Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Kollege Auernhammer hat es schon angesprochen: Wir haben in Artikel 20 a unseres Grundgesetzes – mit Ihrer Erlaubnis, Frau Präsidentin, zitiere ich – festgeschrieben:
Wir haben uns damit als Haus mit einer deutlichen Mehrheit – mit einer Zweidrittelmehrheit – eindeutig verpflichtet. Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich denke schon, dass wir dieser Verpflichtung durch die praktische Gesetzgebung besser nachkommen müssen, als es bisher passiert ist.
Herr Kollege Stier, ich bin aufgrund Ihres Redebeitrags etwas ernüchtert – so will ich es einmal sagen –, weil es jetzt nicht darum geht, dass es ein paar schwarze Schafe gibt, die man irgendwie herausfinden und zur Ordnung rufen muss; bei diesem Thema geht es vielmehr um eine grundsätzlich andere Einstellung.
(Beifall bei der SPD)
Die Einstellung hat sich bei vielen Menschen – gerade auch bei vielen Verbraucherinnen und Verbrauchern in Deutschland – schon sehr verändert. Es geht darum, dass der angesprochene Lebensmitteleinzelhandel und eben auch die Landwirtschaft sowie die Erzeuger im Zusammenwirken mit uns entsprechend reagieren. Deshalb finde ich es so bedauerlich, dass Sie so unsinnige und– ich sage es jetzt wirklich einmal so – quälerische Dinge wie den Schenkelbrand auch heute wieder verteidigt haben.
(Nicole Maisch [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja! – Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist unerträglich! – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Das Schächten ist viel schlimmer!)
Ich will Ihnen sagen: Wir haben jetzt eine andere Koalition als in der letzten Legislaturperiode.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Ich möchte nicht mehr erleben, dass es uns so ergeht wie beim letzten Mal, als Frau Aigner etwas durchaus Brauchbares vorgelegt hat, wovon am Ende praktisch nichts mehr übrig geblieben ist.
Wir sind wirklich fest entschlossen, Minister Christian Schmidt in seinen Überlegungen mit voller Kraft zu unterstützen. Wir haben das im Koalitionsvertrag gemeinsam vereinbart, und es reicht nicht aus, wenn Sie sich jetzt darauf zurückziehen, im Grunde nur das zu tun, was Sie auch in der letzten Legislaturperiode schon nicht tun wollten. Es muss also schon ein bisschen mehr sein. Es geht auch darum, dass wir das alles nicht zwei Jahre lang hinauszögern dürfen. In vielen Bereichen liegen die Erkenntnisse vor und ist die Qual offensichtlich. Es ist unsere Aufgabe – auch nach dem, was uns das Grundgesetz vorgibt –, hier zügig zu handeln.
(Hubertus Zdebel [DIE LINKE]: Dann können wir ja gemeinsam etwas tun!)
Es geht uns darum, den Verbraucherinnen und Verbrauchern die Chance zu geben, ihre Entscheidung auf der Grundlage der besten Information zu treffen. Der Deutsche Tierschutzbund hat gestern eine Kampagne mit dem Titel „Hinter billig steckt mehr als Sie denken“ ins Leben gerufen. Mit dieser Kampagne sollen auch die Verbraucherinnen und Verbraucher darauf aufmerksam gemacht werden, was es bedeutet, wenn man den Wert von Tieren, von Mitgeschöpfen, nicht erkennt – übrigens auch zulasten der Landwirte – und einfach versucht, die Verbraucherinnen und Verbraucher durch immer mehr Dumpingpreise zu locken, wodurch noch mehr Elend in der Tierhaltung hervorgerufen wird.
(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Gitta Connemann [CDU/CSU])
Uns geht es darum, dieses Elend nicht nur zu reduzieren, sondern tatsächlich auch zu beenden. Ich denke, hier geht es um eine Bewusstseinsänderung. Das können wir nicht nur einzelnen Tierschützern überlassen, die mit entsprechenden Kampagnen tätig werden,
(Gitta Connemann [CDU/CSU]: Ja!)
sondern wir sind hier aufgefordert, die notwendigen gesetzgeberischen Maßnahmen zu ergreifen.
(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Gitta Connemann [CDU/CSU])
Ich glaube, die Bereitschaft in der Gesellschaft ist da. Ich sehe auch in der Landwirtschaft immer mehr verantwortungsvolle Menschen, die gerne einen anderen Weg mit uns gehen wollen.
(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Die meisten sind in der CDU!)
Deshalb will ich noch einmal sagen: Wir sollten möglichst schnell vorgehen und nicht bei jeder Maßnahme die vorgesehene Dialogzeit von zwei Jahren ausnutzen. Wir müssen damit anfangen, das, was notwendig ist, Stück für Stück umzusetzen. Darauf freuen wir uns, und ich glaube, wir können hier möglicherweise etwas erreichen, hinter dem wieder, wie damals bei der Aufnahme des Tierschutzes ins Grundgesetz, das ganze Haus steht. Das fände ich ideal; denn es geht um eine sehr ethische Bewertung dieser Themen und nicht nur um Streitereien zwischen den einzelnen Fraktionen.
In diesem Sinne hoffe ich auf eine konstruktive Zusammenarbeit aller Fraktionen, aber vor allen Dingen auch auf eine zügige Umsetzung.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/3909844 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 54 |
Tagesordnungspunkt | Tierschutz |