16.10.2014 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 60 / Tagesordnungspunkt 3

Maik BeermannCDU/CSU - Regierungserklärung zum ASEM- und Euro-Gipfel und zum Europäischen Rat

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Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Gysi, das war heute wieder einmal ein Demagogenklamauk sondergleichen, den wir uns hier anhören mussten.

(Beifall bei der CDU/CSU – Zurufe von der LINKEN: Oh! – Dr. Petra Sitte [DIE LINKE]: Dann gehen Sie doch raus!)

Wenn wir nämlich auf Sie hören müssten, dann wäre unser leistungsfähiger Staat schon mausetot.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Volker Kauder [CDU/CSU]: So abgewickelt wie seine DDR, so wären wir heute! – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Einmal hat er es schon bewiesen!)

Frau Göring-Eckardt, ich glaube, dass Herr Gabriel nicht der Genosse der Bosse ist, sondern meines Wissens immer noch der Boss der Genossen. Ich glaube, das ist ein kleiner Unterschied.

(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Katrin Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der Punkt geht an Sie!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, gerne möchte ich die Ausführungen unserer Kanzlerin im Bereich der europäischen Klima- und Energiepolitik untermauern. Basierend auf der chinesischen Weisheit „Der Mann, der den Wind der Veränderung spürt, sollte keinen Windschutz, sondern eine Windmühle bauen“, betreiben wir als Union gemeinsam mit unserem Koalitionspartner eine solide Klima- und Energiepolitik. Durch eine enge Verzahnung der europäischen Ebene mit unserem Tun und Handeln hier in Berlin ist es uns gelungen, in den vergangenen Jahren eine verlässliche Politik in diesen Bereichen zu erarbeiten.

Im Grunde besteht sogar innerhalb unseres Hauses eine große Einigkeit darüber, dass der eingeschlagene Weg eine Grundlage für die europäische Energiepolitik bilden kann. Mit Herrn Günther Oettinger haben wir in den vergangenen Jahren auch auf europäischer Bühne maßgeblich die Weichen der Energiepolitik gestellt.

Wenn der Kollege Hofreiter lieber die Klimakommissarin unterstützen wollte, als auf den Energiekommissar zu hören, weil er der Meinung war oder ist, dass Deutschland beim Klimaschutz vom Vorreiter zum Bremser geworden ist, dann kann ich dem nicht zustimmen. Denn wenn jemand zum Klimaschutzbremser geworden ist, dann eben genau die zuständige Kommission.

Das Abschaffen der ehrwürdigen Glühbirne, Staubsauger mit nur noch 1 000 Watt, die eigentlich gar keinen Staub mehr saugen, weil die Power fehlt, oder Kaffeemaschinen, die sich nach fünf Minuten automatisch abstellen, sodass man danach einen kalten Kaffee serviert bekommt: All das haben die Menschen in unserem Land und in Europa nämlich satt, meine Damen und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wenn man sich die aufwendige Produktion einer Energiesparlampe vor Augen führt, dann kann man über eine gewisse positive Klimaschutzbilanz sicherlich nur schmunzeln. Wie im Energiefahrplan der Europäischen Kommission erwähnt, sind das Wohlergehen der Menschen, die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie und das Funktionieren der Gesellschaft insgesamt von sicherer, nachhaltiger und erschwinglicher Energie abhängig. Deutschland hat die Energiewende bereits eingeleitet, was in Europa mittlerweile zu einem geflügelten Wort geworden ist. Wir sind auf einem guten Weg, uns von der Atomkraft zu verabschieden und auf erneuerbare Energien zu setzen.

Anders unsere Nachbarn in Frankreich: Sie setzen nach wie vor auf Atomstrom als zentralen Energielieferanten. Etwa 60 Prozent der dortigen Stromerzeugung stammt aus Kernkraftwerken. Frankreich wäre derzeit wirtschaftlich aber auch überhaupt nicht in der Lage, auf Atomstrom zu verzichten.

Unsere Freunde in Polen haben ein hohes Vorkommen an Steinkohle. Sie möchten auf diesen kostengünstigen Energieträger ebenso wenig verzichten. Nur durch niedrige Energiepreise können im internationalen Handel häufig Wettbewerbs- und Standortvorteile erzielt werden.

Meine Damen und Herren, wir leben nicht auf einer Insel der Glückseligkeit. Die europäische Klima- und Energiepolitik ist und bleibt ein Gemeinschaftsprojekt. Wir müssen unsere nationalstaatlichen Projekte und Ansätze in den europäischen Weg einbringen und weiterhin als Taktgeber in Europa fungieren.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Nehmen wir die aktuell hitzigen und kontroversen Debatten um die Förderung von Schiefergas: Das sogenannte Fracking ist derzeit in einigen EU-Ländern verboten; in manchen Ländern finden aber auch Probebohrungen statt. Ich warne aber in jedem Fall davor, aus Idealismus diese Möglichkeit von vornherein abzulehnen. Wir dürfen in jedem Fall nicht riskieren, dass energieintensive Unternehmen in die USA abwandern, weil sich die Energiepreise dort im Sinkflug befinden, während sie in Europa stetig steigen. Das wird uns in Europa Arbeitsplätze kosten, und auch dem Klimaschutz wäre in keiner Weise geholfen.

Jedoch dürfen wir in dieser Frage nicht nur die wirtschaftlichen Aspekte bei unserer Entscheidungsfindung in den Vordergrund stellen. Ebenso sollten der Natur-, Umwelt- und vor allen Dingen auch der Trinkwasserschutz einen hohen Stellenwert einnehmen.

(Beifall der Abg. Dr. Daniela De Ridder [SPD])

Mit Blick auf meinen Wahlkreis Nienburg-Schaumburg im schönen Niedersachsen kann ich Ihnen mitteilen, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass auch die Bevölkerung bei mir zu Hause sehr kontrovers über dieses Thema diskutiert. Wir sollten aber nicht nur eine Umweltverträglichkeitsprüfung beschließen, sondern auch darüber nachdenken, ob es nicht notwendig ist, Lagerstättenwasser verpflichtend aufbereiten zu lassen, bevor es wieder im Erdreich verpresst wird.

(Beifall der Abg. Dr. Daniela De Ridder [SPD])

Neben unseren nationalen Bemühungen zum Themenfeld Fracking wird auch in der EU-Kommission ein europäischer Regulierungsrahmen erstellt. Ich finde, genau hier gehört dieses Thema auch hin. Neben der nationalen Gesetzgebung sind bei solch sensiblen Themen europäische Rahmenbedingungen zu schaffen. Denn nur so kann einem langfristigen und grenzübergreifenden Natur- und Klimaschutz Rechnung getragen werden.

Sehr geehrte Damen und Herren, ein weiteres Ziel ist klar – das hat auch die Kanzlerin schon angesprochen –: Wir müssen die Entwicklung des europäischen Energiebinnenmarktes voranbringen. Hier gibt es noch enorm viel Arbeit.

Der Binnenmarkt für Gas und Strom muss endlich funktionieren. Die Transeuropäischen Netze werden den heutigen und künftigen Anforderungen in keiner Weise gerecht. So hat Spanien beispielsweise völlig unzureichende Netze nach Frankreich. In den baltischen Staaten gibt es nach wie vor Regionen, die vom europäischen Energienetz entkoppelt sind. Dabei ist es längst beschlossene Sache, dass es solche Energieinseln bis 2015 nicht mehr geben soll. Hier brauchen wir mehr Europa, nicht weniger.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD – Axel Schäfer [Bochum] [SPD]: Mehr Europa!)

– Hier brauchen wir mehr Europa; Sie haben völlig recht.

Machen wir uns nichts vor: Deutschland ohne eigene Meiler am Netz und ohne das Risiko von Blackouts, falls unsere Windräder und Solarpanels nicht genug Strom produzieren, das wird nur dann funktionieren, wenn wir problemlos Strom über gut ausgebaute Transeuropäische Netze von unseren europäischen Nachbarn beziehen können. Wie dem Bericht der Europäischen Kommission zur Vollendung des Energiebinnenmarktes vom 13. Oktober dieses Jahres zu entnehmen ist, haben nun endlich die Bemühungen um den Ausbau der transeuropäischen Stromverbindungen den einen oder anderen Erfolg gezeigt. Entgegen der Kritik von Frau Bulling-Schröter von der Fraktion Die Linke, die am 24. Juni formulierte, dass es weder für den Bürger noch für den Staat billiger werden kann, zeigt der Bericht, dass nicht nur der Stromgroßhandelspreis zwischen 2008 und 2012 um ein Drittel gesunken ist, sondern dass günstigere Preisangebote auch dem Endkunden geboten werden.

Die Energiewende ist daher für unser Land ein richtiger Schritt auf dem Weg hin zur Industriegesellschaft der Zukunft. Nur mit einer erfolgreichen Energiewende können nachhaltiges Wachstum und die damit verbundenen Arbeitsplätze in unserem Land und in Europa gesichert werden. Zudem müssen wir unsere Unabhängigkeit von Energieimporten ausbauen. Wir als Christdemokraten werden für die Fortsetzung der Energiewende auch in der Europäischen Union werben, um zum Wohle der Mitbürgerinnen und Mitbürger sowie der Industrie und Wirtschaft die Energiepolitik der getrennten Wege zu überwinden. Daher kann ich einer Pressemitteilung wiederum der Fraktion Die Linke nicht folgen. Meine Damen und Herren, Sie wiesen im letzten Monat, am 9. September dieses Jahres darauf hin, dass Deutschland aufgrund seiner Rolle als Industrienation der Welt als Vorbild in Sachen Energiereform agieren müsse. Im selben Atemzug wird dann von Ihnen der Besuch der Kanzlerin beim Interessenverband der Industrie kritisiert, wo eben genau über dieses Thema gesprochen wurde, nämlich wie die Energiewende in der Industrie zu realisieren ist. Wenn ich mir die Ergebnisse oder die Initiativen auf der Internetseite der European Left Party in der Arbeitsgruppe „Energie und Umwelt“ anschauen möchte, dann finde ich nur eine weiße Seite ohne Inhalt. Der Fehler steckt hier anscheinend wieder einmal im Detail.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir müssen den Unternehmen die richtigen Anreize und Regulierungsrahmen bieten, die dazu dienen, die nötige Infrastruktur zu schaffen. Wir müssen darauf vertrauen können, dass in unseren EU-Partnerländern eine gewisse Energiesicherheit nachhaltig besteht. Die von Angela Merkel geführte Bundesregierung setzt sich natürlich für die Fortführung des EU-Rahmens 2020 mit seinen drei eigenständigen sowie verbindlichen Zielen auch für das Jahr 2030 ein. Im Konkreten stehen wir erstens für das Treibhausminderungsziel in Höhe von 40 Prozent, zweitens für das verbindliche EU-erneuerbare-Energien-Ziel in Höhe von 27 Prozent beim Endenergieverbrauch und drittens für ein verbindliches EU- Energieeffizienzziel von 30 Prozent gegenüber dem Basisjahr 2005. Wir als Union stehen hinter der strategischen Agenda des Europäischen Rates. Ich möchte heute aber auch ausdrücklich betonen, dass nicht nur umwelt- und klimapolitische Ziele in den Fokus rücken dürfen. Ebenso müssen wir uns sowohl die wirtschaftlichen als auch die gesellschaftspolitischen Herausforderungen vor Augen halten. Die Energie- und Klimaziele dürfen das dringend benötigte Wachstum bei uns in Europa nicht ausbremsen.

Ich bin nun ein Jahr lang Bundestagsabgeordneter und habe in diesem einen Jahr feststellen müssen, wie schnell sich das Blatt in der politischen Ausrichtung wenden kann. Die Finanz- und Wirtschaftskrise ist noch nicht überwunden. Die Konflikte im Irak sowie der Konflikt zwischen Russland und der Ukraine sind ein beherrschendes Thema in vielen politischen Debatten. Die Barbarei und die Gräueltaten des IS mit all den schrecklichen Bildern sind uns allgegenwärtig. Noch vor gut einem Jahr hat, denke ich, keiner von uns diese Entwicklungen voraussehen können. Gleichwohl wird von uns allen politisches Handeln verlangt. Ich rufe Sie daher auf: Lassen Sie uns die Handelnden sein, die im Wind der Veränderungen weitreichende und zielgerichtete Entscheidungen treffen! Aufgrund der enormen außenpolitischen Herausforderungen bin ich mir sicher, dass unsere Bundeskanzlerin Angela Merkel dankbar für jeden konstruktiven und umsetzbaren Debattenbeitrag sein wird.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Abschließender Redner in dieser Aussprache ist der Kollege Philipp Mißfelder, CDU/CSU.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/3990997
Wahlperiode 18
Sitzung 60
Tagesordnungspunkt Regierungserklärung zum ASEM- und Euro-Gipfel und zum Europäischen Rat
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