskommt, Reformmaßnahmen finanzieren. Das Land muss ein Sanierungsprogramm vorlegen und kann dann für eine Überganszeit Hilfen bekommen. Dass das kein Kinderspiel ist, zeigt sich daran, dass sich viele Länder lange geweigert haben, überhaupt unter den Rettungsschirm zu gehen. Dass dies aber zu einem Erfolg führen kann, zeigen die Länder Irland, Portugal und Spanien, die über diese Hilfen auf einem guten Weg sind, ihre Haushalte zu konsolidieren.

(Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Und was ist mit Griechenland?)

Für den Ernstfall vorbereitet zu sein, kann aber nicht unser primäres Ziel sein. Ziel muss es sein, den Ernstfall zu verhindern. Deswegen haben wir weitreichende Reformen – höhere Eigenkapitalanforderungen, die Regulierung von Ratingagenturen und bisher außerbörslicher Termingeschäfte sowie die Stärkung der Finanzaufsicht – beschlossen. Wir wollen verhindern, dass Banken nur auf kurzfristigen Profit aus sind. Deshalb haben wir die Banker-Boni beschränkt und einen längerfristigen Betrachtungshorizont zugrunde gelegt. Außerdem haben wir strenge Strafen für solche Bankvorstände eingeführt, die ihr Institut bewusst in Schieflage bringen.

Neben der Regulierung der Banken haben wir aber auch die nationalen Aufsichtsbehörden im Blick. Es ist heute schon darauf hingewiesen worden, dass in der Vergangenheit nationale Aufsichten offensichtlich nicht so gut aufgestellt waren, dass sie Risiken rechtzeitig erkannt haben, geschweige denn, dass sie sie hätten verhindern können. Am 4. November dieses Jahres, also übernächsten Monat, beginnt die europäische Bankenaufsicht für die größten europäischen Banken. Auch das ist ein Weg hin zu gemeinsamer europäischer Sicherheit auf den Finanzmärkten.

Die Einlagensicherung haben wir europäisiert. Der Kleinsparer in Europa kann sicher sein, dass er sein Guthaben auch dann wiederbekommt, wenn er es nicht in Deutschland, sondern bei einer europäischen Bank anlegt, und zwar selbst dann, wenn diese Bank in Schwierigkeiten gerät.

Was geschieht heute? Heute vollenden wir diese Sicherheitsmaßnahmen für die Finanzmärkte mit der Bankenunion. Wir verhindern weitgehend, dass der europäische Steuerzahler künftig ein weiteres Mal für bankrotte Banken zahlen muss, weil wir nämlich zunächst die Eigentümer haften lassen. Frau Wagenknecht, Ihre Aussage, dass nach 8 Prozent Eigentümerhaftung der deutsche Steuerzahler zahlt, ist schlicht falsch. Sie haben nämlich die Kreditgeber und den Bankenfonds, der ebenfalls vor dem Steuerzahler zahlen und haften muss, völlig aus den Augen verloren.

(Dr. Sahra Wagenknecht [DIE LINKE]: Ja, wenn er mal irgendwann gefüllt ist!)

Das ist sachlich falsch, das verunsichert die Bürgerinnen und Bürger, das ist unverantwortlich und stimmt einfach nicht.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Ja, im Rahmen der Gesetze, mit deren Beratung wir heute beginnen, ist auch die direkte Bankenrekapitalisierung ein Thema. Aber in der Vergangenheit hätte bis auf einen Fall in allen Fällen der Bankenrettung und Bankenabwicklung das heutige Haftungssystem ausgereicht. Der ESM wäre für eine direkte Bankenrekapitalisierung überhaupt nicht in Anspruch genommen worden. Es hätte ausgereicht, Eigentümer, Kreditgeber und den Bankenfonds zahlen zu lassen. Wir hätten den ESM nicht gebraucht. Trotzdem ist es richtig, dass als letzte Sicherheitsmaßnahme auch der ESM für die direkte Bankenrekapitalisierung zur Verfügung steht, aber natürlich unter den gleichen Voraussetzungen, unter denen der ESM auch Länder finanzieren kann: mit ganz strengen Sanierungsauflagen und mit ganz strengen, nachvollziehbaren Sanierungsprogrammen. Wir sind sehr optimistisch, dass ein solcher Fall überhaupt nicht in Kraft treten wird.

(Dr. Petra Sitte [DIE LINKE]: Sehr schön!)

Wir haben das Gesetzgebungsverfahren ganz bewusst – Herr Kollege Zöllmer, da sind wir uns einig – so gestaltet, dass wir abwarten können, wie sich die Europäische Kommission zur Bankenabgabe aufstellt. Wir beschließen mit diesen Gesetzentwürfen, die im Deutschen Bundestag zu verabschieden sind, dass die Bankenabgabe auf jeden Fall größenorientiert und risikoabhängig sein muss. Damit haben wir einen ersten Pflock eingeschlagen, kleinere, nicht risikoorientierte Banken, zum Beispiel Genossenschaftsbanken und Sparkassen, nicht übermäßig zu belasten. Wir werden im weiteren Gesetzgebungsverfahren abwarten, ob die Kommission ihren Vorschlag im Oktober dieses Jahres konkretisiert. Wir werden dann reagieren und entscheiden, wie weit wir diese Maßnahmen im Deutschen Bundestag unterstützen können. Der Zeitplan sieht das vor, und wir werden in den weiteren Beratungen hierauf reagieren können.

Axel Troost hat darauf hingewiesen – ich glaube, da sind wir uns einig –: Wir müssen uns europäisch aufstellen und die europäische Situation im Auge behalten. – Deshalb kann es nicht bei jedem Einzelpunkt einen Sonderplan für Deutschland geben. Hier stehen wir alle auf einer Seite. Kleine Banken, die nicht risikoorientiert sind, sollen nach Möglichkeit nicht für die Bankenabgabe aufkommen müssen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie des Abg. Manfred Zöllmer [SPD])

Die Bankenunion ist also auf einem guten Weg. Ich hatte bei der Opposition nicht den Eindruck, dass es da große Bedenken gibt.

Dass der Finanzminister keinen Glückwunsch bekommen soll, Herr Sarrazin, ist ihm, glaube ich, egal.

(Manuel Sarrazin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Na dann!)

Gut ist, dass Sie die Bankenunion positiv dargestellt haben. Wir sind damit aber noch nicht am Ende. Wir werden nach der Bankenunion mit dem Einpflocken des Sicherheitssystems bei Schattenbanken weitermachen müssen. Was die Versicherungen angeht, werden wir im Rahmen von Solvency II Maßnahmen einführen, die den Finanzsektor sicherer machen werden. Jede einzelne dieser Maßnahmen bringt mehr Sicherheit auf den Finanzmärkten und einen größeren Schutz der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler. Wir sind auf einem guten Weg, aber natürlich noch nicht fertig. Wir sollten diesen Weg weiter beschreiten. Dazu fordere ich Sie herzlich auf.

Danke.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Nächster Redner ist der Kollege Lothar Binding für die SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/3907389
Wahlperiode 18
Sitzung 54
Tagesordnungspunkt Europäische Bankenunion
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