16.10.2014 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 60 / Tagesordnungspunkt 10

Uwe FeilerCDU/CSU - Bekämpfung von Steuerbetrug

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Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! „ Für eine Bundessteuerverwaltung – Gleiche Grundsätze von Flensburg bis zum Bodensee“ – eine plakative Überschrift für einen Antrag. Ich hoffe, dass diese Grundsätze auch nördlich von Flensburg, zum Beispiel auf der Insel Sylt, und im Landkreis Oberallgäu, der südlich des Bodensees liegt, Anwendung finden sollen.

Plakative Überschriften und Anträge sind meist für die Galerie gefertigt, ähnlich einem Torwart beim Fußball, der, obwohl der Ball direkt auf ihn zufliegt und er ihn leicht fangen könnte, einen Schritt zur Seite geht und zu einer Flugparade ansetzt, um damit zu glänzen. Das Problem bei diesen Flugeinlagen ist, dass man sich den Ball manchmal selbst ins Tor wirft.

Vielleicht lohnt es sich zu Beginn der Debatte, die wir gemeinsam im Finanzausschuss sicherlich noch vertiefen werden, uns noch einmal vor Augen zu führen, dass es durchaus gute Gründe gab, die Steuerverwaltung zwischen Bund und Ländern aufzuteilen.

(Lisa Paus [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Alliierten haben das gemacht!)

Auch dadurch sollte sichergestellt werden, dass der Zugriff auf die Steuereinnahmen in der gemeinsamen Verantwortung von Bund und Ländern liegt, und verhindert werden, dass eine staatliche Ebene zum Bittsteller degradiert wird.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Der Sozialdemokrat Walter Menzel, der eine Bundessteuerverwaltung befürwortete, verwies in den Beratungen des Parlamentarischen Rats darauf, dass in der Weimarer Republik der Bund des Öfteren von der Reichsfinanzverwaltung dahin gehend Gebrauch machte, dass er missliebigen Ländern den Geldhahn zudrehte. Auch wenn heutzutage diese Befürchtungen oder Wünsche, je nach Sichtweise, überholt erscheinen, machen sie im Kern aber noch einmal deutlich, dass die Länder eben nicht nur bessere Regierungsbezirke des Bundes, sondern Partner auf Augenhöhe sind.

Auch ich stehe einer Bundessteuerverwaltung positiv gegenüber. Wir alle kennen aber auch das Ergebnis der Föderalismuskommission II. Auf eine Bundessteuerverwaltung konnte man sich damals leider nicht einigen. Ich begrüße es ausdrücklich, dass der Bundesfinanzminister hier erneut die Initiative ergriffen hat, dieses Thema auch für die neuen Gespräche auf die Agenda zu setzen.

(Lisa Paus [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Na also!)

Bislang habe ich noch keinen Vorstoß des Landes Baden-Württemberg vernommen – in dem Sie ja immerhin den Ministerpräsidenten stellen –, das Grundgesetz und das Finanzverwaltungsgesetz zu ändern, um die Landesfinanzverwaltung in eine Bundessteuerverwaltung zu überführen. Ganz im Gegenteil: Auch Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen, wo die Grünen immerhin mitregieren, lehnen eine Bundessteuerverwaltung entschieden ab und haben das auf der jüngsten Tagung der Finanzminister noch einmal deutlich gemacht. Der gerade erwähnte Ball, liebe Kolleginnen und Kollegen der Grünen, befindet sich somit in Ihrem Tor.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Die Vorbehalte gegen eine Zentralisierung werden Sie auch nicht mit Geld und warmen Worten zerstreuen. Beim Lesen des Antrages kann man den Eindruck gewinnen dass es nur darum ginge, den Ländern genügend Geld für die Übernahme der Pensionslasten anzubieten; dann würden diese auch zustimmen. So einfach ist es leider nicht.

Wir müssen in der Diskussion aber auch die Themen sauber trennen. Im Antrag sprechen Sie zum einen die Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen, das BEPS-Projekt der OECD-Staaten, Steuervermeidungsmodelle von großen Kapitalgesellschaften und auch Fragen der Effektivität der Steuerverwaltung an. Damit verheben Sie sich.

Herr Feiler, mögen Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Schick zulassen?

Ja, natürlich.

Bitte schön.

Herr Kollege, ich möchte nur die Frage stellen, warum Sie eigentlich den Bundesfinanzminister, der Ihrer Partei angehört, im Regen stehen lassen, obwohl er den Vorschlag gemacht hat, eine Bundessteuerverwaltung zu errichten. Es wäre doch sinnvoll, dass der Bundestag ihn an dieser Stelle unterstützt; schließlich sind wir uns in der Sache an vielen Stellen einig. Warum unterstützen Sie ihn nicht?

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sehr geehrter Herr Kollege, der Bundesfinanzminister, aber auch die Große Koalition sind in Verhandlungen und debattieren darüber. Die Errichtung einer Bundessteuerverwaltung ist für mich persönlich nur gemeinsam mit den Ländern durchzusetzen. Dies werden wir – das haben wir jetzt erfahren müssen – nicht schaffen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Deswegen ist der einzige und richtige Weg, das Bundeszentralamt für Steuern entsprechend zu stärken.

(Beifall bei der CDU/CSU – Lisa Paus [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben aber noch gar nicht richtig angefangen! Eine tolle Verhandlungsstrategie gleich am Anfang!)

Ich fahre fort. Auch meine Fraktion beschäftigt sich intensiv mit der Frage, wie die Aufgaben- und Finanzverantwortung zwischen Bund, Ländern und Gemeinden mit dem Auslaufen des Solidarpaktes II neu geordnet werden kann. Das Gleiche gilt im Übrigen für die zuvor genannten Projekte. Ich bezweifle aber sehr, dass Sie mit dem Instrument der Bundessteuerverwaltung all diese Aufgaben lösen, wie Sie es in Ihrem Antrag andeuten. Jedes einzelne Projekt ist ein Kraftakt, sowohl in der politischen Diskussion als auch in der Umsetzung.

Die deutsche Finanzverwaltung gehört trotz ihres föderalen Aufbaus zu den effizientesten der Welt.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Ansonsten wäre Deutschland ja auch kaum angefragt worden, südeuropäischen Ländern beim Aufbau einer gut funktionierenden Steuerverwaltung zu helfen. Gleichwohl weiß ich, dass nichts so gut ist, als dass es nicht noch weitere Verbesserungspotenziale gibt. Um diese Potenziale zu heben, wurden bereits Maßnahmen ergriffen, an die ich an dieser Stelle noch einmal erinnern möchte. Als Beispiel sei die Bekämpfung des Umsatzsteuerbetruges genannt: Das Bundeszentralamt für Steuern wurde gestärkt und dort eine bundesweite Datenbank eingerichtet, in der alle Fälle im Bereich des Umsatzsteuerbetrugs bundesweit erfasst werden und auf die alle mit der Prüfung betrauten Beamten in den Ländern online zugreifen können.

Zusätzlich wurde mit der „Zentralen Stelle zur Koordinierung von Prüfungsmaßnahmen in länder- und staatenübergreifenden Umsatzsteuer-Betrugsfällen“, die auf den sinnlichen Namen KUSS hört, ein Informationsaustausch zwischen den Finanzverwaltungen im In- und Ausland eingerichtet.

Ferner unterstützt das Bundeszentralamt für Steuern die Länder bei der Besteuerung von Umsätzen im elektronischen Handel, indem im Internet nach Unternehmen und Personen gesucht wird, die Waren oder Dienstleistungen anbieten. So werden das Umsatzsteueraufkommen, aber auch die Wettbewerbsgerechtigkeit gesichert. All das sind Ansätze, die auch als Vorbild für andere Bereiche dienen können, um die Kooperation von Bund und Ländern zu verbessern.

Das Bundeszentralamt für Steuern könnte beispielsweise die Länder auch bei der Entwicklung und dem Betrieb einer einheitlichen Software für die Finanzverwaltungen des Bundes und der Länder unterstützen. Entwicklungskosten würden hierdurch sinken, die Fallbearbeitung würde vereinfacht, aber auch eine bundeseinheitliche Auswertung würde ermöglicht. In diesem Zusammenhang darf ich darauf hinweisen, dass so darüber hinaus sichergestellt werden könnte, dass der Informationsaustausch sowohl zwischen den Länderbehörden als auch zwischen Bund und Ländern entscheidend verbessert wird.

Weiter müssen wir uns darüber verständigen, welche Anreize Ländern gegeben werden können, im eigenen Interesse ihre Steuerverwaltung zu optimieren.

Ich bitte Sie daher, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, in den Ländern, in denen Sie Verantwortung tragen, für eine Kompetenzerweiterung des Bundeszentralamts für Steuern zu werben. In Bayern haben wir ein Alleinstellungsmerkmal. Wir werden innerhalb unserer Fraktion mit den Kolleginnen und Kollegen der CSU intensiv über das Thema diskutieren.

Zum Schluss meiner Rede noch ein Satz: Bund und Länder haben im Bereich von Haushalt und Finanzen eine gemeinsame gesamtstaatliche Verantwortung, der sie gerecht zu werden haben.

In diesem Sinne bedanke ich mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Als letztem Redner in dieser Aussprache erteile ich das Wort dem Abgeordneten Lothar Binding, SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/3991746
Wahlperiode 18
Sitzung 60
Tagesordnungspunkt Bekämpfung von Steuerbetrug
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