26.09.2014 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 55 / Tagesordnungspunkt 19

Silke LaunertCDU/CSU - Elterngeld Plus und flexiblere Elternzeit

Lade Interface ...
Anmelden oder Account anlegen






Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Eine unserer größten Aufgaben in den nächsten zehn Jahren wird es sein, unser Hauptproblem zu lösen, nämlich das Problem des demografischen Wandels.

Wieso ist es so, dass in Frankreich eine Mutter im Durchschnitt mehr als zwei Kinder bekommt, in Deutschland eine Mutter aber weniger als 1,4 Kinder? Ohne die Lösung dieses Problems werden wir nicht vorankommen.

Ein Land, eine Gesellschaft braucht drei Dinge: inneren und äußeren Frieden – dafür kämpfen wir an vielen Fronten in Europa und in der ganzen Welt –, eine funktionierende Wirtschaft – sonst hat niemand Geld, und niemand kann in dem Wohlstand leben, den wir jetzt haben – und Menschen, Kinder. Inzwischen sind das aufgrund unserer globalisierten Welt gut ausgebildete Kinder. Also müssen wir an dieser Stelle ansetzen.

Dabei müssen wir alle ins Boot holen – das wurde mehrfach angesprochen –, insbesondere auch die Wirtschaft. Es kann nicht sein, dass das dritte Ziel vernachlässigt wird, weil uns das zweite immer wichtiger ist.

Wir haben jetzt einen Gesetzentwurf – ich begrüße es sehr, dass er eingebracht wurde –, der zugegebenermaßen nur ein kleiner Schritt ist und der zugegebenermaßen mittelbar auch wieder Geld kostet, vor allem dann, wenn man ihn noch etwas besser machen würde. Das würde den Haushalt sprengen. Aber es ist ein Signal, und ein Signal kann Einfluss haben.

Der Unterschied zu Frankreich ist nicht nur die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf, wie sie faktisch gelebt wird, sondern der Unterschied besteht auch in der Werteeinstellung. Es ist nach wie vor in einigen Gebieten unseres Landes so, dass sich eine Frau rechtfertigen muss, wenn sie nach der Geburt des Kindes wieder anfängt, voll zu arbeiten. Meine Kinder waren drei und vier Jahre alt, als ich in den Bundestag gegangen bin. Ich musste bei jedem Interview erklären, wie ich das denn mit den Kindern mache. Das ist wirklich so gewesen. Ich glaube nicht, dass man diese Frage einem Mann stellen würde.

(Beifall bei Abgeordneten im ganzen Haus)

Deshalb kann man mit kleinen Gesetzen, auch wenn sie nur ein Signal sind, die Einstellung der Menschen im Land ändern, und deshalb sind sie wichtig.

Wir haben drei Aspekte: die Einführung des Elterngeld Plus, die Einführung des Partnerschaftsbonus und die Flexibilisierung der Elternzeit.

Zunächst zur Flexibilisierung der Elternzeit. Das wurde bereits gesagt. Die Möglichkeit, bis zu 24 Monate zu übertragen bis zum achten Geburtstag des Kindes, begrüße ich sehr, gerade weil es noch einfacher ist, wenn man auf eine Kita, einen Kindergarten zurückgreifen kann, zwei Drittel zu arbeiten.

Die richtige Herausforderung stellt sich aber erst dann, wenn das Kind eingeschult wird, wenn das Kind um 11 Uhr oder halb zwölf nach Hause kommt. Da haben wir noch Baustellen, an denen wir arbeiten müssen. Ich sage Ihnen: Das sind die Probleme, die ich habe und die meine Freundinnen haben. Deshalb ist die Übertragung so wichtig.

Leider, leider trennen sich immer mehr Eltern. Das geht an den Kindern nicht spurlos vorüber, sondern sie leiden. Genau in dieser Phase braucht das Kind Zeit und Aufmerksamkeit. Es muss das Gefühl haben, dass jemand da ist, und nicht das Gefühl, dass die Mama jetzt von halbtags auf ganztags aufstockt und keine Zeit mehr für ihr Kind hat. Umso wichtiger ist es, hier Flexibilität zu haben.

Zu dem anderen Aspekt, dem Elterngeld Plus. Man muss sehen: Natürlich fördern wir ganz gezielt die Erwerbstätigkeit von Frauen in einem sehr frühen Stadium. Wir fördern, dass eine Frau früh wieder arbeiten geht, also nach der Geburt eines Kindes nicht ein Jahr zu Hause bleibt, sondern teilschichtig arbeitet, sodass sie die Anzahl ihrer Elternmonate verdoppeln kann.

Natürlich stimmt der Vorwurf: Ist das nicht eine gewisse Vorgabe? Fördert man damit nicht ein bestimmtes Lebensmodell? Theoretisch, in den Köpfen, stimmt das, rechnerisch nicht: Vorher war es nämlich so, dass die Frauen, die frühzeitig wieder angefangen haben, zu arbeiten, weniger Geld bekommen haben. Insofern stellen wir finanziell eher eine Gleichberechtigung her.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Fritz Felgentreu [SPD])

Die gezielte Förderung eines bestimmten Familienmodells betreiben wir zugegebenermaßen beim Partnerschaftsbonus. Dies ist ein Lockmittel, das bewirken soll, dass beide Eltern gemeinsam zurückstecken zugunsten der Kinder. Auch wenn die Dauer von vier Monaten, in denen beide Eltern Elternzeit nehmen und gleichzeitig Teilzeit arbeiten, vielleicht zu wenig ist, um unser Ziel wirklich dauerhaft zu erreichen, ist es ein entscheidendes Signal: zum einen für die Väter – es gibt ihnen sehr viel, wenn sie auch einmal mehr Zeit zu Hause verbringen –, aber auch für die Mütter, nämlich dass jeder seinen Beitrag leistet und dass niemand allein für alles verantwortlich ist. Sie haben mir, Frau Dr. Reimann, aus dem Herzen gesprochen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Wenn 60 Prozent der Eltern wünschen, dass man das partnerschaftlich regelt, aber faktisch nur 14 Prozent das leben, dann muss man irgendwie Druck machen. Das, was wir vorhaben, ist zumindest ein Anfang, auch wenn es, wie ich zugebe, allein natürlich nicht ausreichend sein wird.

Hier betreiben wir die gezielte Förderung eines Lebensmodells, nämlich dass beide Partner zurückstecken und beide Partner sich beteiligen. Man kann mich jetzt fragen: Wieso verachtest du unser konservatives Familienmodell? Wieso wollt ihr das nicht haben? – Das stimmt doch nicht. Wir verachten es nicht. Es ist auch nicht so, dass wir es nicht haben wollen. Wir fördern es mit einem viel höheren Betrag: mit dem Ehegattensplitting. Wir tun das, weil wir beides haben wollen.

Sosehr ich es unterstütze, wenn Frauen früh wieder arbeiten, sosehr muss ich es ablehnen, wenn man immer wieder darüber herzieht. Man muss auch sagen: Gerade in den Familien, wo einer beruflich mehr zurücksteckt als der andere und zu Hause bleibt, werden oft mehr Kinder geboren. Ganz ehrlich: Drei Kinder haben, Karriere machen und auch noch ehrenamtlich engagiert sein, das führt definitiv in den Burn-out.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Im Wesentlichen sind wir uns alle einig: Lassen Sie uns diesen kleinen ersten Schritt angehen. Wir sollten uns nicht zerstreiten. Nachdem hier von der Vielfalt geredet worden ist, sage ich auch: Akzeptieren Sie, die Opposition, bitte auch die Vielfalt der Lebensmodelle anderer Menschen.

(Jörn Wunderlich [DIE LINKE]: Das machen wir doch auch! Wir wollen niemanden zur Arbeit zwingen!)

Es gibt wirklich Frauen, die gerne jahrelang zu Hause sind – ja, es gibt sie – und denen das wirklich wichtig ist.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Als nächstem Redner erteile ich das Wort dem Abgeordneten Dr. Fritz Felgentreu, SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/3911994
Wahlperiode 18
Sitzung 55
Tagesordnungspunkt Elterngeld Plus und flexiblere Elternzeit
00:00
00:00
00:00
00:00
Keine