Florian HahnCDU/CSU - Aktuelle Stunde zum Rüstungsbericht und Beschaffungswesen der Bundeswehr
Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die sicherheitspolitischen Herausforderungen Deutschlands haben sich in den letzten 20 Jahren dramatisch verändert, und die Geschwindigkeit der Zunahme derselben gerade in den letzten Monaten ist überaus besorgniserregend. Dieser Veränderung müssen wir gerecht werden und die Frage beantworten, welche Instrumente wir als Staat in Europa haben, um diese Herausforderungen zu bewältigen, und wie diese Instrumente strukturiert sein müssen.
Ein wichtiges Instrument ist dabei unsere Bundeswehr, eine Riesenorganisation mit fast 250 000 Menschen, die tagtäglich meist Überdurchschnittliches leisten, und dies oftmals – das sollten wir an dieser Stelle einmal sagen – unter schwierigen Rahmenbedingungen. Diese Menschen brauchen wir, wenn das Instrument Bundeswehr an die Realität angepasst wird. Die Notwendigkeit dieser Anpassung haben wir nicht erst jetzt erkannt, sondern sie war ausschlaggebend für die Reform, die Karl Theodor zu Guttenberg begonnen hat, die Thomas de Maizière maßgeblich vorangebracht hat und die nun Frau von der Leyen fortführen wird.
Der vorgelegte Rüstungsbericht bietet eine fundierte Grundlage, um Entscheidungen im Bereich des Beschaffungswesens zu treffen. Dafür bin ich sehr dankbar. Ich möchte aber auch ausdrücklich sagen, dass die Handlungsempfehlungen lediglich Empfehlungen und keine Entscheidungen sind. Wir selbst müssen sie prüfen und dann politisch entscheiden.
In der Diskussion über die Ausrüstung und Einsatzbereitschaft unserer Bundeswehr ist deutlich geworden, dass es zwei Aspekte gibt, die nicht zusammenpassen. Auf der einen Seite mussten wir erkennen, dass die Bundeswehr nicht auf jedem Gebiet materiell in einem optimalen Zustand ist: Es fehlen neue Systeme, alte Systeme müssen kostenintensiv sozusagen am Leben erhalten werden, es fehlt an Ersatzteilen, und oftmals gibt es nicht genug Stunden für Ausbildung und Training.
Auf der anderen Seite gelingt es uns nicht, das Geld, das wir für Investitionen eingeplant haben, auch für Investitionen auszugeben. In den letzten sechs Jahren haben wir fast 4 Milliarden Euro, die für Investitionen in die Systeme unserer Bundeswehr vorgesehen waren, nicht ausgegeben. Das ist ungefähr so: Sie haben ein Auto, das Sie nie zur Inspektion geben, und stellen nach ein paar Jahren fest, dass eine teure Reparatur notwendig ist. Da hilft es auch nicht, wenn Sie in Fußmatten oder in einen Neuanstrich der Garage investieren. Deswegen gilt es, in Zukunft dafür zu sorgen, dass jeder Cent, der für Investitionen in unsere Systeme geplant ist, auch dafür ausgegeben wird.
Mittelfristig werden wir um eine Erhöhung des Wehretats nicht herumkommen; denn wir haben nicht nur steigende Fixkosten im Bereich Personal oder im Bereich Mieten usw., sondern mit der Übernahme von mehr Engagement und mehr Verantwortung und durch mehr Einsätze steigen auch die variablen Kosten. Lassen Sie mich als Beispiel den letzten NATO-Gipfel nennen, auf dem beschlossen wurde: Wir müssen mehr üben und neue Strukturen aufbauen. – Diese Vorhaben sind im Haushalt noch gar nicht abgebildet. Ich fasse zusammen: Steigende Fixkosten und steigende variable Kosten bedeuten die Notwendigkeit, mehr Geld zur Verfügung zu stellen.
Für mich ist selbstverständlich: Um unsere Landes- und Bündnisverteidigung aufrechtzuerhalten und zu gewährleisten und um Einsätze bewältigen zu können, brauchen unsere Soldatinnen und Soldaten die beste Ausrüstung. Auch vor diesem Hintergrund kann ich nur davor warnen, vorschnell und unüberlegt die technologischen Fähigkeiten der wehrtechnischen Industrie in Deutschland aufzugeben. In vielen Bereichen, zum Beispiel in der bodengebundenen Luftverteidigung oder im Bereich militärisches Fliegen, sind wir Weltmarktführer. Das gilt ebenso für den maritimen Bereich und die Landsysteme.
Die genannten Technologien ermöglichen es uns, unabhängig von anderen zu sein. Diese Unabhängigkeit war übrigens unser Ziel, als wir in den 50er-Jahren entschieden haben: Wir wollen diese Industrie in Deutschland aufbauen. – Diese Technologien geben uns außerdem die Möglichkeit, Einfluss auf die globale Sicherheitslage zu nehmen. Darüber hinaus sollte uns die Tatsache, dass fast 300 000 Arbeitsplätze von dieser Branche abhängen, nicht ganz unberührt lassen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Als nächstem Redner in der Debatte erteile ich das Wort dem Abgeordneten Jürgen Hardt, CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/3962329 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 56 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde zum Rüstungsbericht und Beschaffungswesen der Bundeswehr |