10.10.2014 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 58 / Tagesordnungspunkt 26

Thomas JurkSPD - Fördermitteltransparenz

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Offensichtlich sind wir uns alle einig. Auch wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten unterstützen grundsätzlich Forderungen nach einer höheren Transparenz bei der Vergabe von Fördermitteln. Allerdings – das unterscheidet uns, sehr verehrte Frau Vorrednerin – sehen wir keinen dringenden und erst recht keinen gesetzgeberischen Handlungsbedarf; denn die mit Ihrem Antrag verbundene Forderung nach Veröffentlichung von Informationen über die Vergabe von Fördermitteln ist in wesentlichen Politikbereichen längst Realität.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)

So veröffentlichen die Ministerien für Wirtschaft und Energie, für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit, für Ernährung und Landwirtschaft, für Verkehr und digitale Infrastruktur sowie für Bildung und Forschung mit dem Förderkatalog des Bundes im Internet Informationen über laufende und abgeschlossene Fördervorhaben.

(Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, es sind die Maßnahmen, nicht die Beträge!)

Dabei handelt es sich – mit wenigen Ausnahmen – um alle Fördermaßnahmen in den genannten Ressorts, die über das Projektinformationssystem „profi“ administriert werden. Um mit Zahlen zu argumentieren: Allein im Geschäftsbereich des Bundeswirtschaftsministeriums werden knapp 27 000 Vorhaben – davon rund 4 500 laufende – aufgeführt. Allein diese Zahlen machen doch deutlich, was bereits verfügbar ist.

Das Bundeswirtschaftsministerium plant zudem, die Transparenz bei der Fördermittelvergabe dadurch weiter zu erhöhen, dass mittelfristig weitere Fördermaßnahmen im Förderkatalog des Bundes veröffentlicht werden.

Außerdem stehen mit der Förderdatenbank des Bundes die von Ihnen geforderten Informationen über die Förderprogramme für die Öffentlichkeit, aber auch für interessierte Abgeordnete bereits zur Verfügung.

Ebenso erfolgt die unter Ziffer 4 Ihres Antrags geforderte „Vorabinformation der Fördermittelempfängerinnen und -empfänger über die Veröffentlichung“ in der Regel schon jetzt. Das geschieht nämlich entweder durch die Förderrichtlinie an sich oder durch den jeweiligen Zuwendungsbescheid.

Zudem erlaube ich mir an dieser Stelle den dezenten Hinweis auf das Informationsfreiheitsgesetz, das wohl jedem Bürger das Recht einräumt, Zugang zu amtlichen Informationen – auch von Bundesbehörden – zu erlangen.

(Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Haben Sie das schon einmal gemacht?)

Dass der Antrag der Grünen, sehr verehrte Damen und Herren, im Detail wenig durchdacht ist, zeigt sich auch an einer anderen Stelle. So soll – ich zitiere – „die öffentliche Hand“ gesetzlich verpflichtet werden, Informationen über Förderleitlinien und die Empfänger von Fördermitteln zu veröffentlichen. In der Begründung Ihres Antrages nehmen Sie jedoch nur auf den Bund Bezug. Ihnen ist offensichtlich selbst nicht klar, was Sie wollen. Soll denn nur der Bund oder sollen auch die Länder und Gemeinden sowie die Anstalten und Körperschaften des öffentlichen Rechts dazu verpflichtet werden?

Ich vermisse in Ihrem Antrag – die Debattenredner haben bereits darauf hingewiesen – Finanzierungsvorschläge für die von Ihnen angedachten gesetzlichen Regelungen. Hat sich bei Ihnen eigentlich schon jemand einmal darüber Gedanken gemacht, wie aufwendig die von Ihnen geforderte Ausnahmeprüfung bei der Veröffentlichungspflicht in Fällen ist, in denen es – ich zitiere aus dem Antrag – „durch die Veröffentlichung zu Rückschlüssen auf Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse kommen kann“? – Der Kollege von den Linken hat darauf hingewiesen, dass man so etwas wie eine Einzelfallprüfung vornehmen könne. Entschuldigung! Der Einzelfall muss doch aber erst einmal definiert werden. Das heißt, dass alle Anträge geprüft werden müssen,

(Andrea Wicklein [SPD]: Wer soll das, bitte, tun?)

um den Einzelfall herauszufiltern, der dann wieder herausgenommen wird. Schönen Dank auch! Das ist Bürokratie pur.

(Jörn Wunderlich [DIE LINKE]: Haben wir doch gesagt! Schönen Dank für die Wiederholung!)

– Schönen Dank, dass Sie es verstanden haben!

Oder haben Sie sich schon einmal Gedanken darüber gemacht, welche Kosten es verursacht, wenn in jedem Einzelfall – ich zitiere erneut aus dem Antrag der Grünen – „eine Abwägung zwischen dem Transparenzinteresse der Öffentlichkeit und dem Schutz personenbezogener Daten der Fördermittelempfängerinnen und -empfänger erfolgen“ soll, indem – jetzt kommt es – „die Erforderlichkeit der Veröffentlichung nach Bezugsdauer, Häufigkeit sowie Art und Umfang der Zuwendung geprüft wird“? –

(Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist alles im Antrag drin!)

Ich hoffe, Sie konnten Ihrem eigenen Text jetzt noch folgen, Frau Andreae.

(Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, steht alles im Antrag drin!)

Klar ist jedenfalls, dass Sie, ob Sie es nun wollen oder nicht, ein unfinanzierbares Bürokratiemonster schaffen. Das Gegenteil von gut ist bekanntermaßen gut gemeint.

Frau Kollegin Andreae, ich habe interessiert zur Kenntnis genommen, dass Sie in der von Ihnen in der letzten Debatte zu Protokoll gegebenen Rede darauf hingewiesen haben, dass insbesondere die neuen Regelungen, die Sie uns per Antrag hier unterjubeln wollen, Ihnen die Chance zu neuen Möglichkeiten der Haushaltskontrolle einräumen.

(Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja!)

Da muss ich Sie wirklich fragen, ob Sie sich und Ihrer Arbeit ein Armutszeugnis ausstellen wollen.

Hinter Ihnen sitzt Frau Kollegin Hajduk. Wir sind gemeinsam Berichterstatter zum Einzelplan 09, Bundesministerium für Wirtschaft und Energie. Frau Kollegin Hajduk, geben Sie mir recht, dass das Ministerium tatsächlich bemüht ist, auf Ihre Anfragen sehr transparent und offen zu antworten, dass also für unsere Arbeit als Abgeordnete noch andere Möglichkeiten bestehen, Informationen zu erlangen und unserem grundgesetzlichen Auftrag gerecht zu werden, im Interesse der Bürgerinnen und Bürger nachzuvollziehen, was die Verwaltung gerade treibt oder nicht? – Nun gut, Frau Hajduk widerspricht mir gerade nicht. Also stelle ich fest, dass das im Hinblick auf das BMWi durchaus der Fall ist.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Kollege Jurk, sie hat sich aber auch nicht gemeldet, um Ihre Redezeit zu verlängern. Deshalb muss ich Sie jetzt darauf aufmerksam machen, dass Sie zum Schluss kommen müssen.

(Beifall des Abg. Jörn Wunderlich [DIE LINKE])

Frau Präsidentin, ich hatte genau das jetzt erwartet. Ich freue mich, dass sie es nicht getan hat, weil sie mich gerade bestätigt hat.

(Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da macht sich jemand wieder einmal die Welt, wie sie ihm gefällt!)

Zusammenfassend möchte ich feststellen, dass der Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen überflüssig, unausgegoren und unfinanzierbar ist. Deshalb werden wir diesem Antrag nicht zustimmen.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Für die CDU/CSU-Fraktion spricht nun der Kollege Hansjörg Durz.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/3970425
Wahlperiode 18
Sitzung 58
Tagesordnungspunkt Fördermitteltransparenz
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