Karamba DiabySPD - Bericht zum Anerkennungsgesetz
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Seit zwei Jahren haben wir ein Anerkennungsgesetz auf Bundesebene, seit Sommer dieses Jahres nun endlich auch auf der Ebene der Bundesländer. Ich freue mich, dass wir heute eine erste Zwischenbilanz in Bezug auf das Anerkennungsgesetz ziehen.
Vor gut zwei Jahren trat erstmals der allgemeine und umfassende Rechtsanspruch auf ein Anerkennungsverfahren in Kraft. Der ausländische Berufsabschluss wird mit dem deutschen Referenzberuf verglichen und auf Gleichwertigkeit geprüft. Das Ergebnis kann die vollwertige, die teilweise oder gar keine Anerkennung des ausländischen Abschlusses sein.
Vielfalt schafft Werte – das ist mein persönliches politisches Leitbild. In diesem Sinne ist das Anerkennungsgesetz ein wichtiges Signal an die Eingewanderten in Deutschland und an die deutsche Wirtschaft.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Das Anerkennungsgesetz ist ein wichtiger Beitrag zur Fachkräftesicherung für unseren Wirtschaftsstandort; denn wir brauchen die Talente und beruflichen Kompetenzen der schätzungsweise mehr als 300 000 Personen mit ausländischen Abschlüssen, die es hierzulande gibt – die Zahl wurde mehrfach erwähnt –, ohne sie geht es nicht.
Ohne die formale Anerkennung ihrer Abschlüsse werden Ärztinnen weiterhin als Putzfrauen und Ingenieure als Taxifahrer arbeiten. Sie arbeiten somit unter ihrer Qualifikation. Dieser Zustand ist weder für die Eingewanderten noch für unsere Gesellschaft und Wirtschaft hinnehmbar.
Schon seit Jahren schlägt die deutsche Wirtschaft Alarm. „ Fachkräfte verzweifelt gesucht“, „Deutschlands Mittelstand gehen die Fachkräfte aus“ – so lauteten die Schlagzeilen der letzten Jahre. Von einem flächendeckenden Fachkräftemangel kann zwar keine Rede sein, aber für einzelne Berufe trifft er zu.
(René Röspel [SPD]: Richtig!)
Das Gesetz entfaltet erste erfreuliche Wirkungen in den Gesundheitsberufen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Ärztinnen und Ärzte, Gesundheits- und Krankenpfleger sowie Physiotherapeutinnen und Physiotherapeuten führen die Liste der Antragsteller bei den häufigsten Referenzberufen mit mehr als 70 Prozent an. Am häufigsten kommen die Antragstellerinnen und Antragsteller aus Rumänien, der Russischen Föderation und Polen.
Mit dem Anerkennungsgesetz haben wir begonnen, brachliegende Potenziale zu aktivieren. Das ist gut so.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Gut ist auch die hohe Quote der vollen Anerkennungen.
Im Koalitionsvertrag haben wir uns darauf geeinigt, nachzubessern, wo es notwendig ist. Ich sehe vor allem drei zentrale Herausforderungen:
Erstens. Der Bericht deutet darauf hin, dass nur ein Bruchteil der geschätzt mehr als 300 000 Personen mit ausländischen Abschlüssen einen Antrag gestellt haben. Ich wünsche mir, dass noch mehr Menschen einen Anerkennungsantrag stellen, damit sie endlich ihrem erlernten Beruf nachgehen können.
(Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann müssen Sie Hürden abbauen!)
Wir brauchen Informationskampagnen, damit sich die Möglichkeit zur Anerkennung noch mehr herumspricht. Hier müssen wir die Wirtschaft stärker sensibilisieren und in die Pflicht nehmen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des Abg. Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Sie sollen die Möglichkeit zur Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen noch stärker für ihre Personalentwicklung nutzen.
Damit komme ich zum zweiten Punkt: Anpassungsqualifizierung. Das wurde von meinen Vorrednern schon angesprochen. Jeder zehnte Antragsteller in den reglementierten Berufen und jeder dritte in den nichtreglementierten Berufen braucht eine Anpassungsqualifizierung, um eine vollwertige Anerkennung zu erlangen. Ich freue mich sehr, dass die Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles beabsichtigt, ein Qualifizierungsprogramm mit Mitteln aus der neuen ESF-Förderperiode zu bestreiten. Schließlich haben wir im Koalitionsvertrag miteinander vereinbart, dass wir Eingewanderte, die Qualifizierungsmaßnahmen absolvieren müssen, finanziell unterstützen wollen.
Drittens. Lassen Sie uns in den weiteren Beratungen genau hinschauen – ich hoffe, die Opposition macht mit –, um bestehende bürokratische Fallstricke zu beseitigen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Ich denke am heutigen Tag des Flüchtlings beispielsweise an Geflüchtete, die keinerlei Nachweise erbringen können. Asylsuchende und Geduldete bringen – das wissen wir – Talente, Know-how und oftmals eine hervorragende Ausbildung mit.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Lassen Sie uns also die Gerechtigkeitslücke schließen. Lassen Sie uns für diese Fälle praktikable Lösungen entwickeln und erproben.
Ich komme zum Ende. Ich danke den vielen kompetenten und engagierten Beschäftigten des Netzwerks „Integration durch Qualifizierung“. Sie leisten hervorragende Beratungsarbeit, um die Arbeitsmarktintegration von Menschen mit Migrationshintergrund zu verbessern. Lassen Sie uns die Beratungsstrukturen stärken. Hier können auch Migrantenorganisationen eine sehr große Rolle spielen; das haben sie in der Vergangenheit gezeigt.
Abschließend möchte ich bemerken: Wir sind auf einem guten Weg. Erst kürzlich haben wir die Abschaffung der Optionspflicht und Maßnahmen zur Verbesserung der Lebenssituation von Asylsuchenden und Geduldeten beschlossen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie der Abg. Cemile Giousouf [CDU/CSU])
Das Anerkennungsgesetz reiht sich hier ein: Es ist integrationspolitisch wichtig, es drückt Wertschätzung und Anerkennung der Lebensleistung von Eingewanderten aus. „ Vielfalt schafft Werte“ bedeutet arbeitsmarktpolitisch: Die Tür steht dir offen, du bist willkommen, du wirst gebraucht, und du kannst dich mit all deinen Fähigkeiten hier entfalten. – Lassen Sie uns gemeinsam dieses Versprechen einlösen.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Vielen Dank. Das war eine punktgenaue Landung. – Nächster Redner ist Özcan Mutlu, Bündnis 90/Die Grünen.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/3914361 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 55 |
Tagesordnungspunkt | Bericht zum Anerkennungsgesetz |