Bettina HagedornSPD - Ausbau der Kindertagesbetreuung
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Es war jetzt nicht wirklich eine Überraschung, dass Sie, die Linke, dabei nicht mitmachen. Es ist allerdings jetzt die Frage zu stellen: Was machen Sie eigentlich überhaupt mit?
Ich denke, es ist wichtig, noch einmal zu sagen: Wir reden hier weder über Sahnehäubchen noch über Placebos; wir reden hier über richtig viel Geld. Dies ist ein guter Tag für die Kommunen. Es ist ein guter Tag für die Familien, für die Kinder und für die frühkindliche Bildung.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)
Wir, die Große Koalition, brauchen von Ihnen keine Nachhilfe, wenn es darum geht, zu betonen, welch wichtige Rolle die Kommunen in unserem Land spielen. Wenn Sie sich vielleicht einmal mit etwas mehr als einem Halbsatz in unserem Koalitionsvertrag beschäftigen würden – ich empfehle Ihnen, Seite 97 zu lesen; ich will das nicht vortragen, um meine Redezeit zu schonen –, würden Sie wie jeder, der den Koalitionsvertrag gelesen hat, sehen, dass wir in der Tat gemeinsam die kommunale Entlastung in den Mittelpunkt stellen. Das ist kein Selbstzweck. Es geht jetzt auch nicht darum, eine neue Balance zwischen Bund, Ländern und Kommunen herzustellen. Mein Kollege Eckhardt Rehberg hat zu Recht darauf hingewiesen. Manchmal bildet ja auch Lesen. Und die Zahlen zu den Steuereinnahmen von Bund, Ländern und Kommunen, die Herr Rehberg hier vorgetragen hat, sind natürlich richtig.
Wir haben das nun in der Großen Koalition gemeinsam beschlossen, weil wir wissen, dass die wichtigste Ressource in unserem Land, in die wir investieren müssen, die Köpfe unserer Kinder, der jungen Menschen sind. Indem wir das ermöglichen, leisten wir einen wichtigen Beitrag zur Zukunftsfähigkeit unseres Landes. Bildung findet nämlich nach unserem Verständnis eben nicht nur an Universitäten und in Schulen statt, sondern Bildung fängt schon in der Krippe und der Kita an.
(Beifall der Abg. Ingrid Arndt-Brauer [SPD])
– Ja, da können Sie alle gleich gerne klatschen.
Darum, weil wir eben die Kommunen in die Lage versetzen wollen, deutlich mehr Geld in die Hand zu nehmen, setzen wir bei der kommunalen Entlastung ein solches Schwergewicht. Es geht nicht nur um zusätzliche Krippen- und Kitaplätze; diese sind natürlich auch wichtig; wir stimmen überein, dass das erst einmal der wichtigste Schritt ist, gerade auch aus der Sicht der Eltern. Aber selbstverständlich steht es den Ländern frei, mit der finanziellen Besserstellung, die wir nicht nur verabredet, sondern teilweise auch schon umgesetzt haben, auf ihrer Ebene an den Qualitätsstandards zu schrauben. Da haben sie meine volle Unterstützung; aber das fällt in die Verantwortung der Länder. Ich hoffe auch, dass sie da noch mehr tun.
(Beifall bei der SPD)
Wir können also die heutige Debatte unter die Überschrift stellen: Versprochen – Gehalten.
Manuela Schwesig, unsere Familienministerin, hat hier schon zu Recht sehr umfangreich und richtig ausgeführt, warum zusätzliche Plätze im Bereich Krippe und Kita dringend nötig sind und wir diesem Bereich ein so großes Gewicht beimessen. Aber ich denke, es ist auch wichtig, einmal darauf zu verweisen, was dieses Parlament in den letzten zehn Jahren gemacht hat.
Das Ganze begann 2004 unter der rot-grünen Regierung. Da haben wir mit einer Entlastung der Kommunen um 2,5 Milliarden Euro den ersten Schritt getan. Damals hatten wir in Deutschland übrigens noch einen Krippenbestand von 60 000 Plätzen. Die meisten davon waren übrigens in den ostdeutschen Ländern. Im Westen war die Quote so niedrig, dass man sie nicht einmal mit der Lupe finden konnte. Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist zehn Jahre her.
Inzwischen sind es knapp 800 000 Plätze. Jetzt werden 30 000 weitere hinzukommen. Ich muss einmal sagen: Das ist ein Kraftakt gewesen. Denn vergessen wir doch eines nicht: Wir haben in den letzten Jahrzehnten in Deutschland, verglichen mit dem europäischen Ausland – zum Beispiel mit den skandinavischen Ländern, aber auch mit Frankreich –, einfach eine völlig andere Weichenstellung gehabt – leider. Aber besser, man lernt spät als nie. Wir Abgeordnete, und zwar über Fraktionsgrenzen hinweg, haben nicht nur gelernt, sondern wir haben das Gelernte auch konsequent umgesetzt. Denn diesem ersten Gesetz von 2004 mit der ersten Aufstockung auf round about, wenn ich mich recht erinnere, 300 000 Plätze folgte in der letzten Großen Koalition das nächste Gesetz. Dazu haben wir 4 Milliarden Euro in die Hand genommen. 2,15 Milliarden Euro haben wir wiederum in Gebäude investiert, um mehr Plätze zur Verfügung stellen zu können. 1,85 Milliarden Euro haben wir schon damals verlässlich über Umsatzsteuerpunkte an die Länder umverteilt, damit diese es an die Kommunen weiterleiten können. Das war als wichtiger Beitrag zu den Betriebskosten geplant. Denn jeder von uns weiß, dass eine Krippe einen ambitionierteren Betreuungsschlüssel braucht als eine Kita; die Kleinsten brauchen einfach mehr Betreuung. Auf diese Weise haben wir als Bund sehr wohl unseren Beitrag geleistet.
(Beifall bei der SPD)
Dieser Weg ist auch in 2013 und 2014 kontinuierlich weiterverfolgt worden, in der letzten Legislaturperiode auch gemeinsam mit dem Bundesrat. Ich gebe zu: Wir Sozialdemokraten haben uns im Bundesrat diesbezüglich sehr engagiert und haben die Umsetzung auch erreicht. Damals wurden die nächsten 30 000 Plätze beschlossen, und zwar wieder mit einer umfangreichen Ausstattung des investiven Bereichs; 560 Millionen Euro waren es, glaube ich.
Zusätzlich hat der Bund an die Länder aber immer auch einen verlässlichen Beitrag zu den Betriebskosten geleistet. Das heißt, Schritt für Schritt haben wir uns in zehn Jahren von 60 000 Krippenplätzen auf fast 800 000 hochgearbeitet. Jetzt machen wir den nächsten Schritt.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Und egal was Sie sagen, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Linken und den Grünen: Das ist ein Beitrag, auf den wir stolz sein können. Es geht hier vor allen Dingen um Kontinuität.
(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das wird doch jetzt abgewickelt!)
Wir wollen heute sowohl den Kommunen als auch den Familien mit Kindern das Signal geben, dass sie sich auf diese Regierung verlassen können
(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Leider nicht!)
und wir den Weg weiter so fortsetzen werden, wie wir ihn begonnen haben.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, wenn ich gleich, wie meine Kollegen Eckhardt Rehberg und Sven Kindler, der Debatte nicht weiter folgen kann, dann ist das kein Ausdruck von Unhöflichkeit, sondern wir drei sind bei Herrn Dobrindt zum Berichterstattergespräch Verkehr.
(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist nicht unbedingt Spaß!)
Insofern müssen Sie gleich auf uns verzichten.
Am Ende der Debatte sei mir aber noch gestattet, an etwas zu erinnern. Es ist schon auf andere wichtige Beiträge hingewiesen worden, wie wir die Kommunen entlasten. Die Grundsicherung ist hier zu Recht genannt worden: 2014 gibt es gegenüber 2013 eine zusätzliche Entlastung von 1,6 Milliarden Euro. Der Bundesbeitrag zur Grundsicherung lag im letzten Jahr noch bei 75 Prozent und liegt jetzt bei 100 Prozent. Ich will also, weil das früher mein Haushalt war, daran erinnern, dass der Bund 2011 – das ist nicht wirklich lange her – noch 16 Prozent Anteil an der Grundsicherung getragen hat. Das waren damals übrigens round about 500 Millionen Euro. Wir sind jetzt bei ungefähr 5,5 Milliarden Euro. Das sollte man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen: Die kommunale Entlastung beträgt pro Jahr durch die Übernahme der Kosten für die Grundsicherung 5 Milliarden Euro, aufwachsend übrigens, weil die Kosten steigen. Das ist wirklich ein bemerkenswerter Beitrag. Der Wunsch dieses ganzen Hauses war natürlich immer, dass dieses Geld, das bei den Kommunen und den Ländern zusätzlich verbleibt, auch tatsächlich für mehr Bildung für die junge Generation in die Hand genommen wird.
Wir werden auch mit Herrn Dobrindt unseren Beitrag dazu leisten, durch Investitionen in die soziale Stadt, in den Städtebau
(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist jetzt zum Glück nicht mehr bei Herrn Dobrindt!)
und in die Infrastruktur die Kommunen zu entlasten. Hier können Sie sich auf uns verlassen.
In diesem Sinne noch weiterhin eine gute Debatte und vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Als nächster Rednerin erteile ich das Wort der Abgeordneten Dr. Franziska Brantner, Bündnis 90/Die Grünen.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/3913902 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 55 |
Tagesordnungspunkt | Ausbau der Kindertagesbetreuung |