Richard PitterleDIE LINKE - Bekämpfung von Steuerbetrug
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Kollegin Horb, um bei Ihrem Beispiel zu bleiben: Wir sitzen hier in der Tat auf dem Deck. Der Maschinenraum ist aber leider auf 16 Boote verteilt, auf die wir von unserem Deck aus keinen Einfluss haben. Ich glaube, das ist das Problem.
(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Im Juli 2010 hat die OECD, die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, den Zustand der Steuerprüfung in Deutschland scharf kritisiert und gefordert, „die Steuerprüfung zu verschärfen und vor allem die Banken härter zu kontrollieren“. So ließen sich Einnahmen um „viele, viele Milliarden Euro“ im Jahr erhöhen. Jeffrey Owens, der Leiter der Steuerabteilung der OECD, sagte zutreffend – ich zitiere –: „Investitionen in die Steuerverwaltung sind Investitionen mit hohen Renditen.“
Aber was ist zwischen Juli 2010 und Oktober 2014 passiert, meine Damen und Herren von der Regierungskoalition? Es ist in diesem Bereich rein gar nichts passiert, um die Situation zu ändern. Das ist leider die bittere Wahrheit.
(Beifall bei der LINKEN)
Die Steuergesetze gelten zwar für alle, aber das heißt noch lange nicht, dass auch alle in Deutschland gleichermaßen die anfallenden Steuern zahlen. Es kommt darauf an, in welchem Bundesland man wohnt; denn es gibt große Unterschiede beim Steuervollzug. Wenn die Bundesländer zum einen die Kosten für die Besteuerung zu tragen haben, aber von den zusätzlich eingetriebenen Steuereinnahmen aus Betriebsprüfung und Steuerfahndung kaum etwas behalten dürfen – es war von 10 Prozent die Rede –, ist es nicht verwunderlich, dass sich einige Länder „kostenbewusst“ verhalten und ihr Interesse an intensiven Prüfungen von Steuererklärungen, an Betriebsprüfungen und an Steuerfahndungen eher gering ist.
Zum anderen hat der Abbau vieler Stellen in der Finanzverwaltung dazu geführt, dass Steuererklärungen, insbesondere von reichen Selbstständigen und Unternehmen, wenn überhaupt, nur unzureichend geprüft werden können. Dabei muss sich die Finanzverwaltung meist auf die Angaben der Steuerpflichtigen verlassen, ohne sie weiter zu überprüfen.
Bundesweit fehlen nach Angaben der Steuergewerkschaft 15 000 Beschäftigte in der Steuerverwaltung. Seit langem fordert die Linke eine Aufstockung der Zahl der Sachbearbeiter, Betriebsprüfer und Steuerfahnder, um zu einer gerechteren Steuererhebung zu kommen, sodass alle Steuerzahlerinnen und Steuerzahler entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit besteuert werden.
(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Lisa Paus [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Steuervollzug ist zwar Ländersache, aber wer führt die Regierungen in den Bundesländern – mit Ausnahme Baden-Württembergs – an? Entweder die CDU, die CSU oder die SPD. Die Regierungsparteien CDU, CSU und SPD hätten es somit in der Hand, dort für eine bessere Umsetzung und Durchsetzung der vom Bund und damit von uns erlassenen Steuergesetze zu sorgen. Sie tun es nicht, und das ist schlecht für das gesamte Land.
Eine weitere Ursache für die Steuerungerechtigkeit innerhalb Deutschlands liegt in der ineffizienten Steuerverwaltung. Sie ist auf die 16 Länder bzw., wie gesagt, auf 16 Boote verteilt. Das heißt, es gibt unterschiedliche Datenverarbeitungssysteme, unterschiedliche Personalausstattung und unterschiedliche Interessen. Außerdem wird von einzelnen Bundesländern – Stichwort Bayern – laxer Steuervollzug gezielt als Wettbewerbsvorteil zur Ansiedlung von Unternehmen eingesetzt.
(Margaret Horb [CDU/CSU]: Herr Pitterle, das ist eine Unterstellung!)
Das ist doch nicht zu fassen.
(Beifall bei der LINKEN)
Ein erster Schritt zu mehr Steuergerechtigkeit innerhalb Deutschlands wäre eine stärkere Zuständigkeit des Bundes beim Steuervollzug hin zu einer Bundessteuerverwaltung. Das fordern Die Linke und die Grünen seit mehr als zehn Jahren.
Meine Damen und Herren, der beste Weg zur Steuergerechtigkeit in Deutschland sind eine einheitliche Durchsetzung der Steuergesetze bundesweit – insbesondere der Steuererhebung –, ein einheitlich funktionierendes Datenverarbeitungssystem in den Finanzverwaltungen, eine ausreichende personelle Ausstattung in den Finanzämtern, einschließlich Betriebsprüfungen, sowie Steuerfahndungen.
Wir brauchen eine bundesweit einheitlich handelnde, leistungsfähige Finanzverwaltung, erheblich erweiterte Zuständigkeiten des Bundes sowie die von unserer Fraktion vorgeschlagene Bundesfinanzpolizei. Denn nur so können Steuerumgehung besser bekämpft und Steuerhinterziehung und Steuerbetrug besser verfolgt werden.
Die Linke wird diesem guten Antrag der Grünen zustimmen. Tun Sie es auch, meine Damen und Herren der Regierungskoalition!
(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Als nächstem Redner erteile ich das Wort dem Abgeordneten Andreas Schwarz, SPD-Fraktion.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/3991743 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 60 |
Tagesordnungspunkt | Bekämpfung von Steuerbetrug |