Alexander RadwanCDU/CSU - Europäische Bankenunion
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir debattieren heute das Thema Bankenunion, und die Bankenunion ist der logische letzte Schritt auf einem Weg, der mit der Einführung des Euros und der Kreierung des Binnenmarkts 1999 – damals ist es losgegangen, vor der Finanzmarktkrise – begonnen hat. Jetzt folgt die Bankenunion, bei der die europäische Aufsicht ein Kernelement ist.
Die europäische Aufsicht der Europäischen Zentralbank startet am 4. November dieses Jahres. Sie bereitet jetzt mit Stresstests die Daten vor, damit sie bereits am Anfang effektiv arbeiten kann und genau weiß, wo die Risiken sind. In einem europäischen Binnenmarkt mit grenzüberschreitend tätigen Banken und grenzüberschreitendem Handel mit Produkten ist es wichtig, dass wir dies auch auf europäischer Ebene verfolgen können. Darum ist dieser Schritt nicht nur überfällig, sondern auch sehr zu begrüßen.
Wir müssen dann in der Praxis auf europäischer Ebene genau hinschauen. Es gibt den Zielkonflikt zwischen Aufsicht und Geldpolitik, den Minister Schäuble angesprochen hat. Wir müssen im Blick behalten, welche Modelle die Europäische Zentralbank anwendet, und darauf achten, dass mehr auf Qualität als auf Quantität geachtet wird. Wir müssen bei den Vorgaben aus den Thinktanks darauf achten, dass sie nicht zu stark angelsächsisch geprägt sind.
Wir werden im Deutschen Bundestag diesen Prozess entsprechend kritisch begleiten müssen. Ich hoffe, dass die Vertreter der BaFin und der Bundesbank dies genauso tun.
Neben der Aufsicht stellt die bereits mehrfach angesprochene Haftungskaskade eine Neuerung dar. Neu ist ebenfalls der Bail-in. Das heißt, Gläubiger und Eigentümer werden im entsprechenden Fall herangezogen. Wir richten einen Fonds ein, dessen Gesamtvolumen 1 Prozent der gedeckten Einlagen entspricht und sich schließlich auf 55 Milliarden Euro belaufen soll; das ist zu begrüßen. Aber wir werden darauf achten müssen, wer diesen Fonds in welcher Form weiterentwickeln kann und wer dafür die Verantwortung hat.
Im Mittelpunkt unserer Diskussion steht die Bankenabgabe. Die Europäische Kommission wird entsprechende Vorschläge unterbreiten. Ich kann mich nur all denjenigen Rednern anschließen, die gesagt haben, dass sie das IGA nur dann ratifizieren, wenn sie genau wissen, um welche Summen es hier geht, und wenn sichergestellt wird, dass insbesondere diejenigen, die an der Finanzmarktkrise nicht primär schuld sind wie Kleinbanken und Regionalbanken, nicht in Mitleidenschaft gezogen werden. Diese haben schließlich zusätzliche Leistungen bei den Aufsichtsvergütungen zu erbringen. Obwohl sie auf nationaler Ebene beaufsichtigt werden, müssen sie einen Beitrag zur EZB leisten. Die Lasten für kleine Banken kumulieren sich also. Hier müssen wir darauf achten, dass der Rahmen entsprechend der Risiken so gesteckt wird, dass es nicht zu einer Überlastung kommt. Die nun zur Diskussion stehende Grenze in Höhe von 300 Millionen Euro halte ich für zu niedrig.
Es ist positiv, dass die Institutssicherung auf europäischer Ebene zumindest vom Grundsatz her akzeptiert wird. Das war ein harter Kampf; denn es musste zuerst erklärt werden, was Institutssicherung bedeutet. Ich danke Ihnen, Herr Minister Schäuble, dass das entsprechend vorangetrieben wird. Wir sollten unsere Kollegen im Europäischen Parlament, die hier bereits vorstellig werden, unterstützen, indem wir unser Votum im Hinblick auf das weitere Vorgehen genau abstimmen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Bei den nun anstehenden Beratungen werden wir den Spielraum, den uns Europa gibt, kreativ nutzen. Ich gehöre zu denjenigen, die sich nicht zu sehr anleinen lassen möchten. Wir werden intensiv über die nationalen Vorgaben betreffend das Trennbankensystem, die Rolle der BaFin und der Bundesbank sowie die Rechtsformen bei der Abwicklung der Institute debattieren müssen. Dann werden wir beobachten, ob sich das alles in der Praxis bewährt. Den von mir bereits angedeuteten Kampf und die Diskussion um das Drei-Säulen-Modell erleben wir nun bei der EZB in puncto Aufsicht. Das werden wir auch in den nächsten Jahren bei der weiteren Gesetzgebung in Bezug auf die Regulierung erleben; Antje Tillmann hat in diesem Zusammenhang schon einiges angesprochen. Mir ist besonders wichtig, dass wir als Parlament darum kämpfen, unseren parlamentarischen Einfluss im Zusammenhang mit dem Komitologieverfahren auf Level 2, wo BaFin und Bundesbank unsere Vertreter sind, zu behalten. Hier ist das Selbstverständnis des Deutschen Bundestages gefordert.
Der Deutsche Bundestag muss klarmachen, dass es darum geht, europäisches Recht durchzusetzen. Ich bin ein wenig verwundert über die Reden der Oppositionsvertreter in diesem Zusammenhang. Frau Wagenknecht, wir waren gemeinsam fünf Jahre in Brüssel. Wir haben uns zwar nicht so oft gesehen, obwohl wir im gleichen Ausschuss waren. Aber Sie kennen zumindest die Mechanismen auf europäischer Ebene.
(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU – Manuel Sarrazin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wer hat es bezahlt? Der Steuerzahler, Herr Radwan!)
Herr Schick, das, was Sie heute an die Adresse von Herrn Schäuble gesagt haben, kann ich nur so deuten: Entweder haben Sie Frust über die erfolgreiche Politik der Bundesregierung in Brüssel – dann würde ich das noch verstehen –, oder Sie sind der Meinung – weil Herrn Minister Schäuble ständig vorgeworfen wird, er sei auf Griechen und Portugiesen nicht ausreichend eingegangen –, dass es am besten gewesen wäre, wenn wir die Blaupausen von Griechenland und Portugal übernommen hätten.
(Dr. Gerhard Schick [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein, das war ein Vorschlag aus den Niederlanden! Sie stellen das völlig schief dar!)
Aber dann hätten wir die deutsche Position nicht entsprechend zur Geltung gebracht und nicht dafür gesorgt, dass die deutsche Stabilitätspolitik im Währungsbereich und bei der Finanzmarktaufsicht europäisiert wird. Das ist uns nun gelungen, und das werden wir weiterhin umsetzen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Nur dann, wenn Europa und die Mitgliedstaaten zu einer entsprechenden Disziplinierung und Stabilitätspolitik kommen – das ist nicht in Ihrem Sinn; Sie wollen auf europäischer Ebene nicht sparen –, wird es möglich sein, die Europäische Zentralbank in ihrer Verantwortung für die Zinspolitik und die Aufkäufe von Anleihen – das ABS-Programm sehen wir sehr kritisch – zu entlasten. Die Politik muss die Verantwortung übernehmen und darf sie nicht bei der EZB abladen. Das ist ein gutes Werk, um andere Staaten in die Verantwortung zu nehmen. Herzlichen Dank an die Bundesregierung und viel Erfolg bei der Umsetzung!
Besten Dank.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/3909296 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 54 |
Tagesordnungspunkt | Europäische Bankenunion |