26.09.2014 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 55 / Tagesordnungspunkt 23

Claudia Lücking-MichelCDU/CSU - Bericht zur Bildung für eine nachhaltige Entwicklung

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Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Freitagnachmittag, vorletzter Tagesordnungspunkt, und ein Blick auf die Uhr zeigt: Wir haben schon lange nicht mehr fünf vor, sondern weit nach zwölf. Jetzt reden wir über das Thema Nachhaltigkeit, und es ist wichtiger als je zuvor.

Das galt schon 1992 bei der UNO-Konferenz. Zum Glück können wir sagen: Seitdem ist viel passiert; aber – darin sind wir uns heute Nachmittag offensichtlich einig – viel bleibt auch noch zu tun. Entscheidend auf dem langen Weg war die Erkenntnis, dass es um Bildung für nachhaltige Entwicklung gehen muss, dass man an dieser Stelle den Hebel ansetzen muss.

Wenn die UN-Dekade für nachhaltige Bildung nächste Woche mit einer Konferenz in Bonn zu Ende geht oder wenn wir hier heute Nachmittag schon den vierten Bericht zur Bildung für nachhaltige Entwicklung diskutieren, dann zeigt sich, dass aus dem ursprünglichen Gedanken, dass umwelt- und entwicklungspolitische Bildung zusammengehören, mittlerweile ein umfassendes Konzept geworden ist, ein Konzept, das alle Ressorts, alle Fächer betrifft: Biologie, Chemie, Geografie, Politik. Es betrifft alle formalen und informellen Bildungsorte. Was eigentlich nicht?

Von der Idee, ausgediente Telefonzellen als Bücherbox wiederzuverwerten, über Mitarbeiterfortbildung für die Stadtverwaltung einer „fairen Stadt“ bis hin zu den Hochschulen für nachhaltige Entwicklung: Alles ist Bildung für nachhaltige Entwicklung; alles findet sich in diesem Bericht und gehört zum Konzept.

Eine Herausforderung will ich benennen. So typisch es für Querschnittsthemen ist, dass sie überall durchdekliniert werden müssen, so liegt auch im Erfolg die Gefahr. Denn wenn alles für BNE wichtig ist, dann müssen wir aufpassen, dass bald nicht alles auch irgendwie gleich unwichtig ist. Wenn wir sagen: „Bildung für nachhaltige Entwicklung wird jetzt zum Qualitätskriterium für gute Bildung überhaupt“, dann ist das richtig. Doch passen wir auf, dass sich das Thema nicht auflöst – und zwar nicht unbedingt in Wohlgefallen.

Deswegen drei Anmerkungen zum Bericht an dieser Stelle von meiner Seite:

Erstens. Wenn wir in Zukunft mehr erreichen wollen, dann dürfen wir uns nicht im Abstrakten der Konzepte verlieren, sondern müssen aufpassen, dass wir nah bei den Menschen bleiben.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wesentlich ist doch die innere Grundhaltung, mit der jeweils geforscht wird, Inhalte entwickelt werden und unterrichtet wird. Ein „Nach mir die Sintflut“ darf es nicht geben. Vielmehr müssen wir die Botschaft durchbuchstabieren, dass jede und jeder Einzelne von uns Verantwortung hat für die Zukunft unserer Welt und die Menschen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Es geht um Aufklärung, um Bewusstsein und vor allem um Haltung und Motivation zum Handeln.

Zweitens. Um diese Grundhaltung wirklich bei den Menschen zu verankern, müssen wir voneinander wissen. Internet, Facebook und Wikipedia ersetzen doch nicht direkte Begegnungen, gemeinsame Erfahrungen und Reflexion.

(Sibylle Pfeiffer [CDU/CSU]: Genau so ist es!)

Programme wie ENSA für den Schüleraustausch, Service-Lernen mit „weltwärts“, Exposure- und Dialog-Programme oder der Senior Experten Service sind deshalb so wichtig und müssen unbedingt ausgebaut werden.

Drittens. Ich appelliere dringend, die erfolgreichen internationalen Projekte, die im Bericht genannt werden, zum Beispiel bei der GIZ, weiterzuführen. Im neuen Weltaktionsprogramm zu Bildung für nachhaltige Entwicklung sollten wir gerade bei der internationalen Zusammenarbeit unseren Schwerpunkt setzen.

(Beifall des Abg. Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD])

Bildung für nachhaltige Entwicklung – das müssen wir noch viel stärker im Dialog mit unseren Partnern im Süden verankern. Unsere Partnerländer erwarten da auch einen konsequenten Beitrag Deutschlands.

Dafür zum Schluss ein sehr konkretes und hoffentlich anschauliches Beispiel: Cita Mabalylan ist eine philippinische Bäuerin, die ich auf ihrer kleinen Farm auf Mindanao besuchen durfte. Auf dem Weg zu ihr waren wir kilometerlang durch riesige Ananasplantagen gefahren, die direkt bis an ihre Erdnussfelder reichten. Doch sie selbst wusste gar nicht, was sich da draußen abspielte: wie sich die Landschaft verändert hat, was Del Monte alles auf die Felder spritzt und welche Gefahren für ihre eigene Landwirtschaft da lauern. Die Autofahrt vom Flughafen, die für uns das letzte Stück einer Anreise um die halbe Welt gewesen war, war für unsere Gastgeberin länger als alles, was sie bisher in ihrem Leben zurückgelegt hatte. Kaanib, eine Partnerorganisation von Misereor, entwickelte daraufhin für die Bauern ein Konzept für nachhaltige Entwicklung. Der Unterricht begann mit einer Fahrt über Land.

Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluss. Der Bericht der Bundesregierung zeigt viele überzeugende Erfolge. Aber das Ende der Dekade darf nicht das Ende unserer Anstrengungen sein. Bildung für nachhaltige Entwicklung ist wichtiger als je zuvor. Dabei müssen wir in Zukunft verstärkt auf internationale Partnerschaften und Perspektiven setzen. Das ist wichtiger als je zuvor.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Als nächster Redner spricht Oliver Kaczmarek.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/3914548
Wahlperiode 18
Sitzung 55
Tagesordnungspunkt Bericht zur Bildung für eine nachhaltige Entwicklung
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