Jens KoeppenCDU/CSU - Digitale Agenda 2014 bis 2017
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die erfolgreiche digitale Transformation benötigt klare politische und gesellschaftliche Rahmenbedingungen und Voraussetzungen. Zwei Voraussetzungen sind in der Tat aus meiner Sicht schon erfüllt bzw. geschaffen worden. Das ist zum einen die von der Bundesregierung vorgelegte Digitale Agenda 2014 bis 2017, und das ist zum anderen der gleichnamige Ausschuss Digitale Agenda, den wir ins Leben gerufen haben; das ist der 23. Ausschuss. Ich bin stolz, Ihnen als Ausschussvorsitzender sagen zu können, dass das weiß Gott keine Randnotiz ist – ein Ergebnis aus der Enquete-Kommission „Internet und digitale Gesellschaft“. In nationalen und internationalen Gesprächen in Botschaften und anderswo wurde uns für die beiden Voraussetzungen, die Digitale Agenda der Bundesregierung und den Ausschuss Digitale Agenda, sehr großer Respekt entgegengebracht. Es wurde gesagt, es wäre sehr gut, wenn der eine oder andere Staat auch so etwas hätte.
Die Bedeutung haben wir längst erkannt. Thomas Jarzombek hat eben darauf hingewiesen. Für Wirtschaft und Gesellschaft ist die digitale Transformation längst kein Randthema mehr, sondern Garant für Wohlstand und für Wachstum. Wir müssen die Wirtschaft, aber auch die Gesellschaft für die Digitalisierung fitmachen.
Jetzt komme ich zu dem Punkt, was Anspruch und was Wirklichkeit ist.
(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, was ist Anspruch, und was ist Wirklichkeit, Herr Vorsitzender?)
Darauf möchte ich jetzt eingehen. Ich werde nicht müde, lieber Herr Kollege von Notz, für diesen Ausschuss und unsere Arbeit zu werben.
(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich auch nicht!)
Lassen Sie mich einiges dazu sagen.
Natürlich wurde uns sehr viel Argwohn und Skepsis von Fachpolitikern, von der Gesellschaft und von der Opposition entgegengebracht. Ich frage: Was ist unsere Hauptaufgabe? Unsere Hauptaufgabe ist in allererster Linie das Zuhören, das Ausgleichen und das Zusammenführen. Das ist wichtig für diesen großen Querschnittsausschuss. Dann geht es weiter. Unsere Hauptaufgabe ist, dass wir Chancen aufzeigen und dass wir die Potenziale, die die Digitalisierung hat, heben. Wir müssen mehr als nur ein reiner Communitybespaßungsausschuss sein; denn das ist für mich einfach zu wenig.
Wir sind auch keine Konkurrenz zu anderen Fachpolitikern – das will ich meinen Kollegen im gesamten Haus sagen –, sondern wir sind Ergänzung, und wir denken zusammen, was wir zusammendenken müssen. Wir sind eine Brücke. Wir werden niemandem etwas wegnehmen, sondern wir sind ergänzend unterwegs; denn die politische Reaktionszeit ist einfach zu verkürzen. Wir sind manchmal zu lange auf dem Weg. Es ist auch unsere Aufgabe, wirtschaftspolitische Themen digital abzuscannen, und wir müssen auch verkehrspolitische, innenpolitische oder verbraucherpolitische Themen digital abscannen. Das ist eine Aufgabe, die wir sehr ernst nehmen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Wir sind also Treiber, wir sind Mahner, wir sind Ideengeber, und wir wollen auch ein Frühwarnsystem entwickeln. Die Netzpolitiker müssen sagen: Wenn ihr so analog denkt wie bisher, passiert in unseren Unternehmen oder in der Gesellschaft genau das, was wir nicht haben wollen. Deswegen haben wir die Digitale Agenda 2014 bis 2017. Ich finde, das ist eine solide Grundlage; es wurde auch von einem Aufgabenheft gesprochen.
Aber letztendlich dürfen wir nicht blauäugig sein. Es gab viel Verriss in den Medien, es gab viel Kritik und wenig Lob. Für mich ist das unverständlich, weil wir die Ministerialstrukturen, die wir nun einmal haben, die Finanzabläufe und die Prozesse, die vorhanden sind, nicht von heute auf morgen verändern können. Es gibt Beharrungskräfte, die wir überwinden müssen. Aber wenn sich drei Minister federführend mit der Digitalen Agenda beschäftigen, ist das in erster Linie zumindest aus der heutigen Sicht ein Vorteil; denn dieses Konkurrenzverhalten – sagen wir es ruhig – kann dazu führen, dass wir das Thema schneller nach vorne bringen.
Wir müssen diese Chance nutzen. Es wird sehr oft von Industrie 4.0 gesprochen. Ich würde eher von Wirtschaft 4.0 reden. Eine Produktionssteigerung um 30 Prozent könnte mit einer erfolgreichen Umsetzung der Digitalisierung in der Wirtschaft einhergehen. Jetzt ist es schon so, dass 1 000 Arbeitsplätze im IKT-Bereich weitere 1 000 Arbeitsplätze im vorgelagerten und nachgelagerten Bereich schaffen. Das müssen wir ins Auge fassen, das ist unsere Chance. Die Oxford-Studie hat gezeigt, dass 47 Prozent der Arbeitsplätze entweder verlustig gehen oder umgewälzt werden. Genau da müssen wir ansetzen und daran arbeiten, dass sie nicht verloren gehen, sondern nur – „nur“ in Anführungsstrichen – geändert werden.
Wir müssen die Chance nutzen, dass neue Arbeitsmarktmodelle da sind. Gerade im Bereich der Telemedizin ist viel möglich. Wir müssen auch bei der Information, bei den digitalen Bildungsangeboten, bei Smart Home und Smart Meter endlich nach vorne kommen. Smart Home und Smart Meter sind auch der Garant dafür, dass wir die Energiewende schaffen. Ansonsten kommen wir dort nicht weiter.
Die Digitalisierung ist eine ganz klare Antwort auf den demografischen Wandel. Ich komme aus einer Region, die nach UNESCO-Angaben als nicht besiedelt gilt. Das ist ein großer Wahlkreis. Vielen von Ihnen geht es womöglich ähnlich. Dennoch müssen wir dafür sorgen, dass in Regionen wie dieser eine angemessene Infrastruktur installiert wird. Denn nur mit einem gut ausgebauten Netz können wir letztendlich die Chancen nutzen.
Außerdem müssen wir den Menschen die Angst vor dem Wort „Digitalisierung“ nehmen. Es gibt eine Arroganz der Sprache bei Juristen, bei Ärzten, aber auch bei Netzpolitikern. Wir müssen eine andere Sprache finden. Vieles ist für die Menschen viel zu diffus: Was passiert mit meiner Tageszeitung? Was passiert mit der Tagesschau um 20 Uhr? Was passiert mit dem Einkauf? Was passiert mit meinem Arbeitsplatz? Wird es in Zukunft so sein, dass mein eigener Kühlschrank mich überwacht? Wir dürfen den Menschen nicht einfach irgendetwas vorsetzen, sondern wir müssen erklären, welche Vorteile mit Veränderungen verbunden sind: dass sie jederzeit die Tagesschau sehen können, dass auf dem iPad ständig aktuelle Tageszeitungen abrufbar sind und dergleichen mehr.
Mein Fazit ist, dass die digitale Transformation in der Zukunft das Topthema ist. Die Frage ist: Wollen wir zusehen, oder wollen wir es selber machen? Vor allen Dingen: Wollen wir selber es vielleicht besser machen, als Unternehmen es bisher gemacht haben? Es liegt in unserer Hand, ob wir die Wertschöpfung hierbehalten oder ob wir zusehen, wie sie ins Tal nach Amerika abwandert. Wir dürfen keine Angsthasen sein, sondern müssen mutig sein. Die Digitalisierung ist der Wachstumsmotor Nummer eins für Wohlstand und Lebensfreude. Das sollten wir gemeinsam angehen.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Vielen Dank. – Herr Bundesminister Gabriel ist persönlich angesprochen worden. Er möchte dazu eine Erklärung abgeben. Deshalb erteile ich das Wort Herrn Bundesminister Gabriel.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/3991128 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 60 |
Tagesordnungspunkt | Digitale Agenda 2014 bis 2017 |