25.09.2014 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 54 / Tagesordnungspunkt 11

Richard PitterleDIE LINKE - Steuergestaltung multinationaler Unternehmen

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wirtschaftsminister Gabriel bezeichnete die Steuervermeidungsstrategien der Konzerne von A wie Amazon oder Apple bis Z wie Zara – diese Liste ist längst nicht vollständig – kürzlich als „asozial“. Dazu kann ich nur sagen: Gut gebrüllt, Löwe! Nicht nur jede Arbeitnehmerin und jeder Arbeitnehmer, auch jeder Handwerker und jeder Inhaber eines mittelständischen Betriebs, also alle, die brav ihre Steuern zahlen, bekommen zu Recht einen dicken Hals, wenn sie sehen, wie international tätige Unternehmen jedes, aber auch wirklich jedes Schlupfloch nutzen, um ihre Steuerzahlungen zu minimieren.

(Lothar Binding [Heidelberg] [SPD]: Zu Recht!)

Das ist in der Tat ein Skandal.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Aber eines sollte klar sein: Die bekannten Konzerne nutzen nur die Schlupflöcher, die ihnen die Politik, insbesondere die Regierung, aber auch wir als Parlament, gelassen haben. Das Problem ist schon seit vielen Jahren bekannt. Bislang können die international tätigen Unternehmen ihre Gewinne intern fröhlich von Land zu Land verschieben. Aus den Konzernbilanzen geht nämlich nicht genau hervor, welche Umsätze in welchem Land erzielt werden.

Es ist an der Regierung, endlich zu handeln und diese Löcher zu stopfen.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)

Dazu gehört in erster Linie, mehr Licht in den Dschungel der Rechnungslegung zu bringen. Die Bilanzen eines international tätigen Konzerns müssen künftig nach Ländern gelistet werden. Diese Listen müssen die Gewinne und die in den Ländern gezahlten Steuern enthalten. Nur so können wir uns überhaupt einen Überblick über die Leistungsfähigkeit, den wichtigsten Anknüpfungspunkt für eine gerechte Besteuerung, verschaffen.

Der Antrag von Bündnis 90/Die Grünen geht daher in die richtige Richtung. Die Linke unterstützt das Anliegen des Antrags ausdrücklich. Dort, wo die Wertschöpfung der großen Unternehmen stattfindet, müssen sie auch Steuern zahlen.

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Mehr Offenlegungspflichten sind zwar ein wichtiger Schritt, aber eben nur ein Schritt zur Bekämpfung der Gewinnverschleierung.

Interessant ist das Verhalten der Großen Koalition in dieser Sache. In der letzten Legislaturperiode hat die SPD noch gemeinsam mit den Grünen die Einführung des Country-by-Country-Reportings, also die Offenlegung, gefordert. Nun steht das sogar im Koalitionsvertrag, den die SPD mit der Union geschlossen hat. Ob die Union hier mitspielen wird, wage ich allerdings zu bezweifeln.

Lieber Herr Kollege Binding von der SPD,

(Lothar Binding [Heidelberg] [SPD]: Ja?)

Sie erklärten damals, die Ideen dieses Antrags zur Verhinderung von Steuervermeidung seien mutig und konsequent.

(Lothar Binding [Heidelberg] [SPD]: Ja!)

Lassen Sie, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen von der SPD-Fraktion, diesen Worten doch auch Taten folgen, und setzen Sie diesen Antrag gemeinsam mit Grünen und Linken zur Not auch gegen die Union durch.

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nun zur Union. Ausgerechnet die CDU/CSU hat bei dieser Debatte damals im Finanzausschuss – heute ist etwas Ähnliches bei dem Hinweis auf den Pranger angeklungen – den Datenschutz vorgeschoben. Ich bitte Sie, das ist doch paradox: Dass die alltägliche Kommunikation der Bevölkerung durch ausländische Geheimdienste überwacht wird, ist aus Sicht der Union nicht weiter tragisch, aber wenn Konzerne ihre Daten offenlegen sollen, erfolgt der große Aufschrei. Ein Schelm, wer hier an Interessenpolitik denkt.

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Manfred Zöllmer [SPD]: Das ist aber arg holzschnittartig!)

Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen von der Unionsfraktion, kommen Sie mir bitte nicht mit dem Steuergeheimnis. Das gilt bekanntlich nur im Verhältnis zwischen den Steuerpflichtigen und der Finanzverwaltung. Im Antrag wird aber nicht verlangt, dass die Finanzverwaltung die Zahlen herausgibt. Die Offenlegungspflicht liegt bei den transnationalen Konzernen. Das ist durch das öffentliche Interesse an der Steuergerechtigkeit auch allemal gerechtfertigt.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Als nächste Rednerin hat die Kollegin Cansel Kiziltepe das Wort.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/3910686
Wahlperiode 18
Sitzung 54
Tagesordnungspunkt Steuergestaltung multinationaler Unternehmen
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