Mechthild RawertSPD - Rezeptpflicht der "Pille danach"
Liebe Frau Möhring, als Erstes möchte ich natürlich feststellen, dass wir Parlamentarierinnen hier alle keine Freigängerinnen aus dem Koalitionsgefängnis, sondern frei gewählte Abgeordnete sind.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Cornelia Möhring [DIE LINKE]: Das ist schon einmal gut!)
Frauen und Mädchen haben das Recht, selber über ihren Körper und ihr Leben zu bestimmen. Niemand sonst.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Für dieses Menschenrecht hat sich die SPD immer eingesetzt – in Deutschland und weltweit.
Bevor ich zu dem heute vorliegenden Antrag direkt komme, möchte ich uns alle an etwas anderes erinnern: 1994 haben 179 Staaten – darunter Deutschland – auf der UN-Weltbevölkerungskonferenz in Kairo die sexuellen Rechte und die sexuelle Selbstbestimmung der Frauen zu einem Menschenrecht erklärt. Dieses Frauenrecht umfasst – ich zitiere –
(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Emmi Zeulner [CDU/CSU])
Kollegin Rawert, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Vogler?
Ja.
Bitte schön.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Vielen Dank, Frau Kollegin, dass Sie meine Zwischenbemerkung zulassen.
Ich habe mich gerade ein bisschen über den Satz, den Sie gesagt haben, gefreut, Sie seien keine Freigängerin aus dem Koalitionsknast, sondern eine frei gewählte Abgeordnete.
(Dr. Andreas Schockenhoff [CDU/CSU]: Sie hat „Gefängnis“ und nicht „Knast“ gesagt!)
An diese frei gewählte Abgeordnete und alle ihre Kolleginnen und Kollegen möchte ich gerne meinen Appell richten, genau diese Tatsache im Blick zu behalten.
(Dietrich Monstadt [CDU/CSU]: Frage, Frau Präsidentin! – Weitere Zurufe von der CDU/ CSU: Frage!)
– Ich stelle keine Frage. Lesen Sie bitte die Geschäftsordnung. – Ich möchte Sie ermutigen, auch einmal über ein anderes Verhalten als dem reflexartigen Ablehnen unserer Vorlagen nachzudenken, zumal unser Antrag weitestgehend dem entspricht, was der Bundesrat schon mit SPD-Stimmen beschlossen hat.
Ich möchte Sie dazu mit den Worten der Abgeordneten Lisa Gnadl aus der Sitzung des Sozial- und Integrationspolitischen Ausschusses des Hessischen Landtags am 11. September dieses Jahres ermutigen, in der sie gesagt hat – ich zitiere –:
(Karin Maag [CDU/CSU]: Zuhören!)
Diese SPD-Abgeordnete sagte weiter:
(Dr. Andreas Schockenhoff [CDU/CSU]: Das kann man doch im Protokoll auch nachlesen!)
– damit wendet sie sich an Union und Grüne –
Ich glaube, viele Frauen draußen werden es auch nicht verstehen, wenn ihr, liebe Mechthild, diesen Antrag der Linken heute nicht unterstützt
(Zuruf von der CDU/CSU: Redet jetzt die Linke?)
und euch mit uns dafür einsetzt, dass das, was ihr ja mehrfach dokumentiert habt und auch selber wollt, Wirklichkeit wird.
(Beifall bei der LINKEN)
Herzlichen Dank für die Erinnerung, dass mit dieser Diskussion sowohl der Bundestag als auch der Bundesrat befasst sind.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)
Zurück zu Kairo: Dieses Aktionsprogramm von Kairo wurde vor drei Tagen noch einmal beschlossen.
Wir Abgeordnete lassen eine Bundesregierung ja nicht unvorbereitet nach New York fahren.
(Dr. Andreas Schockenhoff [CDU/CSU]: Sehr gut!)
Deswegen haben wir Abgeordnete von CDU, CSU und SPD unter anderem in einem Antrag im Vorfeld dieser Sondertagung gefordert, dass jedem Menschen eine selbstverantwortliche und freie Entscheidung über Zeitpunkt und Anzahl der eigenen Kinder ermöglicht werden muss und dass der Zugang zu anerkannten und modernen Methoden und Leistungen der Familienplanung unabhängig von der Zustimmung von Eltern und Ehepartnern sowie vom Familienstand sicherzustellen ist. Wir haben explizit den freien – ich zitiere –
gefordert.
Und ich fordere für die Frauen in Deutschland das Gleiche, was wir für die Frauen in anderen Ländern auch wollen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und der Abg. Karin Maag [CDU/ CSU])
Es kann nicht sein, dass das, was in 79 Staaten – darunter die meisten europäischen Staaten – längst medizinischer und pharmakologischer Alltag ist, uns hier in Deutschland verwehrt wird.
Noch eines, Frau Zeulner: Aufklärung ja, aber Aufklärung im Vorfeld, Hilfe allerdings beim geplatzten Gummi, und das zügig und mit Rezeptfreiheit.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)
Frau Maag, die Kosten einer Kupferspirale liegen bei mehreren Hundert Euro. Wir werden weiter über dieses Thema debattieren. Wir haben Beratungsbedarf, weil wir selbstverständlich auch den Aspekt der Kosten der einzelnen Verhütungsmittel nicht außer Acht lassen wollen. Das betrifft auch den Vergleich zwischen der Pille danach auf UPA- und der auf LNG-Basis. Unsere Haltung ist, dass wir die Frauen nicht mit Mehrkosten belasten wollen,
(Karin Maag [CDU/CSU]: Ja, genau! Deswegen muss es rezeptpflichtig bleiben!)
wenn es schon ein Rezept gibt, das millionenfach sicherstellt, dass eine ungewollte Schwangerschaft verhindert wird.
(Karin Maag [CDU/CSU]: Da sind wir uns ja wunderbar einig!)
Wir werden nach der europarechtlichen Entscheidung zur Pille auf UPA-Basis ernsthaft über diese Interessenverquickungen reden. Wir werden auch die Unterscheidung zwischen der Pille danach auf LNG-Basis und der auf UPA-Basis diskutieren. Wir werden somit also auch über die freien Zugänge und die Rechte der Frauen diskutieren.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/3910440 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 54 |
Tagesordnungspunkt | Rezeptpflicht der "Pille danach" |