Norbert BarthleCDU/CSU - Europäische Bankenunion
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, diese heutige Debatte zur europäischen Bankenunion ist eine gute Gelegenheit – das zeigen die Reden der Vorredner –, um uns noch einmal zu vergewissern, wo wir in Europa eigentlich stehen; denn gerade die jüngsten Debatten und auch die Auseinandersetzung zwischen Lothar Binding und Sahra Wagenknecht zeigen doch, dass es immer noch Euro- Skeptiker gibt, die versuchen, mit dieser Euro-Skepsis am linken oder rechten Rand des Parteienspektrums Stimmen zu fischen.
(Dr. Gerhard Schick [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Auch in der Unionsfraktion! – Dr. Sahra Wagenknecht [DIE LINKE]: Gähn!)
Zu beobachten, ob sich beide irgendwo treffen, ist schon ein spannendes Momentum.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Wenn man sich die Situation vor Augen führt, muss man doch feststellen: Deutschland steht gut da. Auch Europa steht deutlich besser da, als es noch vor zwei Jahren von vielen vermutet wurde. Es ist noch nicht so lange her, da wurde uns von ernst zu nehmenden Ökonomen vorhergesagt, dass es keine zwei oder drei Jahre mehr dauern würde, bis der Euro weg sei, zerbröselt und als unsere gemeinsame Währung zu Grabe getragen werden müsse. Wo sind diese klugen Redner heute? Ich bin froh, sie nicht mehr sehen und hören zu müssen.
Unsere Stabilisierungspolitik hat gewirkt, und sie wirkt weiter. Die Hilfsprogramme für Spanien, für Irland und für Portugal laufen ordnungsgemäß aus. Irland zahlt bereits Kredite zurück; auch das ist ein Argument für unsere Politik. Es wurde immer gesagt, diese Kredite seien verlorenes Geld. Sie werden bereits zurückgezahlt. Griechenland und Zypern sind zwar noch unter dem Rettungsschirm, aber in beiden Ländern geht es voran.
Kein Mensch redet mehr von einem dritten Hilfsprogramm für Griechenland. Herr Samaras, der diese Woche bei Angela Merkel zu Besuch war, sagt selbst: Auch in Griechenland will niemand mehr ein drittes Hilfsprogramm. – Frau Wagenknecht, lesen Sie einmal Ihre Reden nach. Dann werden Sie feststellen: Auch Sie haben an dieser Stelle geirrt. Griechenland begibt bereits zehnjährige Anleihen an den Finanzmärkten, die mit weniger als 5 Prozent rentieren. Das heißt, das Vertrauen der Kapitalmärkte in den Euro ist Schritt für Schritt zurückgekehrt.
Das ist ein Erfolg unserer Hilfsprogramme, die wir teilweise wirklich in hohem Tempo, im Schweinsgalopp durch dieses Parlament gejagt haben. Aber aus dieser akuten Hilfe ist nach und nach eine neue Stabilitätsarchitektur in Europa entstanden, deren Pfeiler bereits benannt wurden: Der Fiskalvertrag steht. Der Stabilitäts- und Wachstumspakt wurde ausdifferenziert und durch Sixpack und Twopack verbessert. Der ESM steht im Rahmen von Notprogrammen zur Verfügung. Jetzt regeln wir noch die Bankenunion. Damit haben wir die notwendigen Pfeiler errichtet, um dieses europäische Haus wirklich mit neuem Leben zu erfüllen.
Wir haben eine neue Stabilitätsarchitektur geschaffen, die dabei hilft, dieses Haus, lieber Kollege Ralph Brinkhaus – ich möchte dieses Bild noch einmal aufgreifen –, mit Leben zu erfüllen. Dafür brauchen wir eine neue Stabilitätskultur in Europa. Diese neue Stabilitätskultur neben der Regulierung der Finanzmärkte vermisse ich noch etwas.
Mit dem Reformeifer und dem Reformwillen ist es in einigen Ländern noch nicht ganz so bestellt, wie man sich das wünscht. Ich erinnere mich da immer an die Geschichte von dem Möbelpacker, der seinem Freund erzählt, wie furchtbar anstrengend sein Beruf mit der Möbelschlepperei sei. Als der Freund fragt: „Wie lange machst du das denn schon?“, ist die Antwort: Morgen fange ich an. – Mit den Reformen in Europa scheint das ähnlich zu sein.
(Zuruf von der LINKEN: Toller Witz!)
Um noch einmal darauf zurückzukommen: Diese Stabilitätskultur setzt voraus, dass wir nicht kurzfristige schuldenfinanzierte Impulse setzen, weder aus dem ESM noch sonst wo her; denn es hat sich herausgestellt, dass das der falsche Weg ist. Deshalb bin ich sehr froh, dass der Finanzminister klar und deutlich gesagt hat: Der ESM steht nicht für kurzfristige Wachstumsprogramme zur Verfügung.
(Volker Kauder [CDU/CSU]: Sehr gut!)
Das Geld liegt dort und ist für andere Zwecke vorgesehen, und dort liegt es auch gut und soll dort liegen bleiben.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Nun reden wir über zwei neue Instrumente innerhalb der Bankenunion. Das eine ist das Instrument der Bankenrekapitalisierung, das im Instrumentenkasten des ESM Platz finden soll. Dieses Instrument ist nicht ungefährlich. Darauf haben auch meine Vorredner hingewiesen. Man muss vorsichtig damit umgehen. Es ist gut, dass es als letzte Option bzw. als Backstop gehandhabt wird. Denn wäre es nicht vorhanden, dann entstünde tatsächlich die Situation, dass – Lothar Binding hat darauf hingewiesen – letztendlich der Staat bzw. die Steuerzahler für die Rekapitalisierung einer Bank einstehen müssten. Das ist ein nicht akzeptabler Weg, den wir vermeiden wollen.
Deshalb ist es gut, dass uns dieses Instrument zur Verfügung steht, aber eben nur als letzte Option für den Rückgriff oder sozusagen als letzter im Einzelfall notwendiger Backstop.
Was das zweite Instrument angeht, das wir einführen, muss man die Aussage der Frau Wagenknecht korrigieren. Wir werden das Ganze mit einer umfangreichen Parlamentsbeteiligung ausgestalten. Es wird nichts im Hinterzimmer gemauschelt und an der Öffentlichkeit vorbei gemacht, sondern das wird ganz offen im Deutschen Bundestag ausgehandelt.
(Widerspruch der Abg. Karin Binder [DIE LINKE])
Denn der vorliegende Gesetzentwurf sieht folgende Konstruktion vor: Wenn das Instrument der direkten Bankenrekapitalisierung jemals zum Einsatz kommen sollte, dann müsste das Plenum des Deutschen Bundestages immer vorher zustimmen, und die dafür notwendigen Informationen, um diese Zustimmung zu erreichen, liegen dann allen – auch Ihnen – vor. Das ist auch im Gesetzentwurf unstrittig.
Wir müssen allerdings noch im Detail regeln, wie wir mit streng vertraulichen Daten umgehen. Dafür ist bisher das Sondergremium vorgesehen. Wir werden Wege, Möglichkeiten und Lösungen finden, um auch diesen Weg so auszugestalten, dass er vor den Richtern in Karlsruhe Bestand haben wird. Davon bin ich überzeugt. Das wird das Beratungsverfahren zu diesem Gesetz noch ergeben.
Insofern geschieht nichts hinter verschlossenen Türen, sondern immer in der Verantwortung des Deutschen Bundestages. Damit ist auch an der Stelle gewährleistet, dass die in diesem Bereich weit ausgestalteten parlamentarischen Beteiligungsrechte Bestand haben und auch in der Frage einer direkten Rekapitalisierung von Banken oder einer Bank aus dem ESM angewandt werden können.
Wenn ich das zusammenfasse, dann haben wir mit all den Maßnahmen – den vier Pfeilern, die ich beschrieben habe – etwas erreicht, was die Voraussetzung für neues Vertrauen in Europa und in unsere Währung und damit die Voraussetzung für Wachstum, Beschäftigung und Wohlergehen schafft.
Ich bedanke mich.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt ist der Kollege Radwan für die CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/3909233 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 54 |
Tagesordnungspunkt | Europäische Bankenunion |