17.10.2014 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 61 / Tagesordnungspunkt 21

Jens SpahnCDU/CSU - Pflegeversicherung

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Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Frau Kipping, was Sie hier gerade gesagt haben, war schon entlarvend. Sie haben im ersten Teil Ihrer Rede in Stamokap-Rhetorik

(Lachen bei der LINKEN)

über Finanzfantasien gesprochen. Sie haben es geschafft, hier minutenlang zu reden, ohne einmal diejenigen zu erwähnen, um die es in der Pflege wirklich geht, nämlich um die Menschen, das heißt um die Pflegebedürftigen und ihre Angehörigen. Sie befinden sich in irgendwelchen Theoriegebäuden, und wir sind bei den Menschen. Das ist heute hier wieder deutlich geworden.

(Beifall bei der CDU/CSU – Widerspruch von der LINKEN)

Worum geht es bei der Pflege? Worum geht es, wenn man pflegebedürftig ist? Es geht darum, dass man Unterstützung im Alltag braucht, dass man Unterstützung braucht, wenn man morgens nicht mehr allein aufstehen und sich waschen kann. Das ist für diejenigen, die langsam erkennen müssen, diese Hilfe zu brauchen, nachdem sie 60, 70 oder 80 Jahre lang im Leben ihren Mann bzw. ihre Frau gestanden haben,

(Zuruf der Abg. Katja Kipping [DIE LINKE])

die merken, dass sie es nicht mehr alleine schaffen, eine ganz große Herausforderung. Es geht um eine Situation, in der Menschen – die Pflegebedürftigen wie auch ihre pflegenden Angehörigen – Unterstützung brauchen. Darüber ein wenig zu reden,

(Katja Kipping [DIE LINKE]: Das habe ich sehr wohl gemacht!)

das wäre heute Morgen angemessen gewesen – und nicht das Geschrei, das Sie hier veranstaltet haben.

(Beifall bei der CDU/CSU – Katja Kipping [DIE LINKE]: Das ist ja unglaublich! Sie lenken jetzt bloß ab von den Fehlern Ihres Gesetzes!)

Genau diese Unterstützung im Alltag wollen wir auch liefern.

Worum geht es den meisten, die man fragt, was sie brauchen und worum es in der Pflege eigentlich geht? Die meisten sagen dann: Wir brauchen mehr Zeit und mehr Pflegekräfte bzw. ein Stück weit mehr Unterstützung dabei, uns kümmern zu können. Das brauchen wir, um als pflegende Angehörige auch einmal eine Insel der Erholung zu haben.

(Katja Kipping [DIE LINKE]: Genau!)

Genau da, beim ambulanten Bereich der Pflege, setzen wir an.

(Zuruf der Abg. Katja Kipping [DIE LINKE])

– So wie Sie hier krakeelen, Frau Kipping, scheint das ja wehgetan zu haben.

Bei der ambulanten Pflege geht es darum, dass man nicht nur die klassischen Pflegeunterstützungen – die soll es natürlich auch weiterhin geben – im Alltag bekommt, sondern dass es für pflegende Angehörige mehr Möglichkeiten gibt, sich Inseln des Luftholens zu verschaffen. Es geht um Betreuungs- und Entlastungsleistungen. Es geht darum, dass man weiß, dass zweimal in der Woche – am Dienstag- oder Donnerstagnachmittag – jemand für drei oder vier Stunden da ist, sodass man seinen Hobbys nachgehen und seine Freundschaften pflegen kann. Zu Hause pflegender Angehöriger zu sein, heißt, sieben Tag die Woche 24 Stunden lang im Einsatz zu sein. Genau diesen Menschen wollen wir helfen, Inseln der Entlastung im Alltag zu haben. Das machen wir mit den Betreuungs- und Entlastungsleistungen möglich.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Das Gleiche gilt für die stationären Einrichtungen. Pro 20 Pflegebedürftige wird es eine Betreuungskraft geben. Das macht im Ergebnis für Deutschland 50 000 Betreuungskräfte. Das ist – dies wird von den Pflegekräften bestätigt, mit denen wir in den Einrichtungen reden – eine enorme Entlastung. Die Pflegekräfte sagen: Wir haben es gemerkt, dass es neue Kräfte schon in einem ersten Schritt gab. Wir werden auch das merken, was ihr jetzt tut: dass es mehr Personal gibt. Es entlastet uns im Alltag. Wir haben insgesamt wieder mehr Zeit. – Deshalb sind beide Maßnahmen – sowohl im ambulanten als auch im stationären Bereich – ein wichtiges Signal für mehr Zeit und Unterstützung in der Pflege.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Insofern ist das, liebe Frau Scharfenberg und liebe Frau Klein-Schmeink, was Sie hier gesagt haben, schon ein bisschen Hohn. Sie sagen, das sei luftleer bzw. irgendwie Kosmetik oder Arithmetik. Auch sprachen Sie von „Trippelschritten“. Wir können ja einmal mit den pflegenden Angehörigen, den Pflegekräften und den Pflegebedürftigen sprechen.

(Elisabeth Scharfenberg [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sehr gerne!)

Ich war in diesen Tagen bei einer Selbsthilfegruppe pflegender Angehöriger. Die sagen: Wir brauchen genau das: Entlastung bzw. Hilfen im Alltag und Inseln der Erholung. – Genau das geben wir ihnen. Es ist einfach ein Schlag ins Gesicht dieser Menschen, wenn Sie sagen: Das ist nichts. Das ist luftleer. Das sind Trippelschritte. – Für die pflegenden Angehörigen ist es eine enorme Hilfe.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Elisabeth Scharfenberg [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich bin sehr gespannt darauf!)

Auch da hat die Linke in ihrer Argumentation wieder etwas Besonderes geschafft; das haben wir gerade gehört. Sie sind es, die wirklich bei jeder Gelegenheit kritisieren, dass es private Anbieter in der Pflege oder im Gesundheitswesen gibt. Alles, was privat und nicht staatlich ist, ist bei Ihnen schlecht. Bei der Argumentation zu den Entlastungsleistungen schaffen Sie es, die Stellungnahme des Bundesverbandes privater Anbieter sozialer Dienste bis in die Wortwahl eins zu eins aufzugreifen und zu zitieren. Sie stellen sich damit gegen den Sozialverband Deutschland, gegen den VdK und gegen die BAG Selbsthilfe. Die Sozialverbände sagen: Das, was ihr tut, ist richtig. Die privaten Anbieter sagen: Das ist falsch.

(Zuruf der Abg. Pia Zimmermann [DIE LINKE])

Die Linken sind aufseiten der privaten Anbieter. Es ist bemerkenswert, das heute hier festzustellen. Sie sind mit Ihrer Argumentation nicht aufseiten der Sozialverbände, Sie sind aufseiten der privaten Anbieter.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Widerspruch von der LINKEN)

– Ja, ja, ich weiß, es tut weh, wenn man sich verrannt hat, aber am Ende ist es so.

(Dr. Petra Sitte [DIE LINKE]: Nein, das ist völlig absurd!)

Worum geht es noch, wenn wir über Zeit reden? Die Pflegenden sagen uns: Es geht auch darum, dass ihr Bürokratie abbaut. Wir sind viel zu sehr damit beschäftigt, Häkchen zu machen, um zu dokumentieren, was wir den ganzen Tag gemacht haben, und kommen viel zu wenig dazu, uns um die Menschen zu kümmern. – Genau das – der Minister hat es gesagt – steht zwar nicht im Gesetz, aber wir regeln es parallel, indem wir bei der Dokumentation zu Veränderungen kommen.

Hier geht es eigentlich um etwas ganz Banales, etwas sehr Vernünftiges. Wir müssen davon wegkommen, alles zu dokumentieren, dass man all das nachweisen muss, was den ganzen Tag abgelaufen ist. Wir wollen hin zu dem einfachen Prinzip, nur noch das zu dokumentieren, was ungewöhnlich, was anders als am Vortag war. Jeder sieht, dass Dokumentation nötig ist, um die Qualität nachvollziehbar zu machen. Am Ende muss es aber ein vernünftiges Maß und vernünftige Regeln zur Dokumentation geben. Hier gehen wir einen wichtigen Schritt nach vorne. Das sagen auch diejenigen, die in der Pflege tätig sind. Das bringt 20 bis 30 Prozent weniger Pflegebürokratie. Selbst wenn es nur die Hälfte wäre, wäre es ein guter Schritt nach vorne, weil dies mehr Zeit für die Pflegbedürftigen bedeutet, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Kommen wir zu dem, was die Menschen wollen. Sie von der Opposition sagen, all das, was wir jetzt tun, gehe an den Zielen der Menschen vorbei. Ein wichtiger Aspekt dabei ist – er ist bereits angesprochen worden –: Die Menschen wollen möglichst lange zu Hause bleiben, möglichst lange in den eigenen vier Wänden leben. Dafür gibt es die Entlastungs- und Betreuungsleistungen.

Dazu gehört aber auch die Möglichkeit, das eigene Zuhause umzubauen, etwa etwas an der Dusche zu verändern, das Bad insgesamt umzubauen oder die Türen zu verbreitern. Wir erhöhen den Zuschuss, den die Pflegeversicherung für solche Umbaumaßnahmen vorsieht, auf 4 000 Euro pro Maßnahme. Frau Ministerin Hendricks hat gerade angekündigt, dass die KfW das altersgerechte Umbauen von Wohnungen durch günstige Kredite und entsprechende Zuschüsse weiter fördern wird. Auch hier helfen wir den Menschen, ihren größten Wunsch, länger in den Wohnungen bleiben zu können, umzusetzen. Deswegen ist dies ein guter Tag für Pflegende und Pflegebedürftige in Deutschland.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Herr Kollege Spahn, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Klein-Schmeink?

Jederzeit.

Sie haben jetzt sehr beredt verschiedene Verbesserungen aufgezählt. Das waren sehr einfache Dinge, wie zum Beispiel die Wohnraumanpassung. Das ist leicht verständlich. Warum haben Sie es in den letzten vier Jahren nicht geschafft, genau diese Dinge auf den Weg zu bringen? Warum hat es diese Leistung zur Entlastung pflegender Angehöriger nicht schon längst gegeben? Warum hat es den Bürokratieabbau nicht gegeben? Sie hatten dafür extra eine Fachbeauftragte. Warum hat es das alles nicht gegeben? Warum müssen wir jetzt darüber reden und müssen gleichzeitig zur Kenntnis nehmen, dass die eigentliche Pflegereform schon wieder verschoben worden ist?

(Mechthild Rawert [SPD]: Sie ist nicht verschoben!)

Liebe Frau Kollegin Klein-Schmeink, auch Sie sind schon ein bisschen länger dabei. Wenn Sie an die letzten Jahre denken, wüssten Sie genauso gut wie ich, dass wir in der christlich-liberalen Koalition in der letzten Legislaturperiode mit dem Pflege-Neuausrichtungs-Gesetz schon ganz wichtige erste Schritte in Richtung mehr Betreuung gegangen sind.

(Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Trippelschritte!)

Wir haben zum ersten Mal in größerem Umfang Demenz, die Einschränkung kognitiver Fähigkeiten, berücksichtigt. Wir haben zum ersten Mal Hilfe gegeben. Wir gehen diese Schritte jetzt weiter. Das ganze Leben ist Evolution, Weiterentwicklung.

(Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das erzählen Sie mal den Leuten in der Pflege!)

– Wenn das einzige Argument, das Sie hier noch haben, um dagegen zu stimmen, ist, dass es zu spät und zu wenig ist, dann ist das ein schlechtes Argument, das Sie hier vorbringen, um am Ende Nein sagen zu müssen und den Menschen nicht im Alltag zu helfen. Das ist das einzige Argument, das Sie hier vorbringen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Sie wissen genau, dass die Dinge sich entwickeln müssen. Sie wissen genau, dass der Pflegebedürftigkeitsbegriff jetzt erst einmal in der Praxis getestet werden muss. Eines ist nämlich klar: Wir machen kein Experiment mit 1 Million Menschen in Deutschland. Jedes Jahr werden 1 Million Menschen neu in der Pflegeversicherung eingestuft – „eingestuft“ ist so ein furchtbares Wort –,

(Mechthild Rawert [SPD]: Begutachtet!)

oder besser gesagt: Man schaut, welche Hilfe sie brauchen. Wir sagen: Nur weil es theoretische Konzepte gibt, wie das zu verändern wäre und wie man das anders sehen könnte, können wir diese nicht mal eben 1 Million Menschen überstülpen, sondern wir müssen das erst in Modellprojekten in der Praxis erproben und fragen: Was ist vorher? Was ist nachher? Wenn wir dann sehen, dass es gut ist und ohne Fehler funktioniert, machen wir es für alle. Das ist vernünftig. Dann bricht auch kein Chaos aus, und es ist vor allen Dingen Planungssicherheit gegeben. Deswegen dauert es noch ein paar Monate, und die werden wir uns noch gedulden müssen, liebe Frau Kollegin.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Ich komme zum Vorsorgefonds, der hier schon mehrfach angesprochen wurde. 1964 wurden 1,4 Millionen Menschen in Deutschland geboren – der Kollege Nüßlein hat gerade darauf hingewiesen –, der geburtenstärkste Jahrgang, den es jemals in Deutschland gab. Diese Menschen wurden oder werden in diesem Jahr alle 50 Jahre alt. In diesem Jahr werden, wenn es gut läuft, 650 000 Kinder geboren – halb so viele. Das heißt, wir wissen jetzt schon: Wenn die Menschen dieses geburtenstarken Jahrgangs in 25, 30 oder 35 Jahren teilweise pflegebedürftig werden – bis zu einem Drittel jedes Jahrgangs braucht wahrscheinlich Unterstützung im Alter –, dann wird es wesentlich weniger Beitragszahler, wesentlich weniger junge Menschen in Deutschland geben, die das am Ende mitfinanzieren müssen. Dass wir heute anfangen, zum ersten Mal in einem sozialen Sicherungssystem gezielt eine Rücklage für diese Zeit zu bilden,

(Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: 0,1 Prozent!)

ist übrigens nicht nur ein Schutz für künftige Beitragszahler, sondern vor allem auch ein Schutz für künftige Pflegebedürftige; denn nur dann, wenn finanzielle Spielräume da sind, wird nicht über Leistungskürzungen geredet. Ja, natürlich ist Sparen im Heute immer schwerer, als Geld auszugeben. Sie haben immer ganz viele Ideen, was man alles noch finanzieren könnte. Die hätten wir auch. Sparen ist immer anstrengender, weil es Konsumverzicht im Heute bedeutet. Aber eine kluge Gesellschaft sorgt für das Morgen vor, wenn sie weiß, was da passiert. Genau das tun wir an dieser Stelle.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Man hätte sich im Übrigen – es ist schon darauf hingewiesen worden – gerade von den Grünen gewünscht, die doch sonst immer von Nachhaltigkeit reden und davon, dass man an spätere Generationen denken müsse, dass sie in ihrer Argumentation einmal etwas mehr auf diese demografische Veränderung in Deutschland eingehen. Wir werden weniger, und wir werden älter. Das ist ja erst einmal etwas Schönes. Aber das Ganze muss am Ende auch noch gestaltbar und finanzierbar sein. Man hätte sich gewünscht, dass Sie auch dazu einmal zwei oder drei Sätze grundsätzlicher Art sagen.

Kollege Spahn, die Kollegin Scharfenberg hätte auch gern eine Zwischenfrage gestellt oder eine Zwischenbemerkung gemacht.

Sie hat zwar auch schon geredet, aber gerne.

(Thomas Oppermann [SPD]: Aber noch nicht alles gesagt!)

– Offensichtlich.

Vielen Dank, Herr Kollege. – Ich hätte noch einmal eine Frage zu dem Vorsorgefonds. Es gab ja Anhörungen. Da gab es kaum einen Experten, der diesem Pflegevorsorgefonds, über den wir heute abstimmen, etwas Positives abgewinnen konnte. Das hatte unterschiedliche Facetten; aber es gab eigentlich niemanden, der gesagt hat: Das ist der große Wurf, und das wird etwas bringen. – Warum führen Sie ihn trotzdem ein? Warum stellen Sie sich gegen die Expertenmeinungen? Es ist ja nicht nur die Opposition, die das hier moniert.

Es ist ja wie immer bei Anhörungen: Man sucht sich die Meinung heraus, die zur eigenen am besten passt.

(Elisabeth Scharfenberg [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und wenn alle Nein sagen?)

– Jetzt lassen Sie mich einmal den Gedanken zu Ende führen. – Ein Teil der Experten hat gesagt: Eigentlich müsstet ihr noch mehr zurücklegen.

(Lothar Riebsamen [CDU/CSU]: So war das!)

Dafür hätte ich die Grünen hier gerne kämpfen sehen. Wenn Sie die angebliche Partei der Nachhaltigkeit und derjenigen, die an morgen denken, sind – so deklarieren Sie sich ja immer –, dann müssten eigentlich Sie hier sitzen und sagen: Ihr müsst noch mehr zurücklegen, und nicht weniger. – Das wäre die Argumentation, die ich mir von Ihnen gewünscht hätte.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Trotzdem ist es am Ende besser, überhaupt einmal anzufangen. Ein Teil der Experten hat gesagt: Es ist richtig, dass ihr anfangt; aber eigentlich müsstet ihr mehr tun. – Übrigens haben selbst die deutschen Gewerkschaften gesagt, dass es sinnvoll sei, in der Rentenversicherung Rücklagen zu bilden, wenn wir alle immer älter werden. Das ist ein ganz wichtiges Prinzip. Ich würde mir zumindest einmal wünschen, dass Sie in Ihren Reden nicht nur immer an das Heute denken und daran, wie wir möglichst viel heute tun können. Sie haben in keiner Ihrer Reden auf die Herausforderung hingewiesen, dass die Zahl der Pflegebedürftigen in Deutschland in den nächsten Jahren steigen wird.

(Elisabeth Scharfenberg [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Stimmt nicht! Sie hätten zuhören müssen!)

Sie sind immer nur im Jetzt, und das war ich von Ihnen eigentlich anders gewohnt.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Abschließend muss man mit Blick auf das Finanzvolumen sagen: Wir werden den Leistungsumfang der gesetzlichen Pflegeversicherung insgesamt um etwa 10 Prozent erhöhen. Das ist die größte Erhöhung, die es jemals in einem sozialen Sicherungssystem gegeben hat – um 2,4 Milliarden Euro. Wir werden dies – es gehört zur Wahrheit dazu; das muss man ehrlich sagen – über eine Erhöhung des Beitragssatzes finanzieren. Ja, für Arbeitnehmer, Arbeitgeber und Rentner werden höhere Beiträge fällig. Aber das Spannende ist: In dieser Debatte in Deutschland gibt es niemanden, der diese Beitragssatzerhöhung kritisiert – Arbeitgeber nicht, Gewerkschaften nicht, Sozialverbände nicht, Pflegeeinrichtungen nicht. Alle sagen, jeder erkennt an – wahrscheinlich, weil jeder schon in der eigenen Familie erlebt hat, was in der Pflege eigentlich nötig ist, um eine bessere Unterstützung zu leisten –, dass wir hier einen richtigen Schritt tun, dass es richtig ist, mehr zu investieren. Ich glaube, das ist die umstrittenste Beitragssatzerhöhung, die es seit langer Zeit in der Bundesrepublik gegeben hat.

(Mechthild Rawert [SPD]: Unumstrittenste!)

– Sorry! Eine wichtige Silbe fehlte – sehr richtiger Hinweis –: unumstrittenste Beitragssatzerhöhung in der Geschichte der Bundesrepublik. – Dass sie so unumstritten ist, zeigt eben, dass wir in Deutschland am Ende einen ganz wichtigen, richtigen, großen Schritt tun für die Pflegebedürftigen, für ihre Angehörigen und für die Pflegekräfte.

(Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist es ja eben: Sie machen einen Trippelschritt!)

Insofern könnte man erwarten, dass Sie von Ihrer Brachialrhetorik wegkommen, die weit weg von dem ist, was die Menschen im Alltag erleben,

(Dr. Petra Sitte [DIE LINKE]: Brachial? Also! – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Das sagt der Richtige!)

und anerkennen, dass wir hier Gutes tun. Die Kollegin hat so schön gesagt: „Froh zu sein bedarf es wenig.“ – Ich ergänze: Und wer froh ist, ist ein König. – Seien Sie mal ein bisschen froh über das Gute, das wir hier tun.

(Anhaltender Beifall bei der CDU/CSU – Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Die Kollegin Heike Baehrens hat als nächste Rednerin das Wort für die Sozialdemokraten.

(Beifall bei der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/3993059
Wahlperiode 18
Sitzung 61
Tagesordnungspunkt Pflegeversicherung
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