09.10.2014 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 57 / Tagesordnungspunkt 17

Sebastian HartmannSPD - Änderung mautrechtlicher Vorschriften

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Kolleginnen und Kollegen! Die Einführung eines europäischen einheitlichen Mautdienstes soll tatsächlich den grenzüberschreitenden Straßengüterverkehr in Europa unbürokratischer und deutlich einfacher machen. Dieser Mautdienst soll damit auch unserem Binnenmarkt Rechnung tragen, von dem wir im vereinten Europa in den vergangenen Jahrzehnten so profitierten, eben gestützt auf die vier bekannten Grundfreiheiten.

Der freie Warenverkehr braucht aber einen einheitlichen Binnenmarkt, der keine nationalstaatlichen Grenzen oder Schlagbäume kennt. Nach dieser Erkenntnis und ihrer Umsetzung haben wir uns in Europa neben vielen anderen guten Ideen aber auch der Idee der Erhebung von Nutzerbeiträgen zugewandt, und zwar in Form von Nutzungsbeiträgen schwerer Lkw zur Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur in Form von nationalen Mauterhebungssystemen, das allerdings mit der unerwünschten Nebenwirkung, dass wir nun in dem stärker zunehmenden grenzüberschreitenden Verkehr Spediteuren immer mehr einen Flickenteppich von unterschiedlichen Mauterhebungssystemen und unterschiedlichen Technikstandards zumuten.

Dem wollen wir begegnen. Mit der Einführung eines einheitlichen europäischen elektronischen Mautdienstes schaffen wir Interoperabilität, wo bislang technisch und wirtschaftlich die Wirklichkeit der Mauterhebung in Europa krass auseinandergeklafft hat.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Das Ziel des vorliegenden Gesetzentwurfs ist so einfach wie sinnvoll: Wir setzen eine seit vielen Jahren in Kraft befindliche EU-Richtlinie um, die es ermöglichen soll, europaweit mit nur einem Vertrag und einem Fahrzeuggerät Maut an einen Anbieter zu entrichten, der nur eine Rechnung dafür ausstellt – einfach, sinnvoll und überfällig, wenn ich das anmerken darf; denn die Frist zur Änderung der hiesigen Mautvorschriften – das war ja auch Thema der Vorrede – ist bezüglich des Straßengüterverkehrs tatsächlich seit zwei Jahren abgelaufen. Deswegen sollte man die Richtlinie auch umsetzen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Das Bundesverkehrsministerium schafft mit diesem Gesetz zur Änderung der mautrechtlichen Vorschriften die technischen und organisatorischen Voraussetzungen für die Anbindung sogenannter EEMD-Anbieter an das hiesige Mautsystem. Der Aufwand, den ein Unternehmen treiben muss, um – das ist eine zentrale Voraussetzung, um überhaupt mit einer solchen Leistung Geld verdienen zu können – europaweit auftreten zu können, ist nicht unerheblich. Vermutlich ist das auch der Grund, warum sich bislang nur ein einziges Unternehmen für eine Zulassung als EEMD-Provider hat registrieren lassen.

Der Bund wird aber auch von der Zulassung der EEMD-Anbieter profitieren. Wir versprechen uns davon zum Beispiel eine Senkung der Kosten der Mauterhebung. Um die technischen Voraussetzungen für eine Nutzung des EEMD-Dienstes zu schaffen, ist eine Reihe von Maßnahmen nötig. Es müssen zunächst technische Systeme entwickelt und einer Zulassung unterzogen werden. Tatsächlich ist es so, dass die EU-Richtlinie eine oder mehrere Techniken vorschreibt, zu denen – ich glaube, das steht in Artikel 2 – auch die Mikrowellentechnik gehört. Aber wenn wir uns schon auf den Weg machen, dann sollten wir uns die technischen Möglichkeiten entsprechend dem heutigen Standard zunutze machen und nicht nur eine einzige Technik nehmen, bei der wir in den nächsten Jahren vielleicht wiederum Änderungen oder Anpassungen vornehmen müssen; denn wir wollen mit diesen Technologien weiterhin in Europa führend sein. Erinnern wir uns: Die Bundesrepublik Deutschland hat sich 2005 als allererstes Land auf den Weg gemacht und nach vielleicht leichten Anlaufschwierigkeiten ein modernes System satellitengestützter Mauterhebung implementiert.

(Herbert Behrens [DIE LINKE]: Teuren Anlaufschwierigkeiten! 7 Milliarden Euro!)

Jetzt haben wir eines der modernsten Mautsysteme. In der Anhörung, die wir am Montag wahrnehmen konnten, sind wir vonseiten der EU-Kommission dafür gelobt worden, dass wir – damit sind wir ein Best-Practice-Beispiel in Europa – als erste Nation bei der Wegekostenberechnung die externen Kosten, zum Beispiel entsprechend der Luftschadstoffe, anlasten können. Das wird demnächst auch beim Lärm der Fall sein.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wir erheben die Lkw-Maut bekanntlich, um einen dauerhaften angemessenen Beitrag der Nutzer unserer Straßen zur Finanzierung der Infrastruktur sicherzustellen. Insbesondere die 2018 bevorstehende Mauterhebung – nach der Ausweitung des bundesdeutschen Mautgebietes auf weitere 30 000 Kilometer Straße – ist ein Beispiel für eine sinnvolle Anwendung der standardisierten Erhebungsverfahren, die in der EEMD-Richtlinie verabredet wurden.

Wenn jetzt mit diesem Gesetz die Änderungen der mautrechtlichen Rahmenbedingungen vollzogen werden, ist damit die Basis für die Zulassung nicht nur des einen, bereits genannten Anbieters, der um Registrierung nachgesucht hat, sondern auch weiterer Betreiber geschaffen. Wenn wir den Markt der EEMD-Provider mit einer Prise Optimismus betrachten, dann können wir die Hoffnung schöpfen, dass wir bei der Erhebung der Maut in Zukunft nicht mehr die Monokultur eines einzigen Anbieters haben und damit technische und juristische Schwierigkeiten bestehen, sollte man einmal auf die Idee kommen, irgendetwas ändern zu wollen an bestehenden Verträgen oder eben auch an der Technik.

Vergessen wir nicht: Deutschland hat sich 2005 auf den Weg gemacht und nach leichten Anlaufschwierigkeiten das modernste System zur Mauterhebung geschaffen. Wir haben vor einigen Tagen in einer Anhörung vonseiten der EU-Kommission bestätigt bekommen, dass wir mit der Anlastung externer Kosten bei der Wegekostenberechnung europaweit führend sind.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, mit dem Beschluss dieses Gesetzes in erster Lesung können wir heute einen weiteren Schritt gehen, der auch für die deutsche Industrie gute Rahmenbedingungen schaffen wird. Wir sorgen dafür, dass deutsche Anbieter in Form der EEMD-Provider auch im heimischen Markt mit den guten gesetzlichen Grundlagen und Rahmenbedingungen starten können, um sich am internationalen Wettbewerb der EEMD- Provider, der in Europa starten wird, zu beteiligen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)

– Vielen Dank. – Zugleich erreichen wir europaweit Kostensenkungen und eine Vereinfachung der Mauterhebung. Was wollen wir mehr?

Die EU-Kommission beklagt vielleicht zu Recht, dass sich die Branche angesichts der großen technologischen wie organisatorischen Herausforderungen noch nicht auf den Weg gemacht hat. Die Kritik der Kommission geht sogar noch weiter mit dem Hinweis auf mangelnde Umsetzungsbemühungen der Mitgliedstaaten. Ich bin mir sicher, dass es zukünftig weder an dem einen noch an dem anderen mangeln oder gar liegen wird, wenn wir diese guten gesetzlichen Voraussetzungen, die wir vorgelegt haben, durch den Beschluss des Gesetzentwurfes endlich schaffen.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Vielen Dank, Herr Kollege. – Schönen guten Abend von meiner Seite aus Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen, und Ihnen, liebe Gäste!

Die nächste Rednerin in der Debatte: Dr. Valerie Wilms für Bündnis 90/Die Grünen.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/3966485
Wahlperiode 18
Sitzung 57
Tagesordnungspunkt Änderung mautrechtlicher Vorschriften
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