Herr Präsident! Hohes Haus! Ich habe in der letzten halben Stunde irgendwie das Gefühl gehabt, ich bin im falschen Parlament.
(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist möglich! – Dr. Franziska Brantner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo wären Sie denn gern?)
Wenn ich mir Diskussionen über Qualitätssicherung anhöre, dann erinnere ich mich daran, dass das eigentlich Aufgabe der Landtage ist. Bei uns ist es Aufgabe des Bayerischen Landtags.
Liebe Frau Golze, liebe Frau Brantner, Qualität in der Bildung ist Ländersache.
(Katja Dörner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Falsch!)
Da sollten wir uns im Bund möglichst zurückhalten und uns nicht irgendwelche Dinge anmaßen, die originäre Aufgabe der Länder sind.
(Dr. Franziska Brantner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Erst mal der Kommunen, oder? – Annalena Baerbock [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dem Bundestag sind die Kinder egal! Sehr schön!)
– Auch der Kommunen, selbstverständlich. – Wir sollten die Aufgaben nicht vermischen und uns da heraushalten.
(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Also wollt ihr die Mittel jetzt auf Null setzen?)
Uns gehen nur Dinge auf Bundesebene und nicht Länder- oder Kommunalangelegenheiten etwas an.
Dass wir mit diesem Gesetz den Kommunen und den Ländern unter die Arme greifen, ist hervorragend. Ich finde es sehr gut, dass wir auch jetzt hier für eine Entlastung der Kommunen sorgen, wie das auch in der vergangenen Legislaturperiode schon intensiv gemacht wurde. Die Entlastung der Kommunen bei der Grundsicherung im Alter und bei der Erwerbsminderung beläuft sich auf 25 Milliarden Euro. Sie wird, dadurch dass sie auf 100 Prozent angehoben wird, zu einer zusätzlichen Entlastung von 1,6 Milliarden Euro führen.
Die finanzielle Entlastung der Kommunen ist auch weiterhin eine wichtige Aufgabe des Bundes. Das sieht man an den Plänen, die wir im Koalitionsvertrag festgeschrieben haben. Wir wollen die Kommunen dieses Mal um 1 Milliarde Euro und in Zukunft um 5 Milliarden Euro entlasten.
Ich denke – das haben einige Redner vor mir auch schon gesagt –, es ist ganz besonders wichtig, dass wir auf eine hohe Trennschärfe achten, damit die Gelder wirklich dort ankommen, wo wir sie politisch haben wollen. Es kann nicht sein, dass die Finanzminister bei den Geldern, die wir letztendlich den Kommunen zukommen lassen wollen, „klebrige Finger“ haben; ich finde den Ausdruck von der Kollegin der SPD wunderbar. Es geht hier um die Entlastung der Kommunen, auch aus dem Grund, dass dort Investitionen stattfinden, die gerade diejenigen voranbringen – Mittelstand, Handwerker –, die es wirklich nötig haben und eine stabile Basis unserer Wirtschaft sind. Es geht darum, die Handlungsfähigkeit der Kommunen zu stärken und einen Beitrag zur Entlastung der Kommunen zu leisten. Es geht nicht darum, Länderhaushalte zu entlasten. Ich freue mich deshalb, dass der Verteilungsschlüssel dazu führt, dass sowohl die starken wie auch die schwachen Kommunen entsprechend Berücksichtigung finden.
Ich glaube aber, wir müssen uns im Rahmen der gesamten Diskussion auch darüber Gedanken machen, wie unsere Aufgaben und unsere Verantwortlichkeiten wieder klarer zugeordnet werden können. Es ist wichtig, dass wir wissen, welche Ebene eigentlich für welche Dinge verantwortlich ist und welche Ebene wir politisch verantwortlich machen können. Die Finanzierung der Aufgaben, die die einzelnen Ebenen haben, muss dabei natürlich gesichert sein. Ich denke, dass es dementsprechend unsere Aufgabe ist, dies in den kommenden Monaten bei den Verhandlungen über die Bund-Länder- Finanzbeziehungen neu zu regeln.
Wir unterstützen die Kommunen sehr; aber auf Dauer ist es wichtig, dass die Aufgaben und auch deren Finanzierung wieder den rechtlichen Gegebenheiten angepasst werden. Es darf, wie ich vorhin schon gesagt habe, nicht sein, dass der Bund dauernd originäre Aufgaben der Länder oder der Kommunen finanziert und damit eine weitere Vermischung von Finanzierung und Verantwortlichkeit geschaffen wird – insbesondere auch deshalb, liebe Kolleginnen und Kollegen, weil dem Bund letztlich eine Kontrolle der Mittel verwehrt ist: Wir können nicht kontrollieren, ob die Mittel wirklich den Kommunen zugutekommen oder ob sie irgendwo zwischendrin hängenbleiben. Das ist uns leider durch Gerichtsurteile und durch unsere Verfassung untersagt.
Es ist deshalb in meinen Augen von besonderer Bedeutung, dass bei der Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen die im Grundgesetz verankerte Zuständigkeit der Länder für ihre Kommunen gewährleistet bleibt. Jede Ebene muss in eigener Verantwortung ihre Aufgaben umfassend und verlässlich erledigen können, und dafür braucht es eine sachgerechte Finanzierung.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Bernhard Daldrup [SPD])
Wie gesagt: Wir brauchen klare Verantwortlichkeiten. Die Vermischung von Aufgaben und Finanzierung führt ganz deutlich zu einer Unklarheit bei der Verantwortung. Wir brauchen eine klare Aufgabentrennung zwischen Bund, Ländern und Gemeinden. Wie ich vorhin gesagt habe, braucht jede Ebene ausreichende Finanzmittel, um ihre originären Aufgaben zu verwirklichen. Wenn man das in der Konsequenz beherzigt, dann ist es sicherlich auch ein Gedanke, von den Ländern zu erhebende Zuschläge auf die Steuern einzuführen, damit diejenigen, die in der politischen Verantwortung stehen und ihre Haushalte nicht in Ordnung bringen, ihren Bürgern entsprechend deutlich machen müssen: „Wir brauchen mehr Geld von euch“, bzw.: „Andere Länder können sich das vielleicht erlauben“.
(Carsten Schneider [Erfurt] [SPD]: Aber ihr wollt doch keine Steuererhöhungen!)
Gerade unter dem Gesichtspunkt der Begrenzung der Schulden durch die Schuldenbremse, die wir ab 2020 einführen, ist es ein Riesenproblem, dass die Länder keine eigenen Möglichkeiten haben, ihre Steuereinnahmen zu erhöhen. Deswegen ist dies durchaus ein Gedanke, mit dem wir uns anfreunden können, wenn wir darüber nachdenken, wie wir die Einnahmen der Länder steigern können, ohne dass wir den Bund damit weiter belasten.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Als nächstem Redner erteile ich das Wort dem Abgeordneten Bernhard Daldrup, SPD-Fraktion.
(Beifall bei der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/3913938 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 55 |
Tagesordnungspunkt | Ausbau der Kindertagesbetreuung |