Henning OtteCDU/CSU - Aktuelle Stunde zum Rüstungsbericht und Beschaffungswesen der Bundeswehr
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben den Auftrag, die Bundeswehr so auszurichten, dass sie auf jede sicherheitspolitische Herausforderung eine Antwort geben kann. Die sicherheitspolitische Lage ist angespannt. Wir haben eine hohe Beteiligung an Auslandsmandaten, und wir haben große sicherheitspolitische Herausforderungen, die wir tagtäglich diskutieren.
Deutschland muss einen Beitrag leisten. Deutschland übernimmt Verantwortung. Deswegen brauchen wir auch ein ausgedehntes Fähigkeitsprofil, wir müssen auf jede Lage eine entsprechende Antwort geben können. Wir müssen Fähigkeiten anbieten können, von denen wir überzeugt sind, dass wir sie auch gut abbilden können. Zur Erfüllung dieses Auftrages brauchen wir das notwendige Material.
Wir haben gesehen: Wenn sich eine Krise auftut, ist es immer zuerst die Bundeswehr, die gerufen wird –
(Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Das ist ein Fehler!)
egal ob es sich um Auslandsmandate handelt, ob es um die Ebolaseuche oder um Hochwasser geht. Das ist auch ein Ausdruck von Vertrauen und eine Zuversicht in die Fähigkeiten der Bundeswehr. Weiter ist es auch die Anerkennung der Leistungen unserer Soldatinnen und Soldaten. Das sollten Sie, bitte, auch einmal zur Kenntnis nehmen.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Dass wir diese Diskussion hier führen, ist auch ein Ausdruck dafür, dass wir unsere Fürsorge und auch unser sicherheitspolitisches Interesse wahrnehmen. Es gibt Herausforderungen und Probleme bei der Beschaffung, weil oftmals zu spät und nicht in der vereinbarten Qualität geliefert wird. Wir haben eine hohe Beanspruchung auch älteren Materials. Ich nenne in diesem Zusammenhang beispielsweise die Transall. Deswegen greifen wir auch noch einmal vermehrt in die Substanz ein. Hierbei wird offenkundig, dass es auch Probleme gibt.
Lieber Herr Hofreiter, wenn Sie sich darüber echauffieren, dass in letzter Zeit so viel investiert worden ist, dann sage ich ganz deutlich: Wir machen Ihrem damaligen grünen Außenminister keinen Vorwurf, dass er die Soldatinnen und Soldaten in den Einsatz nach Afghanistan geschickt hat. Aber wenn wir dann feststellen, dass wir nachrüsten müssen und mehr Schutzkomponenten brauchen, dass wir also mehr investieren müssen,
(Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich echauffiere mich nicht, dass die 40 Millionen ausgegeben worden sind! Ich echauffiere mich über ganz was anderes!)
dann sollten wir das als gemeinsame Aufgabe ansehen und das auch anerkennen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Zu viel ist dadurch kompensiert worden, dass man in den Grundbetrieb eingegriffen hat. Das geht einmal, aber das geht nicht auf Dauer. Die Neuausrichtung der Bundeswehr, die vom damaligen Verteidigungsminister Herrn de Maizière angestoßen wurde, hatte zwei Zielrichtungen: die Bundeswehr auf die Einsatzlage auszurichten und die Beschaffungsprozesse zu beschleunigen und zu verbessern.
Genau das hat unsere jetzige Verteidigungsministerin, Frau von der Leyen, aufgenommen und konsequent fortgeführt, indem sie sich alle Großprojekte hat vorstellen und sich den Istzustand hat berichten lassen und indem sie ein Gutachten in Auftrag gegeben hat, um genau herauszufinden, wie wir die Prozesse noch besser gestalten, noch mehr beschleunigen und verlässlicher machen können. Deswegen sind wir Ihnen, liebe Frau Ministerin, für diese Arbeit sehr dankbar. Auch wenn noch viel Arbeit vor uns liegt, so ist das der richtige und notwendige Schritt, den wir gemeinsam in der Großen Koalition tun.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Dieses Gutachten muss aber auch aus sicherheitspolitischer Sicht ausgewertet werden. Welches Fähigkeitsprofil brauchen wir? Viele Produkte und Fähigkeiten, die die deutsche Industrie herstellt, verfügen über eine Spitzenqualität. Das ist sowohl Ausdruck als auch Grundlage von Souveränität und Sicherheit. Wenn aber solch eine Industrie erst einmal ins Ausland verlagert wird, dann ist es umso schwerer, diese Industrie zurückzuholen. Oder, wie der Rheinländer sagt: Was fott is, is fott.
Wer glaubt, dass wir von ausländischen Industrien besser versorgt werden, der irrt. Ich stelle das in Zweifel. Wir haben eine Industrie, die ausgewiesene Fähigkeiten bei der Herstellung von Produkten für die Luft-, Land- und Seestreitkräfte hat und Spitzenprodukte liefert. Aber es muss noch eine bessere Abstimmung untereinander erfolgen. Dort, wo wir spitze sind, müssen wir spitze bleiben, und dort, wo wir noch nicht spitze sind, müssen wir spitze werden.
(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Alexander S. Neu [DIE LINKE]: Helau!)
Am Ende eines oftmals langen Entwicklungs- und Beschaffungsprozesses, bei dem es natürlich Anpassungen aufgrund der Erfahrungen aus den Einsätzen oder aufgrund von Innovations- und Techniksprüngen gibt, steht meist das beste und modernste Produkt, das es gibt. Aber das dauert zu lange. Die Produkte kommen nicht so verlässlich, wie es unsere Soldatinnen und Soldaten im Einsatz brauchen.
2013 sind 7 700 Verträge im Verteidigungsministerium geschlossen worden, wir haben 1 200 Beschaffungsprojekte, wir haben 100 sogenannte Über-25-Millionen-Vorlagen und 15 Großvorhaben. Das zeigt, dass wir auch in der Vertragsgestaltung und in der Vertragsauslegung sattelfest werden müssen; denn es geht auch darum, dass wir am Anfang des Vertrages deutlich machen, was wir wollen, damit wir am Ende auch das Produkt geliefert bekommen, das wir wollen.
Ich habe Vertrauen in die Wirtschaft, aber wir müssen deutlich machen, dass wir Verlässlichkeit und Pünktlichkeit wollen. Wir wollen vor allem unseren Soldatinnen und Soldaten das Gerät zur Verfügung stellen, das sie für ihren Einsatz brauchen, und das muss schneller, pünktlicher und verlässlicher geschehen. Das muss uns die Sicherheit unseres Landes wert sein.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Als nächster Rednerin erteile ich der Abgeordneten Christine Buchholz, Fraktion Die Linke, das Wort.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/3962274 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 56 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde zum Rüstungsbericht und Beschaffungswesen der Bundeswehr |