Dirk WieseSPD - Hungerbekämpfung
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Hätten alle von uns am heutigen Tage einen Wunsch frei, so wären wir uns mit Sicherheit auf der Stelle einig, das Leiden von weit über 1 Milliarde Menschen in der Welt an alltäglichem Hunger, Mangelernährung und deren tödlichen Folgen umgehend zu beenden. In der UN-Menschenrechtscharta ist nämlich das Recht auf Nahrung in Artikel 25 festgeschrieben. Dieses Recht auf Nahrung ist allerdings das am meisten und am massivsten verletzte Menschenrecht der heutigen Zeit.
Aus der Tatsache heraus, dass wir in Deutschland keinen Hunger leiden müssen und in einer Wohlstandsgesellschaft leben, haben wir eine Verantwortung, uns für die Sicherung der Welternährung einzusetzen. Daher hat die Bundesrepublik Deutschland in den letzten Jahren unter anderem die Mittel für die FAO von 10 Millionen Euro auf 15 Millionen Euro aufgestockt und im Koalitionsvertrag beschlossen, dass wir insbesondere die ländliche Entwicklung weiter fördern wollen.
Wir müssen aber auch unser Verhalten einmal kritisch hinterfragen. Ich will Ihnen ein Beispiel nennen: Die Bilder, die wir mit Blick auf die nächste Hungerkatastrophe im Fernsehen sehen werden, werden uns betroffen machen, ja, uns schockieren. Spendenaufrufe werden folgen. Die Kameras werden eine kurze Zeit die Weltöffentlichkeit in ihren Bann ziehen. Dann wird zur nächsten Krise weitergezogen. Doch diese Bilder wiederholen sich leider im wiederkehrenden Rhythmus.
Aber zurück zu Ihrem Antrag. Wenn wir ihn so beschließen und auf den Weg bringen, können wir uns dann einfach zurücklehnen und sagen: „Alles wird gut“? Ich glaube, nicht, und zwar gerade dann nicht, wenn Sie behaupten, dass das Hungerproblem gelöst werden kann, indem die Länder dazu angehalten werden, Reformen ohne Einbeziehung des privaten Sektors durchzuführen.
In seinem Buch Die Zukunft: Sechs Kräfte, die unsere Welt verändern schreibt Al Gore:
Und weiter:
Von den Herausforderungen der zunehmenden Verstädterung wird gar nicht erst gesprochen.
Nehmen wir einmal das Beispiel Indien; mein Kollege Sascha Raabe hat schon darauf hingewiesen. Als stellvertretender Vorsitzender der Deutsch-Indischen Parlamentariergruppe bin ich, ehrlich gesagt, immer wieder schockiert und fassungslos, wenn ich die Möglichkeit habe, durchs Land zu fahren, und die alltägliche umfassende Armut sehe. Ich gebe auch offen zu, dass es erschreckend ist, wie schnell man sich an den Anblick von Armut gewöhnen kann. Als ich 2010 vor Ort gearbeitet habe, musste ich das selbst täglich feststellen. Ich kann Ihnen sagen: Das ist kein schönes Gefühl.
Gerade in Indien zeigt sich aber auch, dass Probleme der Nahrungsmittelversorgung die Verteilstruktur und die Einschaltung von teils staatlichen Zwischenhändlern und einer ausufernden Bürokratie sind. Damit kann gerade in diesem Bereich Public-private-Partnership eine Hilfe sein.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)
Es wurde darauf hingewiesen: Mit Ihrem wirtschaftskritischen Antrag fordern Sie, Verhandlungen über Freihandelsabkommen jeglicher Art zu stoppen sowie den Ländern vorzuschreiben, ob sie genetisch veränderte Produkte anbauen dürfen oder nicht. Ich glaube, damit kommen wir an dieser Stelle nicht voran. Ich finde, gerade die Debatte über Golden Rice zeigt, wie schwierig es ist, sich das Ganze anzuschauen und zu durchdenken.
Ich mache an dieser Stelle einmal einen Punkt. Ich bin, ehrlich gesagt, gespannt auf die weiteren Beratungen, auch im Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft, der mitberatend beteiligt ist.
Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/3966441 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 57 |
Tagesordnungspunkt | Hungerbekämpfung |