Lars KlingbeilSPD - Digitale Agenda 2014 bis 2017
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Große Koalition hat in ihrem Koalitionsvertrag schon in der Präambel auf das Thema der Digitalisierung und die riesige Herausforderung hingewiesen. Dort sind die drei großen Herausforderungen der Zukunft beschrieben: der demografische Wandel, die Frage der Energiewende und die Digitalisierung unserer Gesellschaft. Schon früh wurde hier also festgelegt, dass es eine der großen Aufgaben ist, um die sich diese Koalition kümmern will.
Wir alle wissen, dass die Digitalisierung einen enormen Wandel für unsere Gesellschaft bedeutet und alle gesellschaftlichen Bereiche durchdringt. Wir reden über andere Bildungspolitik, über andere Verkehrspolitik, über Wirtschaftspolitik, über Arbeitsmarktpolitik. Alle diese Bereiche verändern sich durch die Digitalisierung.
Es geht dabei nicht um die Frage, ob die Digitalisierung schlecht oder gut ist, sondern es geht um die Frage, wie wir sie politisch gestalten. Das ist die große Aufgabe. Ich bin der Bundesregierung dankbar, dass sie mit der Digitalen Agenda einen Entwurf vorgelegt hat, was in den nächsten drei Jahren passieren wird, welche Aufgaben wir gemeinsam angehen wollen. Als Parlament werden wir natürlich an vielen Stellen schauen, wie wir bei der Umsetzung dieser Digitalen Agenda behilflich sein können, wie wir vielleicht den einen oder anderen Aspekt noch in die Diskussion einbringen. Aber es ist ein guter Start, den wir in diesem Themenfeld machen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Ich will einmal auf das eingehen, was ich hier von der Opposition erlebe: Das ist Meckern am laufenden Band.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Sören Bartol [SPD]: Jeden Tag! Immer nur meckern! – Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die konstruktivste Opposition seit Jahrzehnten, Lars, seit Jahrzehnten!)
Ich wünsche mir ja eine Opposition, die stark ist und den Finger immer wieder in die richtige Wunde legt, aber ich will einmal historisch aufarbeiten,
(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Bitte!)
was in den letzten Wochen im Bereich der Digitalisierungspolitik passiert ist.
(Zuruf von der LINKEN: Da bin ich ja gespannt!)
Da wurde uns nicht zugetraut, dass wir mit der Großen Koalition im Koalitionsvertrag das Thema verankern. Da wurde gemeckert. Dann wurde gesehen: Da ist aber vieles in diesen Koalitionsvertrag hineingekommen.
(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Papier ist geduldig!)
Dann hieß es, wir bekämen in diesem Bundestag keinen Ausschuss hin. Dann haben wir gesehen: Der Ausschuss kommt. Dann wurde gemeckert, dass dieser Ausschuss keine Federführung bekommen wird. Dann hat der Ausschuss die Federführung bekommen.
(Dieter Janecek [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt wieder nicht!)
Dann wurde gemeckert, dass die Digitale Agenda der Bundesregierung nicht kommt. Auch die liegt heute vor und wird diskutiert. Ich würde gern einmal über Inhalte diskutieren. Das, was ich erlebe, ist aber Meckern am laufenden Band. Das reicht nicht, liebe Kollegen von der Opposition.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Herr Kollege Klingbeil, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Rößner?
Sehr gern.
Vielen Dank. – Kollege Klingbeil, Sie haben ihn angesprochen, der Kollege Jarzombek eben auch, den Ausschuss Digitale Agenda, der eingerichtet wurde. Ich verstehe nicht ganz – vielleicht können Sie mir das erklären –, dass der Ausschuss Digitale Agenda nicht federführend für unseren Antrag zur Digitalen Agenda zuständig ist, sondern jetzt der Wirtschaftsausschuss federführend sein soll. Das verstehe ich nicht. Vielleicht können Sie mir das erklären, wenn Sie immer diesen Ausschuss als so besonders herausstellen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN – Dr. Petra Sitte [DIE LINKE]: Immer diese Meckerei!)
Das Entscheidende, liebe Kollegin, ist, dass der Ausschuss Digitale Agenda federführend für die Digitale Agenda zuständig sein wird,
(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Worüber sprechen wir denn heute?)
dass wir uns in dem Ausschuss mit der Digitalen Agenda, mit dem Maßnahmenpaket der Bundesregierung, auseinandersetzen werden, dass wir all diese Themen jetzt im Ausschuss behandeln und dass wir sowohl das Controlling als auch die Frage der Zeitplanung in diesem Ausschuss behandeln können.
(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Schön wär’s!)
Das ist das Entscheidende in der Diskussion heute. Das ist auch fest so verankert.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Lieber Konstantin von Notz, was ich zum Meckern noch sagen will: Wenn dann hier der Bundeswirtschaftsminister dafür kritisiert wird, dass er sich mit Google anlegt
(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war etwas differenzierter!)
und die Frage von neuen Monopol- und Machtstrukturen im Internet thematisiert,
(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der wollte Google zerschlagen, Lars!)
und diese Kritik von den Grünen kommt, dann wundert mich das an dieser Stelle schon sehr. Ich hätte dabei Unterstützung erwartet. Von uns hat er sie jedenfalls.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte vier Punkte nennen, die für uns Sozialdemokraten in der Diskussion und in der Digitalen Agenda sehr wichtig sind. Der erste Punkt ist heute schon oft angesprochen worden, nämlich der Breitbandausbau. Das ist die Grundlage für alle Maßnahmen, die wir diskutieren und die in der Digitalen Agenda vorgesehen sind. Wir müssen verhindern, dass es in Deutschland zu einer digitalen Spaltung kommt. Minister Dobrindt hat vorhin eindrucksvoll beschrieben, welche Maßnahmen er vorhat. Ich betone ausdrücklich: Der Weg der Netzallianz ist der richtige.
Diese Große Koalition wird sich am Erfolg des Breitbandausbaus messen lassen müssen. Ich komme aus der Lüneburger Heide. Dort gibt es noch genügend Flecken, die nicht mit ausreichend schnellem Internet versorgt sind.
(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dobrindt ist schuld!)
Wir müssen für eine Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse sorgen. Das ist unsere Aufgabe. Ich würde mich freuen, wenn dies das ganze Haus gemeinsam anpackt.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, bitte!)
Herr Kollege Klingbeil, gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage der Kollegin Wawzyniak?
Sehr gerne.
Herr Kollege Klingbeil, Sie haben gerade gesagt, der Weg der Netzallianz zum Breitbandausbau ist der richtige. Entnehme ich daraus, dass Sie den Vorschlag der Netzallianz, aus Qualitätsklassen Qualitätsmerkmale zu machen und das dann zum Breitbandausbau zu nutzen, teilen? Und wie verträgt sich das mit der mir bisher bekannten Position der Sozialdemokratie, die Netzneutralität gesetzlich festzuschreiben?
(Beifall bei der LINKEN und beim BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Liebe Kollegin Wawzyniak, Sie kennen meine persönliche Position.
(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist nicht die des Wirtschaftsministeriums!)
Sie kennen auch die Position, die im Koalitionsvertrag steht. Der Kollege Bartol hat darauf hingewiesen: Wir werden die Netzneutralität gesetzlich verankern. Ich habe selbst neulich auf einer Podiumsdiskussion mit ihm zusammen gesagt, dass mir die Position des Europäischen Parlamentes sehr angenehm ist und dass wir versuchen wollen, in diese Richtung zu gehen. Aber das stellt nicht infrage, dass der Weg, den Minister Dobrindt mit der Netzallianz geht, nämlich alle Akteure an einen Tisch zu holen und die Frage der privaten und der öffentlichen Finanzierung und die Frage der Regulierung zu klären, der richtige Weg ist.
(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Er kann sich ja mit Herrn Minister Müller zusammentun, dann wird die Gesprächsrunde größer!)
Klar ist auch, dass am Ende im Parlament entschieden wird, wie der Weg bis ins letzte Detail hinein aussieht. Aber trotzdem ist der Weg der Netzallianz richtig. Es passiert endlich etwas im Breitbandausbau, und dafür sollten wir gemeinsam der Bundesregierung dankbar sein.
(Beifall bei der SPD)
Der zweite Punkt, den ich ansprechen will, sind die Investitionen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir müssen dafür sorgen, dass in Deutschland Investitionen stattfinden. Das ist eine der großen Aufgaben, und das ist auch in der Digitalen Agenda beschrieben. Wir müssen über die Frage von Start-ups reden. Dabei geht es um Wachstumskapital und Rahmenbedingungen. Minister Gabriel hat neulich ein Bürokratiemoratorium vorgeschlagen. Gestern war der zweite Geburtstag des Bundesverbands Deutsche Startups. Es gab sehr viel Lob für das Wirtschaftsministerium und das, was auch unter Minister Gabriel gemacht wurde. Ich glaube, das war das, was auch der Kollege Jarzombek sagen wollte, auch wenn ich es nicht an jeder Stelle verstanden habe.
(Beifall bei der SPD – Thomas Jarzombek [CDU/CSU]: Ich glaube, du hast das sehr genau verstanden!)
Wir müssen in Deutschland über eine Datenpolitik reden, die Geschäftsmodelle ermöglicht. Im wirtschaftlichen Bereich liegt die große Herausforderung aber darin, dass wir Start-up-Branche und Mittelstand und Industrie, nämlich diejenigen in Deutschland, die Stärken haben, zusammenbringen und dafür sorgen, dass es auch in 20 bis 30 Jahren noch einen guten Mittelstand und eine gute Industrie, aber mit innovativen Geschäftsmodellen gibt. Das ist eine große Aufgabe der Politik, und das steht auch in der Digitalen Agenda.
Der letzte Punkt, auf den ich eingehen will, ist die Bildungspolitik. Das ist ein Thema, das in der Digitalen Agenda zu kurz kommt. Das liegt leider daran, dass der Bund wenig Zuständigkeiten in der Bildungspolitik hat. Aber wir wissen alle, dass wirtschaftliches Wachstum, die Sicherung von Arbeitsplätzen und die Sicherheit im Netz nur dann gelingen werden, wenn es genügend Menschen gibt, die befähigt sind, sich im Netz zu bewegen. Deswegen brauchen wir eine gemeinsame Anstrengung mit den Ländern, um dafür zu sorgen, dass unser Bildungssystem umgekrempelt und auf das digitale Zeitalter vorbereitet wird. Der Vorschlag, das Programmieren als zweite Fremdsprache einzuführen, ist ein sehr wichtiger Impuls in dieser Diskussion. Wir brauchen eine bessere Ausstattung an den Schulen, und die Lehrerausbildung muss dahin gehend verändert werden, dass ausreichend digitale Kompetenz in den Schulen gelernt und gelehrt wird. Das ist eine Aufgabe, die wir gemeinsam mit den Ländern haben und die wir angehen müssen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Digitale Agenda liegt vor. Wir haben die nächsten drei Jahre genug damit zu tun. Ich lade noch einmal alle in diesem Haus ein, diesen Weg gemeinsam zu gehen. Es ist ein riesiger Fortschritt, den wir mit der Großen Koalition in einem Jahr geschafft haben. Ich wäre dankbar, wenn das Meckern aufhört und wir uns auf einen konstruktiven Weg machen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Opposition abschaffen, das ist der nächste Schritt!)
Dieter Janecek ist der nächste Redner für Bündnis 90/ Die Grünen.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/3991090 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 60 |
Tagesordnungspunkt | Digitale Agenda 2014 bis 2017 |