Frank SchwabeSPD - Klimapolitik
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube schon jetzt: Barbara Hendricks wird positiv in die Geschichte des deutschen Klimaschutzes eingehen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Warum? Weil sie uns ehrlich gemacht hat in der Frage „Wo stehen wir eigentlich?“! Das war zum Teil eine Krückerei in den letzten Jahren. Wir haben Ziele vorgegeben, die wir alle teilen – das muss man noch einmal deutlich machen: wir alle sind für das Ziel der Reduktion um 40 Prozent bis zum Jahr 2020; da gibt es große Einigkeit –, aber auf dem Weg dahin war gar nicht klar, wo wir eigentlich stehen. Jetzt haben wir uns ehrlich gemacht. Dafür hat diese Ministerin gesorgt. Das ist schon ganz viel wert, weil das nämlich die Grundlage ist, um darüber zu diskutieren: Was muss jetzt eigentlich getan werden?
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Das letzte Programm, das wirklich umfassend dargelegt hat, was getan werden muss, war mit dem Namen Meseberg verbunden, und das war im Jahr 2007. Deswegen habe ich schon in der Debatte Anfang dieses Jahres darüber geredet, dass wir so etwas wie ein Meseberg II brauchen. Noch einmal: Bei den Zielen sind wir uns einig, aber in der Frage „Wo sind wir bei der Zielerreichung, und was muss jetzt getan werden, um die Lücke zu schließen?“ ist jahrelang nichts passiert. Jetzt passiert etwas, und das ist mit dem Namen Barbara Hendricks verbunden.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Ich glaube im Übrigen, dass uns das nicht wieder passieren darf. Deswegen brauchen wir ein Konstrukt, das wir im nächsten Jahr miteinander diskutieren. Das kann man dann „Klimaschutzplan mit Gesetzescharakter“, „Gesetz mit Plancharakter“ oder wie auch immer nennen; wir brauchen etwas für die Selbstvergewisserung. Es geht gar nicht darum, jedenfalls aus meiner Sicht, bis ins Detail vorzuschreiben, wer wo wie was tun muss, aber wir brauchen einen Mechanismus, der uns zeigt, wo wir bei der Zielerreichung stehen. Sonst werden wir unsere Ziele wieder verfehlen.
(Beifall bei der SPD)
Das, was wir jetzt vor uns haben, ist kein Schnellschuss, Toni Hofreiter, sondern das ist ein Aktionsprogramm Klimaschutz 2020, über das man natürlich ein bisschen diskutieren muss, auch innerhalb der Bundesregierung. Man muss gucken: Wie kann man die Lücke zum 40-Prozent-Ziel schließen? Was wichtig ist, ist noch einmal das Signal dieses Hauses: Wir wollen die Lücke zum 40-Prozent-Ziel schließen. – Was wir brauchen, ist, dass alle daran mitwirken. Das ist eine Kärrnerarbeit, die in den nächsten Monaten geleistet werden muss. Dabei müssen alle Ministerien und alle, die in den Arbeitsgruppen im Bundestag Verantwortung tragen, sagen, wo eigentlich Potenziale zu heben sind, damit man am Ende auf die 40 Prozent kommt. Insofern, glaube ich, braucht Barbara Hendricks die Unterstützung nicht nur der Koalition, sondern des gesamten Hauses.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das heißt, es gibt ein langfristiges Programm?)
Zum Thema Europapolitik. Ich finde es ja gut, Frau Kollegin Baerbock, dass Sie deutlich gemacht haben, dass wir aus Ihrer Sicht im oberen Mittelfeld sind. Das ist für eine Oppositionssicht nicht so schlecht. Ich würde sagen – dies ist eine etwas andere Beschreibung der Geschichte –: Wir in Deutschland waren einmal absolute Spitze; das kann man, glaube ich, nicht bestreiten. Wir sind in den letzten Jahren allerdings abgefallen. Wir sind Bremser gewesen bei der Reform des Emissionshandels. Wir sind Bremser gewesen auf europäischer Ebene beim Thema Energieeffizienz, leider auch beim Thema Teersandöle. Auch da haben wir in den letzten Jahren keine konstruktive Rolle gespielt. Aber das ist aufgelöst worden, und auch das ist verbunden mit dem Namen Barbara Hendricks, die in enger Kooperation mit Sigmar Gabriel handelt.
Wir haben die Blockadehaltung bei der Reform des Emissionshandels aufgelöst. Wir haben nun Kenntnis darüber, ob wir unser 40-Prozent-Ziel in Deutschland einhalten können. Im Übrigen haben wir auch in einem weiteren Bereich eine Lösung hinbekommen: Beim Thema Fracking hatten wir, wenn ich das so nebenbei sagen darf, vier Jahre lang nichts an Gesetzesvorschlägen gesehen. Jetzt haben wir Gesetzesvorschläge, und die SPD ist ganz optimistisch, dass diese in den nächsten Wochen in den Bundestag eingebracht werden können, damit wir zu einem Fracking-Verbot in Deutschland kommen.
(Beifall bei der SPD)
Wir sind beim Thema „Ziele für 2030“ – um das noch einmal zu betonen – am progressiven Ende der europäischen Debatte. Wir sind bei den Vorschlägen zur Reform des Emissionshandels ebenfalls am progressiven Ende der Debatte. Dazu allerdings will ich schon etwas Kritisches sagen, ein bisschen anders als es Frau Dr. Weisgerber hier deutlich gemacht hat. Wenn wir das 40-Prozent-Ziel deutschlandweit ernst nehmen – wir wissen, dass die Hälfte des Anteils an der Reduktion von CO 2 aus den Sektoren kommt, für die der Emissionshandel zuständig ist –, dann müssen wir uns klarmachen, dass wir unser nationales Ziel gar nicht erreichen können, wenn der Emissionshandel europäisch nicht funktioniert. Deswegen ist völlig klar, dass wir alles tun wollen und Vorschläge unterbreiten wollen, damit der Emissionshandel funktionsfähig ist, wir kein weiteres Umswitchen in Richtung Braunkohle sehen und wir Gas sowie erneuerbare Energien nach vorn bringen.
Ich sage aber auch gleichzeitig denen, die versuchen, eine solche Reform zu verhindern – da gibt es in Deutschland welche, die da unterwegs sind und die auch mit europäischen Partnerländern über Bande spielen –: Wenn die Reform nicht gelingen sollte, müssen wir trotzdem eine Antwort darauf finden, wie wir denn eigentlich das 40-Prozent-Ziel erreichen wollen; denn wir wollen es ja nicht aufgeben. Wenn das dann innerhalb kürzester Zeit auf europäischer Ebene nicht gelingt, dann brauchen wir ein Nachdenken darüber – das ist in meiner Fraktion, in meiner Partei nicht abgestimmt, aber ich sage das als Diskussionsanreiz –, wie der Kraftwerkspark aussehen soll, damit wir die Ziele anders erreichen können. Ein Mittel kann das Aufstellen von Energieeffizienzzielen sein, wie es in den USA diskutiert wird. Das kann aus meiner Sicht aber auch die Einführung von Preisuntergrenzen sein.
(Zuruf der Abg. Annalena Baerbock [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Ich will zum Schluss durchaus optimistisch noch einmal einen internationalen Ausblick geben. Herr Dr. Nüßlein hat in der Debatte gesagt, es kommt am Ende auf die Grenzkosten für die Kilowattstunde Strom an. Das Gute ist – das hat Sir Nicholas Stern, der anscheinend in dieser Woche bei vielen zu Besuch war, noch einmal deutlich gemacht –, dass mittlerweile international gesehen die erneuerbaren Energien bei den Grenzkosten besser dastehen als viele andere: beispielsweise Atom und fossile Energieträger. Deswegen glaube ich, dass wir aus ökologischen Gründen, aus volkswirtschaftlichen Gründen, aber auch aus betriebswirtschaftlichen Gründen mittlerweile weltweit eine ganz gute Entwicklung sehen und wir wirklich einen massiven Ausbau der erneuerbaren Energien bekommen werden.
Das, glaube ich, kann man am Schluss noch einmal einvernehmlich sagen: Es gab Gegner in Deutschland, und es gab Leute, die das vorangetrieben haben – Hermann Scheer und andere –, aber schließlich war es Deutschland, das es geschafft hat, die erneuerbaren Energien so zu fördern, dass wir diesen Wechsel weltweit sehen können. Ich glaube, darauf können wir gemeinsam stolz sein.
Glück auf!
(Beifall bei der SPD)
Als nächster Redner hat der Kollege Oliver Grundmann das Wort.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/3965824 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 57 |
Tagesordnungspunkt | Klimapolitik |