Günter Krings - Änderung des Antiterrordateigesetzes
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In den letzten Wochen erreichen uns fast täglich Nachrichten von Schreckenstaten der Terrororganisation „Islamischer Staat“. Die Anhänger dieser radikalen Miliz haben es sich zum Ziel gesetzt, die sogenannte westliche Gesellschaft zu schockieren und zu verängstigen, ja, im wahrsten Wortsinne zu terrorisieren.
Auch in Deutschland hat sich eine nicht geringe Zahl von jungen Männern der Terrororganisation „Islamischer Staat“ angeschlossen und beteiligt sich nun im Nahen Osten an den Greueltaten. Die Gefahr, die von diesen radikalisierten Deutschen für unser Land ausgeht, darf unter keinen Umständen unterschätzt werden.
Doch gilt es nicht nur, die Bedrohungen durch den internationalen Terrorismus vor Augen zu haben; auch etwa die Aufklärung der furchtbaren Mordserie der rechtsextremistischen Gruppe „Nationalsozialistischer Untergrund“ hat Schwächen und Defizite in der Zusammenarbeit der zuständigen Sicherheitsbehörden aufgezeigt.
(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt!)
Eine Verbindung zwischen den einzelnen Morden wurde bekanntermaßen jahrelang nicht erkannt, auch weil es an einer zeitgemäßen informationstechnischen Vernetzung der Behörden von Bund und Ländern fehlte. Diese Defizite hat der NSU-Untersuchungsausschuss klar herausgearbeitet.
Mit der Antiterrordatei und der Rechtsextremismusdatei haben wir die richtigen Konsequenzen für unsere föderale Sicherheitsarchitektur gezogen. Dank der Dateien kann ein Behördenmitarbeiter, der ermittelt oder aufklärt, schnell herausfinden, ob zu einer bestimmten Person bei anderen Behörden bereits Informationen vorhanden sind und an wen er sich wenden muss. Aus diesem Grunde brauchen wir diese Dateien dringend.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil vom 24. April 2013, das mit Ausgangspunkt unseres Gesetzgebungsvorhabens ist, die Antiterrordatei als sinnvolle und im Wesentlichen verfassungsgemäße Einrichtung für die Fälle, in denen eine schnelle und unkomplizierte Kontaktaufnahme möglich ist, erachtet.
Allerdings fordert das Bundesverfassungsgericht einige Änderungen – es ist wichtig, auch das festzuhalten –, die wir nunmehr umsetzen. So fassen wir die Definition der Personen, die gespeichert werden, enger. Dabei möchte ich noch einmal klarstellen, dass die Voraussetzungen für eine Speicherung im Gesetzentwurf eindeutig festgelegt sind. Die wichtigste Bedingung ist zunächst, dass die beteiligten Behörden bereits über entsprechende polizeiliche oder nachrichtendienstliche Erkenntnisse verfügen, die sie auch in ihren eigenen Dateien speichern dürfen. Für die Antiterrordatei und die Rechtsextremismusdatei werden also keine zusätzlichen Daten erhoben; es werden nur bereits vorhandene Daten in einem Index zusammengeführt und damit zur effektiven Terrorbekämpfung nutzbar gemacht.
Meine Damen und Herren, weitere Voraussetzung für die Speicherung einer Person in der Antiterrordatei ist zudem, dass diese Person tatsächlich Verbindungen zum Terrorismus hat, also Mitglied oder Unterstützer einer terroristischen Vereinigung oder gewaltgeneigter Extremist ist, wie zum Beispiel ein terroristischer Einzeltäter oder ein Hassprediger. Diese Voraussetzungen werden mit dem Änderungsgesetz noch einmal geschärft.
Gespeichert werden darüber hinaus auch Kontaktpersonen – das ist richtig –, aber nur Kontaktpersonen, die nicht in zufälligem Kontakt zu den vorgenannten Personen stehen und zur Aufklärung beitragen können.
Ferner ist mit der Speicherung als Kontaktperson – es ist wichtig, auch das festzuhalten; im Gesetzentwurf wird es deutlicher dargestellt – zukünftig keinerlei negatives Urteil verbunden. Es ist im Gesetzentwurf eindeutig klargestellt, dass die Kontaktperson einzig und allein deshalb als erweitertes Grunddatum zu einer Hauptperson gespeichert wird, weil sie Auskunft zum Beispiel zum Aufenthaltsort, zum Verbleib einer Hauptperson geben kann.
Die Suche nach einer Kontaktperson führt auch zu keiner Treffermeldung. Nur wenn die einstellende Behörde die Daten zu einer gesuchten Hauptperson auf Anfrage freigibt, kann die suchende Behörde die hierzu bekannten Kontaktpersonen überhaupt einsehen.
Außerdem haben wir zahlreiche Maßnahmen ergriffen, um die Transparenz der Datei zu erhöhen. Insbesondere wird das Bundeskriminalamt dem Bundestag einen regelmäßigen Tätigkeitsbericht erstatten. Die Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder müssen die Dateiführung mindestens alle zwei Jahre kontrollieren.
Meine Damen und Herren, im Zuge der Evaluation der Antiterrordatei mussten wir allerdings feststellen, dass deren Suchfunktion den Anforderungen einer effektiven Ermittlungsarbeit nach bisherigem Stand nicht genügt. Eine weitaus frühere Entdeckung des rechtsextremistischen Terrortrios NSU wäre möglich gewesen, wenn es eine Datei mit einer Suchfunktion nach aktuellen technischen Standards gegeben hätte. Deshalb haben wir die Analysefähigkeit der Dateien erweitert. Die Nutzung der erweiterten Suchfunktion ist jedoch – auch das ist wichtig – nur in engen Grenzen unter Einhaltung hoher formeller und materieller Hürden möglich.
Meine Damen und Herren, im Ergebnis können wir feststellen, dass wir heute einen guten und praktikablen Gesetzentwurf abschließend beraten, der sowohl den verfassungsrechtlichen Anforderungen des Grundgesetzes als auch den Herausforderungen der Praxis bei der effektiven Terror- und Extremismusbekämpfung gerecht wird. Ich bitte Sie alle daher um Zustimmung zu diesem wichtigen und dringenden Gesetzentwurf.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Als nächster Rednerin erteile ich das Wort der Abgeordneten Ulla Jelpke, Fraktion Die Linke.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/3991630 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 60 |
Tagesordnungspunkt | Änderung des Antiterrordateigesetzes |