17.10.2014 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 61 / Tagesordnungspunkt 21

Erich IrlstorferCDU/CSU - Pflegeversicherung

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Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Es haben nun schon einige Rednerinnen und Redner zum ersten Pflegestärkungsgesetz gesprochen. Ich darf nun den Abschluss machen. Ich möchte unterstreichen, dass wir damit endlich den ersten Schritt einer komplexen Verbesserung der Pflege in Deutschland beschließen.

Nach 20-jährigem Bestehen der gesetzlichen Pflegeversicherung, in deren Verlauf zwar schon eine Reihe von Weiterentwicklungen vorgenommen wurde, ist nun diese große Reform fällig. Dabei betone ich ausdrücklich: Die Pflegereform ist als Ganzes für diese Legislatur zu begreifen, die in verschiedenen Teilabschnitten und -schritten Verbesserungen bringen wird.

Erstens. Das Gesetz, das wir heute verabschieden, bringt ab dem 1. Januar 2015 deutliche Leistungsverbesserungen für hausärztliche, ambulante und stationäre Pflege und Betreuung.

Zweitens. Auf die Einführung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs, dessen gesetzliche Grundlage wir in 2015 auf Basis der beiden aktuell durchgeführten Studien schaffen, werden sich alle Beteiligten im Jahr 2016 vorbereiten können, damit dann die vollständige Umstellung 2017 gelingen kann. Das ist seriöse Politik.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Drittens. Unter einer großen Pflegereform sind in meinen Augen auch das Pflegezeitgesetz und das geplante Pflegeberufegesetz zu verstehen.

(Mechthild Rawert [SPD]: Richtig!)

Der eine oder andere wird sich jetzt fragen, warum eine Pflegereform so weit zu fassen ist. Ich möchte das nochmals ausführen. Es geht zum einen um die pflegebedürftigen Menschen, für die wir hier verbesserte und passgenaue Leistungen anbieten. Es geht zum anderen natürlich auch um die Angehörigen, für die wir hier Entlastungen und Unterstützungen verankern. Aber – das ist enorm wichtig – es geht auch um die Stärkung der Männer und vor allem auch der Frauen, die Pflege zu ihrem Beruf gemacht haben. Das ist absolut notwendig.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Für mich ist vollkommen klar, dass diese Pflegereform hier und jetzt begonnen werden muss. Auch die gesellschaftliche Akzeptanz der Erhöhung des Beitragssatzes – vergessen wir nicht: auch vonseiten der Wirtschaft – ist in meinen Augen Ausdruck des Reformbedarfs, den wir in der Pflege haben und den uns die Menschen jeden Tag zu verstehen geben. Doch klar ist auch, dass diese große Pflegereform nicht alle bestehenden Probleme sofort verbessern oder auch sofort lösen kann; so ehrlich müssen wir sein.

Wir werden mit dem ersten und zweiten Pflegestärkungsgesetz eine Beitragserhöhung vornehmen, die, auf das System gerechnet, so hoch ist, wie es sie in keiner anderen Sozialversicherungsart in den vergangenen Jahrzehnten gegeben hat. Gleichzeitig möchte ich darauf aufmerksam machen, dass wir für eine umfassende Pflegereform – das wurde vorher schon erwähnt – Zeit brauchen. Wir brauchen Zeit, um in einer so umfassenden Entwicklung wie dem demografischen Wandel eine angemessene Struktur zu finden. Dies geschieht auf unterschiedlichste Art und Weise, auch auf verschiedensten Ebenen. Aber diese Zeit benötigen wir auch für ein anderes Selbstverständnis, damit wir begreifen, was es bedeutet, alt, gebrechlich und hilfsbedürftig zu sein. In unserer Gesellschaft müssen wir auch im öffentlichen Leben noch lernen, wie wir im Alltag damit umgehen, wenn wir zum Beispiel Mitbürgerinnen und Mitbürgern mit Demenz begegnen.

Wir bringen heute mit dem ersten Pflegestärkungsgesetz eine Reihe von Entlastungen, gerade auch für Angehörige, auf den Weg. Ich befürworte das, weil es ein unabdingbares Element in unserer Pflegeverbesserungsstrategie ist. Für uns als Union ist auch die Stärkung der tariflichen Bezahlung in der Pflege sehr wichtig; denn Qualität in der Pflege kann es nur dann geben, wenn die in der Pflege arbeitenden Menschen in unser Reformvorhaben einbezogen werden.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Es ist daher ein Anliegen dieser Bundesregierung, eine umfassende Reform der Ausbildung in den Pflegeberufen auf den Weg zu bringen. Diese muss von umfassenden Maßnahmen zur Stärkung der Pflegeberufe begleitet werden. Das tun wir heute.

Ein erster wichtiger Schritt in diese Richtung besteht darin, dass wir durch eine Umstrukturierung der Ausbildung der Pflegeberufe besser auf die neuen Herausforderungen der Pflege vorbereiten wollen. Dieses wird im Rahmen einer generalistischen Ausbildung erfolgen. Aber ich warne hier auch: Wir müssen vorsichtig sein, damit die Altenpflege nicht hinten herunterfällt.

Zugleich ist es in meinen Augen ein unhaltbarer Zustand, dass wir in Deutschland einen Fachkräftemangel in der Pflege beklagen, Auszubildende für diese Berufe aber oftmals in einigen Bundesländern noch persönlich Schulgeld für ihre Ausbildung zahlen müssen. Der Missstand muss der Vergangenheit angehören.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie der Abg. Dr. Petra Sitte [DIE LINKE])

Wer gute Pflege haben will, muss Pflegekräfte angemessen bezahlen, ihnen berufliche Perspektiven bieten und dafür sorgen, dass sie lange, gerne und verantwortungsvoll ihren Beruf ausüben.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn es um eine angemessene Versorgung pflegebedürftiger Menschen geht, muss auch die medizinische Versorgung weiterentwickelt werden. Gerade der Ärztemangel in manchen Regionen stellt uns hier vor Herausforderungen, die wir für die Pflegebedürftigen angehen müssen.

Als zuständiger Berichterstatter für meine Fraktion für zahnmedizinische Versorgung ist es mir wichtig, dass wir schon im Rahmen dieses Gesetzes die Zahn- und Mundgesundheit bei Pflegebedürftigen angehen. Prävention und Mundhygiene sind uns wichtig.

Zum Abschluss möchte ich schon auch noch zu dieser Debatte über Sterbehilfe und dergleichen etwas sagen: Unsere Antwort in dieser Diskussion ist zum einen natürlich, die Versorgung durch Hospiz- und Palliativmedizin zu steigern, vollkommen klar. Aber hier ist auch die Pflege ein wesentlicher Ansatzpunkt, damit wir nicht nur darüber reden, wie Menschen in Würde sterben können, sondern dass wir auch Lösungen dafür anbieten, wie Menschen die letzten Lebensjahre in Würde verbringen können. Das ist uns wichtig.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Deshalb bitte ich Sie, diesem Gesetzentwurf zuzustimmen. Es ist eine wichtige Reform in der Pflege, und es ist ein Signal: Wir investieren in Menschen.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/3996635
Wahlperiode 18
Sitzung 61
Tagesordnungspunkt Pflegeversicherung
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