Frank HeinrichCDU/CSU - Entwicklungspolitik
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Am Anfang ein Dank an die Opposition für die Anträge, in diesem Fall für das zweite Thema, das wir hier diskutieren. Ein Dank für das erste Thema ist hier schon ausgesprochen worden.
Es wird hier viel von Abkürzungen die Rede sein: von den SDGs und den MDGs. Sie, das Publikum, müssen sich wundern, was wir hier alles behandeln. Vorher ging es um die Millennium Development Goals, jetzt aber geht es um die EPAs und die WPAs, das eine ist der deutsche, das andere der englische Begriff für Wirtschaftspartnerschaftsabkommen.
Die Vertreter der Opposition haben hier ihre Sorge zum Ausdruck gebracht. Diese Sorge teilen wir. Das haben wir auch in dem Antrag, der sich auf den Europa- Afrika-Gipfel bezog, sehr deutlich gemacht. Aber es geht, wie mein Kollege Zech vorhin gesagt hat, um eine konstruktive Auseinandersetzung. Hin und wieder ging Ihr Antrag – ich weiß nicht, wer ihn alles gelesen hat – über Konstruktives hinaus.
(Dr. André Hahn [DIE LINKE]: Nein! Niemals!)
Wenn in dem Antrag nicht nur in der Überschrift von Drohungen und Fristen die Rede ist – ich verstehe Ihr Anliegen –, sondern auch im Text selber laufend „es droht“, „es ist zu befürchten“ und „große Gefahr“ zu lesen ist, dann fällt es mir schwer, Ihnen zu glauben.
Es geht uns genauso wie Ihnen – diese Zusammenarbeit soll schließlich eine Zukunft haben – darum, Inhalte zu teilen, zum Beispiel nachhaltige Entwicklung, die Beteiligung von Zivilgesellschaften, gerechte Handelsregeln, die Exportdumping verhindern und gleichzeitig Produkten aus Entwicklungsländern faire Absatzchancen gewähren, industrielle Wertschöpfung – man muss ehrlich sein: das muss am Schluss möglich sein, da wie hier –, regionale Integration – all das haben Sie in dem Antrag beziffert –, einen Überwachungsmechanismus zu den Auswirkungen dieser WPAs und – da bin ich Menschenrechtler, nicht nur in diesem Ausschuss – eine kontinuierliche Beobachtung der Einhaltung der Menschenrechte, die davon betroffen sind. Da haben wir garantiert noch eine Menge Arbeit vor uns. Ich denke, da sind wir uns einig.
Das ist, wie gerade genannt, auch in anderen Anträgen in diesem Umfeld und in dem Antrag, den Frau Kofler angekündigt hat, zu lesen. Diese Punkte stehen als solches nicht zur Debatte, aber diese Werte sind uns genauso wichtig wie Ihnen. Sie befürchten aber, dass sie abhandenkommen könnten. Für diese Werte setzt sich zum Beispiel auch die Bundesregierung ein. Vorgestern war in einem Drahtbericht der AKP-Ratsarbeitsgruppe – das ist wieder eine Abkürzung; es geht dabei um Staaten in Afrika, der Karibik und dem Pazifik – einmal mehr nachzulesen: Die Auseinandersetzung um diese Partnerschaftsabkommen ist eine Auseinandersetzung um die wirtschaftspolitische Ordnung weltweit.
Was wollen wir denn? Möglicherweise stehen heute noch mehr Fragen als Antworten im Raum. Wollen wir partnerschaftliche Zusammenarbeit oder Bevormundung, die Sie immer relativ schnell dahinter vermuten? Wollen wir freien Handel in einem rechtssicheren Kontext oder Protektionismus, wie es ihn früher gab? Müssen wir die Kleinen, wie es oft heißt, vor den Großen schützen?
Im Antrag von Linken und Grünen heißt es – ich zitiere –:
Sehr gut.
– da kommt wieder einmal dieses Wort im Antrag vor –
Die betroffenen Middle-Income Countries haben es in den letzten Jahren geschafft, dort hinzukommen, wo sie jetzt sind. Ihnen jetzt zu unterstellen, dass das alles verloren geht, und sie wieder ein Stück zu entmündigen, nur weil wir sie auf einmal ernster nehmen als vorher – denn darum geht es –, halte ich für falsch.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Herr Kollege Heinrich, lassen Sie eine Zwischenfrage von Frau Hänsel zu?
Im Moment nicht, vielleicht später. Ich möchte noch diesen Gedanken zu Ende führen. – Das sind nämlich die gleichen Ängste, die Sie vorhin ganz moderat angekündigt haben, wie zum Beispiel TTIP gegenüber, häufig aus der Feder von Kritikern des sogenannten Neoliberalismus und der Globalisierung im Allgemeinen.
(Sibylle Pfeiffer [CDU/CSU]: Die keine Ahnung haben!)
Ich glaube, dass Entwicklungszusammenarbeit im 21. Jahrhundert nicht mehr nur von Feindbildern bestimmt sein darf und dass es schon gar kein Gefälle bei den Partnern untereinander geben darf.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Eine gleichberechtige Partnerschaft auf Augenhöhe ist nämlich das, was die Globalisierungskritiker im selben Atemzug fordern, und zwar, finde ich, zu Recht.
Auch die meisten AKP-Staaten beanspruchen mehr und mehr Ownership für sich. Ich war gestern bei der Botschafterin eines dieser Middle-Income-Länder. Sie sagte mir sehr deutlich: Wir sind sehr stolz auf das, was wir jetzt sind und wo wir jetzt sind, auch wenn wir uns nun Sorgen machen. Damit meinte sie aber nicht den Vertrag, sondern sie fürchtet, dass das bisher Erreichte ohne Entwicklungszusammenarbeit nicht erhalten und fortgeführt werden kann. Es ging ihr aber nicht darum, etwas einzufordern.
Die Leitfragen müssten sein: Wie wird Handel fair? Was nützt beiden Partnern? Wie können wir verbindlich international anerkannte Mindeststandards so durchsetzen, dass sie auch befolgt werden? Mein Kollege hat es angesprochen – da wurde die Debatte ein bisschen lebhafter –: Das gilt auch dort, wo Korruption mehr als nur ein bisschen im Raum steht. Wie kann die Rolle des Privatsektors zugunsten nachhaltiger Entwicklung stärker werden? Wie wird Rechtssicherheit für nichtstaatliche Akteure hergestellt? Entsprechende Mängel in einigen dieser Länder bemitleiden wir Menschenrechtler oft.
Schließlich geht es aber auch um die Frage: Wie kommen Verhandlungen in absehbarer Zeit zu einem Ende, insbesondere wenn Player wie China schnell und zu für die Partner langfristig nicht gerade positiven Bedingungen Verträge aushandeln und diese Länder dann unter den negativen Bedingungen tatsächlich mehr leiden, als Sie es in Ihrem Antrag befürchten?
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Entgegen der Darstellung in den Anträgen gibt es auch einige positive Entwicklungen im Zusammenhang mit solchen WPAs. Das wird in Ihren Anträgen nicht dargestellt; ich finde, auch das gehört zu einer objektiven Darstellung. Dazu gehört zum Beispiel das Abkommen mit der Karibik, das bereits im fünften Jahr Anwendung findet. Eine Studie zu den Auswirkungen ist für diese Tage angekündigt. Vielleicht gibt sie uns Antworten auf einige der Fragen, die ich gerade genannt habe und die darüber hinaus noch im Raum stehen.
Es ist wichtig, die Implementierung dieser Abkommen eng zu begleiten – darin sind wir ganz nah bei Ihnen – und genau zu beobachten. Das will ich, und das wollen wir als Koalition. Gleichwohl bewerten wir die Chancen und Potenziale, die von den WPAs ausgehen, deutlich anders, als Sie es mit Ihren Drohungen hinsichtlich der Risiken tun.
Daher liegt uns eine Ablehnung Ihres Antrags nahe. Darüber wundern Sie sich wahrscheinlich nicht, auch wenn wir sehr wohl – das möchte ich abschließend sagen – an vielen Stellen Verbesserungsbedarf sehen, gerne konstruktiv diskutieren und die konstruktive Auseinandersetzung auch brauchen.
Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Bevor ich dem Kollegen Sascha Raabe das Wort gebe, erhält die Kollegin Hänsel die Gelegenheit zu einer Kurzintervention.
(Sibylle Pfeiffer [CDU/CSU]: Bitte kurz, weil die Züge gehen, Frau Kollegin!)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/3914799 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 55 |
Tagesordnungspunkt | Entwicklungspolitik |