Anja WeisgerberCDU/CSU - Klimapolitik
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Zurzeit führen wir fast jede Sitzungswoche eine Debatte zur Klimapolitik. Als Klimapolitikerin sage ich: Das ist auch gut so; denn sie ist wichtig. Wir befinden uns momentan in einer entscheidenden Phase; wir sind nämlich auf dem Weg zum europäischen Gipfel zu den Klimazielen und zum internationalen Klimagipfel in Lima und dann auch in Paris.
(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dazu hat Ihre Ministerin nichts gesagt!)
In diesem Punkt, denke ich, sind wir uns alle einig. Nur über den richtigen Weg dorthin gibt es unterschiedliche Vorstellungen. Es ist meiner Meinung nach richtig, dass wir um diesen Weg ringen und darüber diskutieren – und das auch einmal zur Kernzeit.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Klimapolitik durchzusetzen und dafür Unterstützer zu finden, die auch ganz konkrete Maßnahmen mittragen, ist nicht einfach, weil wir heute handeln und investieren müssen, aber die negativen und auch die positiven Folgen dieser Maßnahmen erst Jahre oder auch Jahrzehnte später spürbar sind.
Der bereits viel zitierte Bericht der „Globalen Kommission für Wirtschaft und Klima“ unter Mitwirkung des ehemaligen Chefökonoms der Weltbank Nicholas Stern hat uns jetzt aktuell vor Augen geführt: Entscheidend ist, wie stark wir in den nächsten 10 bis 15 Jahren in mehr Energieeffizienz und den Umbau zu klimaschonenderen Technologien investieren, und zwar bei uns und in anderen Ländern der Welt. Dabei müssen wir besonders darauf achten, dass die Entwicklungs- und Schwellenländer, die aufstrebend sind und deren Wirtschaft wächst, ihre Wirtschaft von Beginn an mit klimaschonenden Technologien aufbauen. Wir müssen sie zum Beispiel auch durch den Grünen Klimafonds dabei unterstützen.
Die Wissenschaftler sagen auch ganz klar, dass das Kind noch nicht in den Brunnen gefallen ist, wenn wir jetzt handeln. Dass so etwas gelingen kann, zeigt das Beispiel Ozon. Eine solche Zusammenarbeit wie damals in den 80er-Jahren bei der Eindämmung des FCKW brauchen wir auch jetzt bei der Reduzierung der Treibhausgase, und das muss weltweit gelingen.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Wir brauchen den großen Wurf. Wir sagen auch: Wir werden ganz intensiv für diesen großen Wurf auf internationaler Ebene kämpfen und die Bundesregierung dabei unterstützen. Eines sage ich auch noch einmal ganz klar: Natürlich müssen wir Deutsche eine Vorbildfunktion und auch eine Vorreiterrolle übernehmen und unsere eigenen Hausaufgaben machen, was wir im Übrigen mit dem Klimaaktionsprogramm auch tun. Das wissen Sie ganz genau. Aber der Klimawandel ist und bleibt eine weltweite Herausforderung. Es gilt nach wie vor: Alleine in Deutschland können wir das Klima nicht retten.
(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Deshalb machen Sie zur Sicherheit erst einmal gar nichts!)
Genau da unterscheidet sich unsere Position von der der Grünen. Sie fordern ein Klimaschutzgesetz in Deutschland mit ordnungsrechtlichen Maßnahmen auf nationaler Ebene. Wir bevorzugen, vor allem den europäischen und internationalen Ansatz zum Erfolg zu führen.
(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber Sie tun nichts dafür!)
Wir sind gegen Alleingänge in Deutschland wie zum Beispiel mit dem von Ihnen vorgeschlagenen nationalen CSU – –
(Heiterkeit beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
– CO 2 -Mindestpreis. Wir sind auch gegen die von Ihnen, Herr Krischer, ständig geforderte CO 2 -Steuer auf nationaler Ebene.
(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: CSU-Steuer! Sehr gut! Erzählen Sie doch etwas zu Herrn Seehofer! Auch ein schönes Thema!)
Wir dürfen uns nicht auf die nationale Ebene zurückziehen. Das bringt uns nicht weiter im internationalen Kampf gegen den Klimawandel, sondern das wirft uns zurück und benachteiligt uns im europäischen Wettbewerb und gefährdet Arbeitsplätze. Genau das können wir nicht wollen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Wir setzen auf ehrgeizige Ziele in Deutschland, Europa und der Welt und wollen Anreize im Steuersystem und nicht Ordnungsrecht.
Deshalb gehe ich zunächst auf die Klimapolitik in Europa und der Welt ein. Die Klimapolitik ist eine politische Priorität unserer Bundeskanzlerin, für die sie sich persönlich und politisch engagiert.
(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da kriegen wir aber nichts von mit! – Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das macht sie sehr im Geheimen!)
Da zählen für mich vor allem die Maßnahmen, die die Bundeskanzlerin und die Bundesregierung ergreifen, und nicht irgendwelche Reden, getreu dem Motto: Wir reden nicht nur, sondern wir handeln.
(Annalena Baerbock [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wann? – Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo?)
Zu den Handlungen:
Erstens. Bei der laufenden G-7-Präsidentschaft ist der internationale Klimaschutz dank Angela Merkel ein Kernthema. Das kann für den Durchbruch auf internationaler Ebene mitentscheidend sein. Das wurde auch schon von der einen oder anderen grünen Politikerin so gesagt.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Zweitens. Angela Merkel hat 750 Millionen Euro für den Grünen Klimafonds zugesagt und sich damit an die Spitze gesetzt. Damit unterstützen wir Entwicklungs- und Schwellenländer – ich habe es gerade erwähnt; es ist sehr wichtig – auch bei dem Aufbau einer CO 2 -armen Wirtschaft. Es ist sehr erfreulich, dass auch andere Länder jetzt mitmachen, unter anderem Mexiko, und angekündigt haben, ebenfalls in diesen Fonds einzuzahlen.
Drittens – eine weitere Tat der Kanzlerin und der Bundesregierung –: Deutschland setzt sich in Brüssel ganz klar immer wieder für diese ambitionierten und realistischen Klimaziele ein sowie für die bewährte Zieltrias. Da sind wir jetzt wirklich in der entscheidenden Phase. Wir bewegen uns in diesem Zusammenhang politisch aber auf einem schmalen Grad. Wenn wir die Forderungen bezüglich der europäischen Klima- und Energieziele zu niedrig ansetzen, ist Europa nicht ambitioniert genug, und wir brauchen ein gutes Ergebnis auf europäischer Ebene, damit wir in Lima und Paris mit dem entsprechenden Rückenwind verhandeln können. Das steht ganz außer Zweifel.
(Beifall der Abg. Ulli Nissen [SPD])
Verlangen wir aber zu viel, dann springen die anderen EU-Staaten ab, und wir fahren mit leeren Händen nach Lima. Das kann auch nicht gut sein. Genau in dieser entscheidenden Phase, wo einiges abgewogen werden muss, wo auch gesprochen werden muss, wo überzeugt werden muss, wo die anderen EU-Mitgliedstaaten mitgezogen werden müssen – als ehemalige Europaabgeordnete weiß ich, wie schwierig das ist –, befinden wir uns. Wir müssen die Bundesregierung dabei unterstützen, dürfen ihr nicht ständig Knüppel zwischen die Beine werfen und sollten nicht pessimistisch sein, wie das bei den Grünen so üblich ist.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)
Im Übrigen muss ich auch sagen: Die Umsetzung des Vorschlags der Grünen, dem Klima- und Energiepaket 2030 nicht zuzustimmen, sollten die Ziele nicht ambitioniert genug sein, kommt letztendlich einem Genickbruch gleich. Deutschland gewinnt in Europa nicht an Glaubwürdigkeit, wenn wir letztendlich das ganze Abkommen boykottieren und wenn keine europäischen Ziele zustande kommen. Das können auch Sie nicht wollen.
(Christian Kühn [Tübingen] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Ziele, die nichts bringen, bringen auch nichts!)
Zentrales Element der europäischen Klimaschutzpolitik ist der Emissionshandel. Er ist das richtige Instrument, da er auf den Markt setzt und CO 2 reduziert. Durch einen europäischen und internationalen Rahmen schaffen wir gleiche Wettbewerbsbedingungen. So können Klimaschutz und Wirtschaftswachstum Hand in Hand gehen, wie es auch der Stern-Report darlegt.
Die EU ist der beste Beweis dafür, dass es geht. Obwohl die Treibhausgasemissionen in der EU seit 1990 um 19 Prozent gesunken sind, ist das Bruttoinlandsprodukt im gleichen Zeitraum um 45 Prozent gestiegen. Das heißt: Steigendes Wirtschaftswachstum und trotzdem sinkender CO 2 -Ausstoß, das geht, auch dank des Emissionshandels. Es ist erfreulich, dass auch andere Regionen in der Welt, etwa in China, Mexiko, den USA und Indien, auf eine Art Emissionshandel setzen und dieses Instrument voranbringen. Der Emissionshandel ist und bleibt das Instrument im Kampf gegen den Klimawandel. Deshalb setzen wir uns auch in Brüssel für eine nachhaltige Reform dieses Emissionshandels ein. Ich sage an dieser Stelle auch ganz klar: Die von der Europäischen Kommission vorgeschlagene Marktstabilitätsreserve ist meiner Meinung nach ein guter Vorschlag, den wir allerdings noch im Detail diskutieren müssen.
Aber eines möchte ich auch deutlich sagen: Ein Mindestpreis für CO 2 -Zertifikate ist meiner Meinung nach nicht der richtige Schlüssel zu einem funktionierenden Emissionshandel. Und: Nationale Auflagen zur Einsparung von CO 2 , wie sie auch von Ihrer Seite des Öfteren gefordert werden, bringen dem Klimaschutz an dieser Stelle nichts. Ich sage Ihnen auch, warum: Erreichen wir unsere Klimaziele durch rein nationale Maßnahmen, benötigen wir dafür in Deutschland weniger CO 2 -Zertifikate; denn für jede Tonne CO 2 , die man in Deutschland zum Beispiel wegen einer Steuer weniger emittiert, wird ein Zertifikat weniger verbraucht. Die Folge ist dann: Die Zertifikatspreise sinken weiter, und Investitionen in klimafreundliche Technologien lohnen sich noch weniger. Die Emissionen werden also nur verlagert: von Deutschland nach Polen, nach Italien oder nach Frankreich. Dem Klima ist damit unter dem Strich nicht geholfen. Ich denke mal, das können auch Sie an dieser Stelle nicht wollen.
Dennoch leisten wir mit dem Aktionsprogramm Klimaschutz jetzt einen wichtigen Beitrag, um auch auf nationaler Ebene die Lücke zu schließen. Ein wichtiges Instrument ist die steuerliche Absetzbarkeit der Kosten von Energieeffizienzmaßnahmen. Da sollten wir alle an einem Strang ziehen und uns nicht ständig gegenseitig den Schwarzen Peter zuspielen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, als nächster Redner hat Frank Schwabe das Wort.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/3965823 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 57 |
Tagesordnungspunkt | Klimapolitik |