09.10.2014 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 57 / Tagesordnungspunkt 5

Andreas JungCDU/CSU - Klimapolitik

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Frau Präsidentin, ich setze auf Ihre fortgesetzte Großzügigkeit.

(Heiterkeit)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! In dieser Debatte war einiges an Polemik im Spiel.

(Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Leidenschaft, nicht Polemik!)

Ich kann und will nicht auf alles eingehen; aber, Frau Bulling-Schröter, eines will ich doch sagen: Es gehört ein gerüttelt Maß an Fantasie dazu, um umstrittene Äußerungen von designierten EU-Kommissaren mit der Klimapolitik der Bundesregierung in Zusammenhang zu bringen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Vor allem will ich eines nicht im Raum stehen lassen, weil ich das für ein gefährliches Spiel halte: Ich meine die Tatsache, dass Sie hier die Haushaltskonsolidierung und die Klimapolitik gegeneinander ausspielen und dabei die schwarze Null infrage stellen. Beides gehört zusammen, wenn man das Thema Nachhaltigkeit ernst nimmt. Bei der Haushaltskonsolidierung geht es darum, dass wir mit der Schuldenmacherei Schluss machen. Wir sagen: Wir dürfen künftigen Generationen keine Lasten aufbürden, und wir dürfen ihren Handlungsspielraum nicht beschneiden. Wir müssen im Sinne der kommenden Generationen handeln und wirtschaften. Das gehört genauso zur Nachhaltigkeit wie Klima-, Umwelt- und Naturschutz. Das ist die Linie der Bundesregierung und in besonderer Weise die Linie der Union. Deshalb will ich das nicht so im Raum stehen lassen.

(Beifall bei der CDU/CSU – Marie-Luise Dött [CDU/CSU]: Das muss endlich mal gesagt werden!)

Ich will an das anknüpfen, was die Bundesumweltministerin dargestellt hat: Deutschland hat in der Klimapolitik international immer eine aktive Rolle gespielt, und diese Rolle nehmen wir weiter wahr. Wir alle spüren auf den internationalen Konferenzen, dass man auf uns setzt, dass man auf unsere Vorreiterrolle setzt. Es gilt in der Tat, daran anzuknüpfen. Es stehen wichtige Entscheidungen, wichtige Schritte bevor. Da ist zum Beispiel der Europäische Rat im Oktober dieses Jahres. Auf diesem geht es darum, ehrgeizige Ziele im Rahmen der Zieltrias zu formulieren, insbesondere ein ambitioniertes Reduktionsziel zu definieren und dann in die internationale Debatte einzubringen, um zu zeigen: Wir in Europa gehen auf dem Weg weiter, den wir bisher beschritten haben, und wir wollen andere mitnehmen.

Das ist die Politik der Bundesregierung, und es ist speziell auch die Politik der Kanzlerin, die in diesem Jahr angekündigt hat, dass sich Deutschland mit 750 Millionen Euro am Green Climate Fund, also an dem Fonds, mit dem Klimaschutz in Entwicklungsländern vorangebracht werden soll, beteiligt. Wir vertrauen und setzen darauf, dass die Bundesregierung die G-7-Präsidentschaft nutzt, um Klimaschutz vor dem wichtigen Gipfel im Jahre 2015 in Paris zum Thema zu machen. Wir erinnern uns: Es war die Bundeskanzlerin, die im Rahmen der G 7 im Jahr 2007 in Heiligendamm Klimaschutz in den Mittelpunkt des internationalen Interesses und der internationalen Aufmerksamkeit gerückt hat. Daran wird jetzt angeknüpft. Auf diesem Weg unterstützen wir die Bundesregierung, die Umweltministerin und unsere Bundeskanzlerin.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Natürlich hängt unsere Glaubwürdigkeit in diesem Prozess davon ab, dass unsere CO 2 -Emissionen sinken und nicht steigen; das ist völlig unbestritten. Deshalb unterstützen wir auch die Aktivitäten für ein Aktionsprogramm Klimaschutz. Wir haben in den letzten Jahren bei unserem Vorhaben, Treibhausgasemissionen zu reduzieren, viel erreicht. Jetzt müssen wir schauen, dass sich keine Lücke auftut zwischen unseren Zielen und dem, was wir erreichen. Daran hängt unser Gewicht auch auf der internationalen Ebene. Deshalb muss jetzt noch mehr passieren; es muss noch etwas in die Waagschale.

Ich finde, dass es richtig ist, zu fragen: Woran genau liegt es eigentlich, dass wir im Moment steigende CO 2 - Emissionen haben? Es liegt eben nicht – diesen Eindruck wollen die Grünen in ihrem Antrag erwecken – an einem Abbremsen des Ausbaus der erneuerbaren Energien. Das Gegenteil ist richtig: In den ersten neun Monaten dieses Jahres ist es erstmals so, dass erneuerbare Energien die Braunkohle im deutschen Strommix überholt haben. Ökostrom ist Herbstmeister. Darüber können wir uns gemeinsam freuen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie der Abg. Annalena Baerbock [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])

Zweitens ist es richtig, dass Kohlekraftwerke effiziente Gaskraftwerke aus dem Markt drängen, weil die Zertifikatspreise beim europäischen Emissionshandel ein sehr niedriges Niveau erreicht haben. Ich finde, wir sollten unsere gemeinsamen Bemühungen darauf richten, dass es innerhalb der EU mehr Druck für Klimaschutz gibt, dass es dort noch vor 2020 eine ehrgeizige Reform gibt. Ich freue mich, dass die Bundesregierung eine zwischen den zuständigen Ministerien, also dem Ministerium für Wirtschaft und Energie sowie dem Umweltministerium, abgestimmte Position dazu hat und dass wir in Brüssel darauf drängen und sagen: Da muss jetzt etwas passieren, sonst werden wir als Europäer und auch wir als Deutsche unsere Ziele nicht erreichen können. Daher lautet die Einladung: Unterstützen Sie uns bei diesem Vorhaben und bei all diesen Gesprächen, die – Sie haben es berichtet – geführt werden.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Frank Schwabe [SPD])

Bei dem, was wir jetzt national machen können, ist mir wichtig, dass wir – Georg Nüßlein hat es angesprochen – Klimaschutz und Wirtschaftswachstum nicht gegeneinander ausspielen, sondern dass wir beides zusammenbringen. Nicholas Stern war diese Woche in Berlin. Wir hatten auch in der Unionsfraktion die Gelegenheit, ein Gespräch mit ihm zu führen. Seine Botschaft als ehemaliger Chefökonom der Weltbank und die seiner Gruppierung lautet in dem neuen Bericht: Es geht. Wir können beides zusammenbringen. Klimaschutz und Wirtschaftswachstum bedingen sich gegenseitig und stehen nicht im Widerspruch.

In diesem Zusammenhang sehen wir einen besonderen Schlüssel bei der Energieeffizienz. Wir haben uns vorgenommen – Stichwort „Nationaler Energieeffizienz- Aktionsplan“ –, mehr Strom einzusparen und mit Strom effizienter umzugehen. Das ist gut für die Umwelt, und es ist wirtschaftlich. Deshalb ist es richtig, dass wir da mehr tun.

Ich bin der Meinung, dass eines wieder auf die Tagesordnung muss: die steuerliche Förderung energetischer Sanierung, die steuerliche Förderung der Gebäudesanierung. Denn viele von uns glauben, dass dies ein besonders guter Anreiz ist, um hier voranzukommen.

(Beifall des Abg. Christian Kühn [Tübingen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Herr Hofreiter, ich bitte Sie und Ihre Kolleginnen und Kollegen der Grünen, hier mitzuhelfen. Dies haben wir in der letzten Legislaturperiode im Deutschen Bundestag beschlossen. Es wird jedoch von den Ländern blockiert. Von daher bitte ich Sie, Ihre grünen Kollegen in den Ländern, den grünen Ministerpräsidenten von Baden- Württemberg und die grünen Minister in den Ländern davon zu überzeugen, mitzumachen,

(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was ist mit den Sozialdemokraten, mit den Christdemokraten in den Ländern? Die blockieren das genauso! Haben Sie einen Vorschlag? Wir haben einen Vorschlag eingebracht!)

damit wir hier einen neuen Anlauf unternehmen und beim Thema Energieeffizienz endlich vorankommen können. Die Aufgabenverteilung kann doch nicht sein, dass die einen laute Forderungen erheben und die anderen es bezahlen. Wenn die Energiewende ein Gemeinschaftswerk ist, dann müssen alle mitmachen. Das wäre richtig und gut.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Herr Jung, lassen Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Kühn von den Grünen zu?

Gerne.

Danke, Herr Jung, dass Sie die Zwischenfrage zulassen. – Meine Zwischenfrage bezieht sich natürlich auf die steuerliche Förderung. Wir Grünen sind es, die das Thema der steuerlichen Förderung und der steuerlichen Absetzbarkeit der Kosten der energetischen Sanierung in dieser Legislaturperiode erneut in den Deutschen Bundestag eingebracht haben. Die Große Koalition hat jedoch dagegen gestimmt. In Wahrheit ist es doch so, dass sich diejenigen in der Unionsfraktion, die dafür sind, nicht gegen Schäuble durchsetzen können und es daher nicht erneut auf die Tagesordnung setzen können.

Eines kann ich Ihnen sagen: Sie brauchen Winfried Kretschmann nicht katholischer zu machen, als er ist. Winfried Kretschmann und der baden-württembergische Umweltminister Franz Untersteller setzen sich vehement für die steuerliche Absetzbarkeit bei der energetischen Sanierung ein. Das Land Baden-Württemberg ist ein Vorreiterland. Wir beide kommen aus Baden-Württemberg und wissen, wie groß die Herausforderung in der Wärmetechnologie ist. Ich erwarte da ganz klar, dass diese Bundesregierung mehr macht.

Deswegen frage ich Sie: Wie wollen Sie die Forderung, die Sie gerade erhoben haben, hier in den parlamentarischen Betrieb einbringen?

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Bleiben wir doch bei den Fakten. Die Fakten sind, dass die steuerliche Förderung der energetischen Sanierung nicht an Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble gescheitert ist. Der hat sie nämlich mit vorgeschlagen; der hat sie mit unterstützt.

(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Machen Sie doch mal einen neuen Vorschlag!)

Wir haben dies hier gemeinsam beschlossen. Wir haben es nicht nur diskutiert, wir haben dies hier im Deutschen Bundestag beschlossen. Am Ende ist es daran gescheitert, dass die Länder nicht mitgemacht haben.

(Zuruf von der CDU/CSU: Ganz genau!)

Die Voraussetzung ist doch, dass wir es gemeinsam machen. Jeder muss dazu eine Schippe beitragen, weil es ein Gemeinschaftswerk ist.

Ich zweifele doch nicht an der katholischen Haltung von Herrn Kretschmann, aber ich zweifele an dem Abstimmungsverhalten. Und das Abstimmungsverhalten war so, dass die Länder – leider auch mein Land Baden- Württemberg – dagegen gestimmt haben.

(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Bayern hat dagegen gestimmt, Sachsen, Niedersachsen, CDU-regiert, auch!)

Wenn Sie uns jetzt hier im Deutschen Bundestag mitteilen, dass Baden-Württemberg seine Haltung geändert hat und Baden-Württemberg beim nächsten Mal, wenn das Ganze zur Abstimmung steht, sagt, man sei nicht nur dafür, sondern auch dazu bereit, selber etwas dazu beizutragen, weil es sehr wichtig sei, dann wird es sicherlich gelingen, dass wir gemeinsam dieses wichtige Vorhaben umsetzen und bei der Energieeffizienz vorankommen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Ute Vogt [SPD])

Das ist ein wichtiger Punkt, aber nicht der einzige Punkt. Das Aktionsprogramm für Energieeffizienz muss weitere Bestandteile haben. Wir müssen deutlich machen, dass das Gebäudesanierungsprogramm verstetigt wird, dass es vereinfacht wird, dass es gut möglich ist, hierfür Zuschüsse zu bekommen.

Ferner müssen wir den Gebäudeenergieausweis noch einmal unter die Lupe nehmen und der Frage nachgehen, wie wir ihn noch aussagekräftiger machen. Gemeinsam mit einer Beratungsoffensive, auch gemeinsam mit regionalen Sanierungsnetzwerken können wir hier etwas in Gang bringen, was am Ende nicht nur der Umwelt und dem Klima, sondern auch dem Handwerk und dem Mittelstand nutzt.

Wollen Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten Paus von den Grünen zulassen?

Das trägt ja nicht zuletzt zur Verlängerung meiner Redezeit bei; deshalb gerne.

Herr Jung, da Sie und ich wissen, dass die steuerliche Förderung der energetischen Gebäudesanierung nicht an den Grünen, sondern an der SPD gescheitert ist, und Sie jetzt mit der SPD eine Große Koalition bilden, frage ich Sie – Sie haben dieses Thema jetzt aufgeworfen –, ob ich Sie richtig verstehe, dass Sie hier heute ankündigen, dass es in dieser Legislaturperiode noch einmal einen Gesetzentwurf von CDU und SPD zur steuerlichen Förderung der energetischen Sanierung geben wird. Und könnten Sie mir nach Möglichkeit sogar ein Datum – vielleicht nächstes Jahr – nennen?

Ich bedanke mich zunächst einmal für Ihr Zutrauen: Sie glauben ja, dass es mir möglich ist, konkrete Vorhaben der Bundesregierung anzukündigen. Ich bin jedoch „nur“ ein Abgeordneter einer Regierungsfraktion.

(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt werden Sie aber nicht pimpelig! Den Bundesrat hier kritisieren und dann das! Das ist doch unglaublich!)

Zweitens. Wenn Sie sagen, dieses Vorhaben sei nicht an den Grünen gescheitert, sondern an der SPD, dann muss ich Ihnen sagen: So genau kenne ich das Innenleben der rot-grünen Landesregierungen nicht, dass ich nachvollziehen könnte, an wem dieses Vorhaben im Einzelnen gescheitert ist.

(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: In Berlin regiert meines Wissens kein Grüner!)

Das war im Übrigen auch gar nicht mein Thema. Ich hatte vorher gesagt: Es ist an den Ländern gescheitert.

(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie ist das mit Bayern? Herr Jung, wieso hat Bayern dagegen gestimmt?)

Deshalb sollten wir dazu kommen, zu fragen, wie wir gemeinsam weiterkommen.

Ich hatte vorher gesagt: Es geht jetzt gar nicht darum, ein Datum festzulegen, sondern es geht um den Prozess. In dem Moment, in dem die Länder sagen: „Wir sind bereit, hier mitzumachen und das Ganze mitzufinanzieren“, werden wir – da bin ich sicher – dieses Vorhaben gemeinsam beschließen können.

(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das sagen alle Grünen in den Ländern!)

Wir haben das hier schon beschlossen. Jetzt liegt der Ball bei den Ländern. Wenn diese zustimmen, können wir das gemeinsam machen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Ute Vogt [SPD])

Mein letzter Punkt richtet sich an uns alle: im Bund, in den Ländern und in den Kommunen. Wenn wir uns erhoffen, dass private Hausbesitzer und gewerbliche Gebäudeeigentümer ihre Gebäude sanieren, dann müssen wir selber mit gutem Beispiel vorangehen. Die Sanierungsquote bei öffentlichen Gebäuden ist zu gering und bleibt hinter den Erwartungen und hinter den Zielen zurück. Wir müssen diese Quote mindestens verdoppeln. Das ist eine besondere Herausforderung für uns alle: Das, was wir von anderen erwarten, müssen wir auch selber machen.

(Beifall des Abg. Klaus Mindrup [SPD])

Deshalb muss dieser Punkt in dem Programm enthalten sein. Dann bin ich sicher, dass wir für Energieeffizienz etwas erreichen. Dann bin ich sicher, dass wir insgesamt mit dem Aktionsprogramm Klimaschutz vorankommen.

In diesen Bereich gehört auch – das ist angesprochen worden – das Thema Verkehr, nachhaltige Mobilität und Elektromobilität. Nachdem die entsprechenden Modelle auf dem Markt sind, ist das für uns das Signal: Jetzt geht es los. Jetzt müssen wir voranschreiten. Wir müssen gerade auch Unternehmen ermuntern und einen Anreiz dazu geben, ihren Fuhrpark umzurüsten. Es gibt also ein ganzes Paket, das wir zu diskutieren haben. Es muss etwas passieren.

Vielen Dank für die Zusammenarbeit.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, jetzt hat die Kollegin Eva Bulling-Schröter zu einer Kurzintervention das Wort.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/3965777
Wahlperiode 18
Sitzung 57
Tagesordnungspunkt Klimapolitik
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