Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Frau Ministerin, wenn schon die Opposition bescheinigt, dass sich Deutschland bei der Klimapolitik im oberen Mittelfeld befindet, und wenn wir die übliche Oppositionskritik, die immer geübt werden muss, unberücksichtigt lassen, dann können wir zu Recht sagen: Wir sind stolz darauf, dass Sie entschlossene und pragmatische Schritte gehen und merklich vorankommen, und zwar sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo denn? Bitte nennen Sie ein konkretes Beispiel!)
Der aktuelle UN-Bericht, der New Climate Economy Report, mit dem Titel „Better Growth, Better Climate“ zeigt uns für die nächsten 15 Jahre noch einmal tiefgreifende Strukturveränderungen auf. Die Weltwirtschaft wird weiterhin rasant wachsen. Eine halbe Milliarde Menschen wird zusätzlich in die Städte ziehen, um dort zu leben. Das bedeutet, dass circa 90 Billionen US-Dollar in Städte, Landnutzung, Infrastruktur und Energieversorgung investiert werden müssen. Entscheidend wird tatsächlich sein – da muss ich den grünen Kollegen recht geben –, dass diese Investitionen der Zukunft die richtige Qualität haben. Der Ausbau der erneuerbaren Energien zum Beispiel darf nicht nur in Deutschland, sondern muss auch in Europa Ziel sein. Das Gleiche gilt für die Finanzierung einer besseren Wärmedämmung im Gebäudebereich. Bund und Länder sind hier gefragt und sollten noch einmal den Versuch unternehmen, sich zu einigen. Am Ende entscheiden die Höhe und die Richtung der Investitionen über die Entwicklung des Weltklimasystems. Machen wir so weiter wie bisher, ohne eine qualitative Wende vorzunehmen, dann wird sich das Klima am Ende dieses Jahrhunderts um 4 Grad erwärmt haben.
Frau Kollegin Vogt, lassen Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Baerbock zu?
Ja.
Vielen Dank. – Frau Vogt, da Sie so explizit auf den UN-Bericht „Better Growth, Better Climate“ und die Investitionen, die in den nächsten Jahrzehnten getätigt werden, sowie auf das Volumen der Mittel, die dort umgelenkt werden könnten, eingegangen sind: Wie stehen Sie und Ihre Fraktion zu der Schlussfolgerung dieses Berichts, dass es einen Ausstieg aus der Subventionierung der fossilen Energieträger geben muss? Setzt sich die SPD-Fraktion innerhalb der Regierung dafür ein, dass unter deutscher G-7-Präsidentschaft der Ausstieg aus der weltweiten Energiesubventionierung im fossilen Bereich eingeleitet wird und dass sich die G 7 bzw. die G 20 im Rahmen des neuen Klimaabkommens dazu verpflichten, bis 2020 aus der Subventionierung der fossilen Energieträger auszusteigen?
Sie haben es vorhin schon zitiert, liebe Kollegin, dass die Frau Ministerin bereits die ersten Schritte gemacht und auch angekündigt hat, dass es keine Neufinanzierung von Kohleförderung in diesem Bereich geben wird. Ich denke, das ist der erste Schritt.
(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ein Drittel!)
Wir alle gemeinsam haben den Auftrag, die Förderung fossiler Energien dramatisch weiter zu reduzieren. Wir arbeiten im Moment auf vielen Baustellen daran. Das gilt nicht zuletzt aktuell auch für die Frage, wie wir die Förderung von fossilem Schiefergas durch Fracking einschränken können. Sie sehen also, dass wir genau auf dem Weg sind, uns diesen Schlussfolgerungen zu nähern.
(Beifall bei der SPD – Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie hat nach den Subventionen gefragt, dazu haben Sie nichts gesagt!)
Ich denke, dass es am Ende dieses Jahres ein Programm geben wird, mit dem wir die längst überfälligen Maßnahmen zur Effizienzsteigerung angehen werden. Wir alle in diesem Haus sollten uns noch einmal bewusst werden: Wenn es um Spielräume geht, energetisch etwas fürs Klima zu tun, dann betrifft das nicht allein die Energiewende bzw. die erneuerbaren Energien, sondern vor allem die effiziente Nutzung von Energie. Weiter geht es dabei um die Frage, wie wir Energie – sowohl in der industriellen Produktion als auch im Rahmen der Bauwirtschaft – einsetzen. Deshalb ist es gut, dass Ministerin Hendricks hier angekündigt hat, dass sich sowohl das Wirtschaftsministerium als auch das Umweltministerium diesem gemeinsamen Klimaziel eng verbunden fühlen. Es war in der Vergangenheit nicht immer selbstverständlich, dass das Wirtschaftsministerium hier voll mitzieht. Das freut uns als Sozialdemokraten natürlich ganz besonders.
(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Marie- Luise Dött [CDU/CSU])
Kollege Jung, ich stimme mit Ihnen überein: Es wird darum gehen, dass wir auch im Haushalt des kommenden Jahres die richtigen Prioritäten setzen; denn es ist so, dass wir insbesondere für Maßnahmen zur Effizienzsteigerung ganz praktisch Geld in die Hand nehmen müssen. Wir sind gemeinsam stolz auf die „schwarze Null“, wie Sie es gerne nennen. Trotzdem müssen wir uns aber überlegen, wie wir Gelder generieren – ob durch zusätzliche Einnahmen oder aus vorhandenen Haushaltsmitteln –, um beim Thema Effizienz nicht nur Ziele zu beschreiben, sondern unser selbstgestecktes Ziel auch zu erreichen.
Die Luftverschmutzung in Deutschland verursacht allein dadurch, dass sie existiert, Kosten in Höhe von etwa 5,8 Prozent des Bruttosozialprodukts. Wenn wir bereit sind, Geld in die Hand zu nehmen, werden wir am Ende nicht nur unser ehrgeiziges Ziel – 40 Prozent minus bis 2020 – erreichen, sondern wir werden auch Geld sparen; denn die Kosten, die Umweltverschmutzung heute verursacht, können wir dadurch in Zukunft vermeiden.
(Beifall bei der SPD)
Am Ende wird es nicht nur um unsere abstrakten oder konkreten Ziele gehen, sondern für viele Menschen auf dieser Welt geht es bei diesem Thema schlichtweg ums Überleben. Es gibt weit über 600 Millionen Menschen, die in Küstengebieten – knapp zehn Meter über dem Meeresspiegel oder sogar darunter – ihre Wohnung und ihren Lebensmittelpunkt haben. Diesen Menschen – nicht nur uns – sind wir jegliche Anstrengung schuldig. Das muss weltweit gelten, um das Klimaziel, welches wir uns gesetzt haben, zu erreichen.
Ich freue mich, dass wir in der Zielsetzung – jedenfalls hier im Haus – einer Meinung sind. Ich denke, es tut diesem Parlament gut, den Streit über die richtigen Instrumente aufzunehmen, damit wir 2020 sagen können: Ziel erreicht!
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Als nächste Rednerin hat die Kollegin Dr. Anja Weisgerber das Wort.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/3965782 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 57 |
Tagesordnungspunkt | Klimapolitik |