08.10.2014 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 56 / Zusatzpunkt 1

Lars KlingbeilSPD - Aktuelle Stunde zum Rüstungsbericht und Beschaffungswesen der Bundeswehr

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Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Frau Ministerin, auch von mir alles Gute zum Geburtstag.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich will zu Beginn noch einmal festhalten: Wir haben eine Parlamentsarmee. Wir im Parlament entscheiden über die Einsätze unserer Soldatinnen und Soldaten. Das erfordert von uns nicht nur im Verteidigungsausschuss, sondern im gesamten Parlament, dass wir wachsam sind, wenn es um die Fragen der Bundeswehr geht, und dass wir sehr sorgsam sind, wenn es um die Frage der Einsätze, der Einsatzvorbereitung, der Ausbildung, aber auch um die Sicherheit und den Schutz unserer Soldatinnen und Soldaten geht. Das ist eine hohe Verantwortung, die wir, egal ob Opposition oder Regierung, hier im Haus haben. Ich bin der Meinung, der Bericht, den die Ministerin am Montag vorgelegt hat, sollte uns wachrütteln und sollte uns dazu bringen, dass wir uns intensiv Gedanken machen, wie wir die Situation verbessern.

Ich will zu Beginn auch sagen, dass ich der Ministerin ausdrücklich dankbar dafür bin, dass es diesen Bericht gibt und wir mit der Arbeit jetzt beginnen können. Das sollten wir in der Aktuellen Stunde nicht vergessen: Es war die Ministerin, die sich vor ein paar Wochen nicht hat zufriedenstellen lassen mit den Zahlen, die geliefert wurden. Sie hat gesagt: Ich möchte extern prüfen lassen und möchte gründlich erstellte Zahlen haben, auf deren Grundlage eine Bewertung stattfinden kann. – Dafür herzlichen Dank, Frau Ministerin.

(Beifall bei der SPD)

Ich frage mich die ganze Zeit, was die Linke mit der von ihr beantragten Aktuellen Stunde eigentlich erreichen will. Was ist Ihre Zielsetzung? Wenn Sie ehrlich sind, haben Sie zum aktuellen Thema gar nichts gesagt.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU – Zuruf der Abg. Heike Hänsel [DIE LINKE])

Es ging um ein paar Verschwörungstheorien und um das Verhältnis von Politik und Rüstungsindustrie, es ging um generelle Kritik an der Bundeswehr und um das Thema Auslandseinsätze. Aber die Linke hat hier heute gar nichts Konstruktives zum Thema der Aktuellen Stunde beigetragen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Widerspruch bei Abgeordneten der LINKEN)

Darüber sollten Sie sich schon Gedanken machen.

Ich kann Ihnen versprechen: Das, was Sie nicht wollen, nämlich eine Stärkung der Bundeswehr, wird das Ergebnis des Prozesses sein, den wir am Montag mit der Vorlage der Studie eingeleitet haben. Die politischen Konsequenzen, die wir aus dieser Studie ziehen, werden am Ende dazu führen, dass wir in Deutschland eine Bundeswehr haben, die stärker ist, die besser ausgerüstet ist, in der die Soldaten gut vorbereitet werden und mit der sie sicher in die Einsätze gehen. Dafür werden wir sorgen. Das wird Ihnen nicht gefallen. Ich freue mich aber auf die kritischen Diskussionen, die wir an vielen Stellen dazu führen werden.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, was folgt jetzt eigentlich aus der Studie, aus der Analyse, die vorgestellt wurde? Ich sage, dass die Antwort „Mehr Geld“ viel zu kurz greift; wir müssen uns auch über viele andere Dinge unterhalten.

Der erste Punkt, den ich für sehr wichtig halte – er wurde schon von Frau Brugger und anderen angesprochen –: Wir müssen dafür sorgen, dass es in der Bundeswehr endlich eine andere Fehlerkultur gibt. Es kann uns Parlamentarier, die wir alle Verantwortung tragen, doch überhaupt nicht zufriedenstellen, dass es aus Teilen der militärischen Führung – wir erleben es immer wieder – Meldungen an uns im Ausschuss gibt, die sich nachher nicht als Wahrheit entpuppen. Wenn ich Verantwortung trage, dann möchte ich gerne, dass man Probleme offen benennt.

Wir alle kennen die Situation, dass wir die Truppe besuchen und uns an den Standorten Probleme vorgetragen werden; aber nachher heißt es aus der militärischen Führung: Das ist alles nicht so. – Das, was wir an vielen Orten gehört haben, hat sich jetzt mit der Studie bestätigt. Insofern haben Sie, Frau Ministerin, unsere volle Unterstützung, wenn es darum geht, endlich die Fehlerkultur in der Bundeswehr zu verändern. Wir müssen wissen, was die Wahrheit ist. Damit können wir dann arbeiten.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU sowie der Abg. Agnieszka Brugger [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Der zweite Punkt – auch das ist angesprochen worden –: Wir müssen die Prozesse anders definieren. Wir müssen schauen, wie Controlling, Vertragsabschlüsse und technische Überprüfungen durchgeführt werden.

Dazu gehört auch der dritte Punkt: die Personalfrage. Ich halte es für falsch, dass wir bei der Bundeswehr so viel Know-how im zivilen Bereich abgebaut haben und noch abbauen wollen. Ich bitte dringend darum, das noch einmal zu überprüfen. Wir können es uns nicht leisten, dass so viel Know-how aus der Truppe abgezogen wird; wir brauchen dort eigene Kapazitäten.

Der vierte Punkt, den ich ansprechen möchte: die Debatte über Schlüsseltechnologien; ich begrüße sie ausdrücklich. Ich glaube in der Tat: Wir müssen diese Diskussion führen, und zwar aus einer sicherheitspolitischen Perspektive, wenngleich es auch eine wirtschaftspolitische Perspektive gibt. Wir müssen als Parlament gemeinsam verhindern, dass uns die Wirtschaft sagt, was die Schlüsseltechnologien sind. Wir müssen aber auch verhindern, dass die Wahlkreisabgeordneten uns sagen, was die Schlüsseltechnologien sind. Das ist etwas, was wir rein sicherheitspolitisch definieren müssen. Da freue ich mich auf die Diskussionen in den kommenden Wochen und Monaten.

Der letzte Punkt, den ich ansprechen will: Wir dürfen auf gar keinen Fall den Eindruck erwecken, unsere Bundeswehr wäre nicht mehr einsatzbereit und leistungsfähig. Wir sehen, dass die Bundeswehr den Einsatz in Afghanistan hervorragend leistet.

Ich will aber auch sagen: Wir müssen sehr vorsichtig sein, wenn wir über weitere Auslandseinsätze diskutieren. Wenn an einem Tag die Meldung kommt: „Die Materialausstattung ist schlecht“, am nächsten Tag die Meldung kommt: „Die Rüstungsvorhaben gelingen nicht oder nicht rechtzeitig“, und am dritten Tag in der Öffentlichkeit über weitere Auslandseinsätze der Bundeswehr diskutiert wird, dann geht davon ein falsches Signal an die Truppe aus. Hier mahne ich zu mehr Sensibilität. Ich glaube, das tut uns allen gut.

(Beifall der Abg. Dagmar Ziegler [SPD])

Frau Ministerin, lassen Sie mich am Ende sagen: Wir haben einen schwierigen, einen steinigen Weg vor uns; Sie haben unsere Unterstützung. Ich hoffe, dass wir in drei Jahren sagen können: Es hat etwas gebracht; die Bundeswehr steht besser da.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Als nächstem Redner erteile ich das Wort dem Abgeordneten Florian Hahn, CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/3962328
Wahlperiode 18
Sitzung 56
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde zum Rüstungsbericht und Beschaffungswesen der Bundeswehr
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