Bettina HornhuesCDU/CSU - Elterngeld Plus und flexiblere Elternzeit
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Unser Rollenbild der Familie befindet sich im Wandel. Diese Erkenntnis ist nicht neu, sollte uns aber bei der Gesetzesberatung immer begleiten. Familienpolitische Maßnahmen und Modelle, die uns noch vor fünf oder zehn Jahren als innovativ und fortschrittlich erschienen, entsprechen heute nicht zwangsläufig mehr den Wünschen und Lebensplanungen der jungen Eltern. Unsere Aufgabe ist es also, die notwendigen politischen Rahmenbedingungen zu schaffen, die nah an der Realität sind.
Was ist unsere Ausgangslage? Die traditionelle Rollenverteilung innerhalb der Familie verliert immer mehr an Bedeutung. Junge Eltern streben heute nach einer partnerschaftlichen Aufteilung von Familien- und Erwerbsarbeit. Auf der einen Seite haben wir die jungen Väter. Für sie ist es heute selbstverständlich, dass Frauen arbeiten und ihr eigenes Geld verdienen, und zugleich möchten sie ihre Partnerin auf ihrem beruflichen Weg unterstützen. Tatsächlich möchten sich diese Väter heute auch stärker in die Familie einbringen und mehr Zeit mit ihren Kindern zusammen sein. Laut einer aktuellen Studie hat aber jeder zweite Vater das Gefühl, zu wenig Zeit für seine Kinder zu haben.
Auf der anderen Seite haben wir die jungen Mütter. Treten wir hier in die Diskussion um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ein, zeigt sich bei vielen jungen Müttern eine Unzufriedenheit mit den vorhandenen Familien- und Arbeitszeitmodellen, nämlich zwischen dem gewünschten Modell der Arbeitszeit von circa 30 Stunden pro Woche und dem flexiblen Aufteilen von Hausarbeit und Kinderbetreuung mit dem Partner und dem Familienmodell, das tatsächlich gelebt wird. Hier klafft eine große Lücke, und diese Lücke gilt es zu schließen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall der Abg. Daniela Kolbe [SPD])
Tatsächlich ist Familienarbeit in Deutschland zwischen den Eltern immer noch höchst ungleich verteilt. Weit verbreitet ist nach wie vor das Modell des Vollzeit erwerbstätigen Vaters und der hinzuverdienenden Mutter. Geht also der Vater Vollzeit arbeiten, bleibt für ihn wenig Zeit mit der Familie und für viele Aufgaben, die die Mutter ohne die Unterstützung des Partners zu stemmen hat. Dieses Bild aus der Praxis zeigt, wie sehr der Wunsch nach der partnerschaftlichen Aufteilung der Aufgaben in Familie und Beruf mit der Realität kollidiert. So wünschen sich 60 Prozent der Eltern eine partnerschaftliche Teilung der Aufgaben, aber nur in jeder siebten Familie gelingt dieses auch.
Mit der Einführung des Elterngeldes Plus mit dem Partnerschaftsbonus wird dem Elternwunsch nach mehr Partnerschaftlichkeit auch durch das Setzen eines politischen Rahmens Rechnung getragen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Politische Rahmenbedingungen sind das eine, aber wir müssen auch die Arbeitgeber von den kleinen Betrieben bis hin zu den großen Unternehmen einschließlich des öffentlichen Dienstes mit ins Boot holen. Meiner persönlichen Überzeugung nach steht und fällt mit diesen Beteiligten das ganze Bemühen, den gesetzten Rahmen mit Inhalt und damit mit Leben zu füllen. Stichworte wie der demografische Wandel oder der drohende Fachkräftemangel sind für die Arbeitgeber nicht neu, aber starke Argumente für eine bessere Vereinbarkeit und ein Angebot an flexibleren Arbeitszeitmodellen, um auch das weibliche, immer besser werdende und hochqualifizierte Arbeitskräftepotenzial voll auszuschöpfen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Dies bringt nicht nur Vorteile für unsere Volkswirtschaft mit sich, sondern – noch wichtiger – stärkt das Selbstwertgefühl der Frauen.
Mütter kehren nach der Geburt eines Kindes überwiegend nach 19 Monaten in das Arbeitsleben zurück, einige noch später. Aber über die Hälfte von ihnen würde gerne früher wieder arbeiten. Diesen Wunsch wollen wir politisch besser unterstützen. Das bietet nicht nur Entscheidungsfreiheit und volle Flexibilität für die Familie, sondern auch Gewinne für die Wirtschaft. Diese Vorteile für die Wirtschaft und Arbeitgeber müssen wir weiter herausstellen und für erfolgreiche Wiedereinstiegsstrategien werben.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Arbeitgeber profitieren von motivierten Arbeitskräften, ihrem Wissen und geringeren Einarbeitungskosten. Die Beschäftigten wiederum profitieren davon, dass ihnen die Chance auf Karriere und Teilhabe an allgemeinen Einkommensentwicklungen nicht verwehrt bleibt. Betriebliche Unterstützungsmaßnahmen für den Wiedereinstieg sind daher ebenso wichtig wie die politischen Rahmenbedingungen.
Viele Unternehmen zeigen bereits jetzt, dass dies funktionieren kann. Erst kürzlich habe ich in einem benachbarten Wahlkreis zusammen mit Kollegen ein Unternehmen besucht, welches in nur fünf Monaten einen Betriebskindergarten für die Mitarbeiter eingerichtet hat und somit flexible Arbeitszeitmodelle unterstützt. Nur fünf Monate von der Idee bis zur Inbetriebnahme! Ich war beeindruckt von diesem Engagement und dem Zusammenspiel von Wirtschaft und Kommune.
Wenden wir uns nun wieder den Vätern zu. Durch das neue Elterngeld Plus soll den Vätern noch mehr Zeit mit ihren Kindern ermöglicht werden, wenn denn die Unternehmen mitspielen. Es gibt Unternehmen, die mit vorbildlichem Beispiel vorangehen und beispielsweise Familienzeiten als Karrierepunkt anrechnen oder mit Maßnahmen wie familienfreundlichen Zeiten für Besprechungen oder dem Arbeiten von zu Hause aus den Mitarbeitern entgegenkommen.
Leider müssen in vielen Unternehmen die Männer noch regelrecht darum kämpfen, ihr Recht auf Elternzeit umsetzen zu können. Ich meine daher: Arbeitnehmer dürfen keine Bittsteller bei ihren Arbeitgebern sein, wenn sie ihre Elternzeit aktiv nutzen wollen. Ich sehe es demzufolge als unsere Aufgabe an, in den zahlreichen Gesprächen, die wir als Abgeordnete mit den Unternehmen im Wahlkreis führen, für mehr Verständnis zu werben, damit wir den jungen Vätern und Müttern mehr Zeit mit ihren Familien ermöglichen können, ohne dass sie Nachteile im Arbeitsleben in Kauf nehmen müssen. Das ist nicht nur eine politische oder wirtschaftliche, sondern eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe.
Wenn ich für eine verbesserte Vereinbarkeit von Familie und Beruf werbe, dann habe ich zudem einen ganz besonderen Arbeitgeber im Sinn: die Bundeswehr, von der wir als Parlament immer öfter immer neue und weitere Aufgaben abfordern. Mir ist natürlich bewusst, dass manche familienpolitischen Maßnahmen, eben auch das neue Elterngeld Plus, nicht alle Berufsgruppen in gleichem Umfang profitieren lassen. Nicht nur als Berichterstatterin der Vereinbarkeit von Familie und Dienst in der Bundeswehr, sondern auch aus eigener Erfahrung weiß ich, dass die Vereinbarkeit von Familie und Beruf Soldatenfamilien vor besondere Herausforderungen stellt.
Nehmen wir als Beispiel einmal die Eltern, die während des Elterngeldbezuges Teilzeit arbeiten wollen. Das neue Elterngeld Plus schafft hierfür Regelungen. Allerdings wird es für viele Soldatinnen und Soldaten nicht immer möglich sein, von diesen Neuerungen zu profitieren, da es in ihrer aktuellen Verwendung während einer Übung oder im Auslandseinsatz gar nicht möglich ist, Arbeitszeit zu reduzieren oder flexibel nach persönlichen Wünschen anzupassen.
Nach wie vor gibt es bislang nur wenige Möglichkeiten, bei der Bundeswehr seinen Dienst in Teilzeit zu leisten. Hier brauchen wir nicht nur kreative Ideen, sondern – wie auch in den Unternehmen – ein stärkeres Umdenken bei den militärischen und zivilen Führungskräften der Bundeswehr, damit dies noch mehr Soldatinnen und Soldaten ermöglicht werden kann. Ich begrüße daher den Vorstoß von Frau von der Leyen, mehr Möglichkeiten für Teilzeitarbeit bei der Bundeswehr schaffen zu wollen, um auch Soldatinnen und Soldaten von familienpolitischen Maßnahmen voll profitieren zu lassen.
Ich möchte festhalten: Das Elterngeld ist zu einem Erfolgsmodell geworden. Ich gehe davon aus und bin fest davon überzeugt, dass das Elterngeld Plus es auch wird. In einer Sache sind wir uns wohl parteiübergreifend alle einig: Zeit mit unseren Kindern ist wertvoll und kommt nicht zurück.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Als letztem Redner in dieser Debatte erteile ich dem Abgeordneten Eckhard Pols, CDU/CSU-Fraktion, das Wort.
(Beifall bei der CDU/CSU – Paul Lehrieder [CDU/CSU]: Guter Mann!)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/3912029 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 55 |
Tagesordnungspunkt | Elterngeld Plus und flexiblere Elternzeit |