Norbert BarthleCDU/CSU - Irland: Vorzeitige Rückzahlung der IWF-Finanzhilfe
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Daten, die Fakten und die Hintergründe des irischen Wunsches, den IWF-Kredit vorzeitig ablösen zu dürfen, hat unser Staatssekretär Steffen Kampeter hinreichend erklärt. Ich muss das nicht wiederholen.
Ich will aber einen Aspekt hervorheben. Die Tatsache, dass wir hier heute im Deutschen Bundestag nicht nur darüber diskutieren, sondern darüber abstimmen, ob die deutsche Bundesregierung diesem Ansinnen Irlands zustimmen darf oder nicht, haben wir der Krise zu verdanken und unserem Wunsch, die demokratischen Beteiligungsrechte in diesem Zusammenhang zu stärken. Ich spreche vom sogenannten StabMechG. Für Deutschland bedeutet das ein Mehr an Demokratie und für Europa – wir entscheiden über europäische Fragen hier im Deutschen Bundestag – ebenfalls ein Mehr an Demokratie. Das will ich zunächst einmal positiv hervorheben.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Unsere Fraktion unterstützt diesen Antrag, weil wir davon ausgehen, dass er einem europäischen Partnerland, nämlich Irland, nützt und uns nicht schlechter stellt. Damit sehe ich keinen Hinderungsgrund, diesem Antrag zuzustimmen. Im Übrigen bin ich der Auffassung, dass das Ansinnen Irlands, jetzt schon, ein Jahr nach dem Ausstieg aus dem Hilfsprogramm, fast ein Drittel der Summe des gesamten Hilfsprogramms zurückzuzahlen, ein deutlicher Hinweis darauf ist, dass dieses Hilfsprogramm ein Erfolg war und ist.
Irland muss am Markt Zinsen zahlen, die deutlich niedriger sind als die für seine Hilfskredite. Das zeigt, dass die Anpassungsmaßnahmen wirken. Das Land erntet heute sozusagen die Früchte seiner Anstrengungen der vergangenen drei Jahre.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Diese Anstrengungen waren nicht unerheblich – das muss man mit allem Respekt eingestehen –; denn Irland hat die notwendigen Strukturreformen vorangetrieben. Die Lohnstückkosten sind wesentlich gesunken. Das hat zum großen Teil zu den wirtschaftlichen Erfolgen beigetragen, die das Land in Form eines Leistungsüberschusses jetzt Jahr für Jahr erzielt. Irland hat die notwendigen Reformen auf dem Arbeitsmarkt vorangetrieben. Im Zuge des Anpassungsprogramms wurden unter anderem Maßnahmen zur Aktivierung von Arbeitslosen umgesetzt. Der Kündigungsschutz wurde gelockert, und die Lohnfindung wird vermehrt auf die Ebene der Betriebe verlagert. Das Renteneintrittsalter wurde, natürlich in Stufen, auf 68 Jahre erhöht. Das sind alles Maßnahmen, die nicht leicht umzusetzen sind; aber sie wirken. Kleine und mittelständische Unternehmen können sich leichter und besser finanzieren; sie werden auch beratend unterstützt. Da leistet unsere KfW ebenfalls gute Arbeit.
Was schließen wir daraus? Irland ist ein Beispiel dafür, dass bei konsequenter Haushaltskonsolidierung und konsequenten Strukturreformen ein Land auch unter schwierigen Rahmenbedingungen – die globale Situation ist ja keine einfache – vorankommen und eine nachhaltige wirtschaftliche Perspektive erhalten kann.
Das sage ich ganz bewusst auch im Hinblick auf die derzeitige europäische Debatte. Einige von uns waren in der vergangenen Woche auf der Fiskalvertragskonferenz in Rom. Der Kollege Michelbach kann es bestätigen: Nahezu unisono wurde dort einer Politik das Wort geredet, die in Nachfragepolitik endet; einseitige, nachfrageorientierte Politik mit neuen Schulden, also mit frischem Geld, soll wirtschaftliches Wachstum erzeugen. Das ist der falsche Weg. Irland ist ein Beleg dafür, dass ein richtiger Mix aus nachfrageorientierter Politik und angebotsorientierter Politik den Weg darstellt, der aus der Krise führt. Beides gehört zusammen: Konsolidierung einerseits, Strukturreformen andererseits. Wichtig sind außerdem wachstumsfördernde Impulse. All das führt zum Erfolg; damit kommt man aus der Malaise heraus, und zwar nicht erst, wie viele auf europäischer Ebene behaupten, in langen Zeiträumen; vielmehr wirkt ein solches Vorgehen relativ schnell und vor allem nachhaltig.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Meine Vorredner haben bereits darauf hingewiesen, dass wir selbstverständlich die Erwartung haben, dass Irland die neuen Bewegungsspielräume finanzieller Natur nutzt, um sich weiter voranzubringen und nicht um Steuern zu senken oder ähnliche Dinge zu tun. Umschuldung heißt ja nicht Entschuldung. Die Entschuldung muss fortgeführt werden. Deshalb erwarten wir auch, dass der unfaire Steuerwettbewerb, den es in Irland nach wie vor noch gibt, Zug um Zug beendet wird. Unser Finanzminister drängt darauf nicht erst seit gestern, sondern schon seit längerer Zeit, und er wird auch weiterhin darauf drängen, dass Irland auf diesem Weg voranschreitet.
Ich darf abschließend feststellen: Wenn ich die Debatte richtig verfolgt habe, dann sind bis auf die Linken alle dafür, Irland diesen Weg zu eröffnen. Die Linken haben sich zu dieser Frage heute im Haushaltsausschuss enthalten. Wenn die Linken den Iren diesen kleinen finanziellen Vorteil nicht gönnen wollen, dann sagt das aus meiner Sicht alles; da braucht man nichts mehr hinzuzufügen.
Danke.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Als nächstem Redner erteile ich das Wort dem Abgeordneten Lothar Binding, SPD-Fraktion.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/3962396 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 56 |
Tagesordnungspunkt | Irland: Vorzeitige Rückzahlung der IWF-Finanzhilfe |