16.10.2014 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 60 / Tagesordnungspunkt 12

Markus PaschkeSPD - Arbeitslosengeld für kurzzeitig Beschäftigte

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich freue mich, dass wir zu so später Stunde noch so viele Zuhörer haben, und werde jetzt versuchen, das wieder auf ein etwas ruhigeres Niveau zu bringen.

(Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Schade, das ist doch so langweilig! – Gabriele Hiller-Ohm [SPD]: Es war gerade so schön!)

Gesetze müssen immer wieder den sich ändernden Bedingungen und Gegebenheiten auf dem Arbeitsmarkt angepasst werden. Das ist eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Deshalb finde ich Ihren Antrag im Kern auch richtig, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen von der Linken.

(Beifall bei der LINKEN – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Da können wir mal klatschen! Wenn er im Kern richtig ist, ist das schon mal gut!)

Das ist auch wenig überraschend, weil er doch im Wesentlichen aus dem Koalitionsvertrag abgeschrieben ist.

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Dann müsst ihr jetzt zustimmen!)

Das Ziel der Koalition ist, den Zugang zur Arbeitslosenversicherung besonders für kurzfristig Beschäftigte zu verbessern. Das ist dringend nötig. Ich will einmal ein Beispiel bringen, um zu verdeutlichen, worum es geht: Helga ist 40 Jahre alt, sie schlägt sich seit Jahren auf Borkum mit Saisonarbeit durch. Ihre Anstellungen sind immer wieder von mehr oder weniger langen Zeiten der Erwerbslosigkeit, vor allem im Winter, unterbrochen. Hat sie eine Anstellung, dann zahlt sie vom ersten Tag an auch Beiträge in die Arbeitslosenversicherung ein. Aber im Gegensatz zu ihren Kolleginnen, die ganzjährig beschäftigt sind, ist es für sie kaum möglich, innerhalb von zwei Jahren überhaupt die erforderlichen zwölf Monate Beitragszeiten zusammenzubekommen. Die bisherige Sonderregelung für kurzfristig Beschäftigte greift für sie auch nicht, weil sie in der Regel länger als zehn Wochen am Stück arbeitet. Das bedeutet: Helga hat gar keine Wahl und muss sofort Arbeitslosengeld II beantragen.

Das ist in meinen Augen eine Gerechtigkeitslücke.

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Richtig!)

Deshalb müssen wir dafür sorgen, dass die Betroffenen eine Absicherung durch die Arbeitslosenversicherung bekommen und nicht immer zum Jobcenter gehen müssen.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Aber warum macht ihr es denn dann nicht? Ihr seid in der Regierung!)

Keine Frage: Da müssen wir ran, und da gehen wir ran.

(Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Und wann?)

Die Sonderregelung für kurzfristig Beschäftigte läuft Ende des Jahres aus. Deswegen werden wir sie in einem ersten Schritt, um Rechtssicherheit zu schaffen – das ist der wesentliche Grund –, um ein Jahr bis Ende 2015 verlängern. Das verschafft uns Zeit und Raum für einen angemessenen Diskussionsprozess; denn um es noch einmal klar zu sagen: Es geht nicht nur um eine schnelle, sondern vor allem um eine nachhaltige, gerechte und gute Lösung.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Die liegt auf dem Tisch!)

Das bedeutet, eine Regelung für alle Beschäftigten zu finden.

(Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Unser Antrag!)

Eine generelle Verlängerung der Rahmenfrist von zwei auf drei Jahre ist sicherlich eine gute Idee.

(Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist eine schlechte Idee!)

Auch über die Veränderung der Sonderregelung für kurzfristig Beschäftigte wird nachzudenken sein; denn es ist natürlich schwer vermittelbar, warum Beschäftigte wie Helga,

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Die heißen alle Helga?)

von denen wir viele in Ostfriesland haben, trotz Beitragszahlung keinen Leistungsanspruch erwerben.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Linken, ich erwähnte anfangs, dass ich Ihren Antrag im Kern für richtig halte,

(Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Jetzt kommt es!)

aber ich bin auch der Meinung, dass er zu kurz greift. Denn wir sollten uns umfassend überlegen, wie wir den Versicherungsschutz in der Arbeitslosenversicherung effektiv stärken können und welche Regelungslücken wir schließen wollen. Wir sollten zum Beispiel überlegen, wie wir mit Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern für die Zeit umgehen, in der sie Angehörige pflegen, und ob wir sie für die Zeit in die Arbeitslosenversicherung einbeziehen können. Wir sollten uns überlegen, wie wir für Eltern, die in flexibler Elternzeit sind, oder bei einer beruflichen Weiterbildung den Versicherungsschutz aufrechterhalten können. Das waren nur drei Beispiele für Probleme, über die wir nachdenken sollten; die möglichen Lösungen für diese Probleme wollen abgewogen, bewertet und bedacht werden – mit ausreichend Zeit. Diese Überlegungen finde ich leider so nicht in Ihrem Antrag.

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Wir schreiben gern einen neuen Antrag!)

Ich weiß, es fällt Ihnen schwer, aber glauben Sie mir: Wir werden im nächsten Jahr einen guten Gesetzentwurf vorlegen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Ich denke, wir werden die Rahmenfrist verlängern und eine Lösung für alle kurzfristig Beschäftigten und Normalbeschäftigten finden. Wir werden die Arbeitslosenversicherung stärken.

Herr Kollege.

Ich komme sofort zum Schluss.

Das wäre sehr nett, Herr Kollege Paschke.

Lassen Sie mich abschließend feststellen: Es macht wenig Sinn, die Bundesregierung zu einem Handeln aufzufordern, das bereits im Koalitionsvertrag vereinbart ist.

(Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Na ja! Papier ist geduldig! – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Uns dauert das alles zu lang!)

Wenn Sie unsere Ideen gut finden, dann schließen Sie sich unseren Überlegungen und Gesetzentwürfen an! Ich lade Sie herzlich ein, dabei zu sein und gemeinsam die Arbeitslosenversicherung zu stärken.

Danke schön.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Vielen Dank. – Das Wort hat jetzt Dr. Astrid Freudenstein, CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/3991847
Wahlperiode 18
Sitzung 60
Tagesordnungspunkt Arbeitslosengeld für kurzzeitig Beschäftigte
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