17.10.2014 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 61 / Tagesordnungspunkt 22

Sylvia JörrißenCDU/CSU - Wohnungsnot in Hochschulstädten

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Der Antrag der Linken gibt uns heute Anlass, über zwei wesentliche Bereiche zu diskutieren, die unser gesellschaftliches Leben in Deutschland ausmachen: Wohnen und Bildung. Eine angemessene Versorgung mit Wohnraum gehört zweifelsohne zu den Grundbedürfnissen im Hinblick auf ein menschenwürdiges Leben. Der vorliegende Antrag befasst sich mit dem studentischen Wohnen und stellt damit eine Querverbindung zum Bereich „Bildung“ her.

Bildung ist das Grundkapital der Gesellschaft. Bildungsinvestitionen sind Investitionen in die Zukunft unserer Gesellschaft und unseres Landes. Dafür macht sich die Große Koalition stark.

Meine Damen und Herren, der Antrag der Linken geht auf ein Problem ein, das uns nicht nur bekannt ist, sondern auf das wir bereits reagieren. Lassen Sie mich auf einzelne Punkte eingehen.

Die großen deutschen Städte erfahren derzeit einen Ansturm junger Menschen. Diese ziehen in die Metropolen, da sich dort gute Arbeits- und Ausbildungsmöglichkeiten sowie Kultur- und Freizeitangebote konzentrieren. Bei Studierenden ist diese Entwicklung besonders deutlich. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes belief sich die Zahl der Studierenden für das vergangene Wintersemester auf insgesamt über 2,6 Millionen. Seit 2003 bedeutet das eine Steigerung von über einem Drittel. Dies ist zuallererst eine positive Nachricht. Ich bin sehr froh darüber, dass sich heute so viele junge Menschen dazu entschließen, ein Studium aufzunehmen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Gerade im Hinblick auf den uns bevorstehenden Fachkräftemangel brauchen wir sehr gut ausgebildete Nachwuchskräfte. Zunächst muss festgehalten werden, dass sich der Zuwachs an Studenten keineswegs gleichmäßig auf die Universitätsstädte verteilt. Eine aktuelle Studie hat die Wohnungssituation von 81 Hochschulstädten in Deutschland verglichen und in einem Ranking dargestellt. Ja, die Studie sieht eine Verschärfung der Wohnsituation für Studierende, jedoch konzentriert auf einige Städte. Angeführt wird das Ranking von München, Hamburg und Frankfurt. Daneben werden aber auch Hochschulstädte mit wenig angespanntem Wohnungsmarkt aufgezeigt. Für mich wird daraus deutlich, dass hier nur maßgeschneiderte und zielgerichtete Lösungen wirkungsvoll sind. Darauf setzt die Regierungskoalition. Eine flächendeckende Mietpreisbremse, wie es die Linke fordert, wäre keineswegs eine adäquate Maßnahme, um den Wohnungsmangel in einigen Metropolen zu bekämpfen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir haben gemeinsam mit der SPD eine Mietpreisbremse entwickelt, die gezielt den Druck aus den überhitzten Märkten nimmt. Sie ist ein wichtiger Beitrag dafür, dass Mieten auch für Normalverdiener bezahlbar bleiben.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Mietsteigerungen von 30 bis 40 Prozent, die in manchen Ballungsräumen teilweise zur Praxis gehörten, ist nun ein Riegel vorgeschoben. Mieten dürfen in Zukunft die ortsübliche Vergleichsmiete nur noch höchstens um 10 Prozent übersteigen. Entscheidend dabei ist, dass dort die Länder und Kommunen verpflichtet werden, Maßnahmen zu entwickeln, die die Ursachen des Problems bekämpfen. Die Mietpreisbremse ist ein Instrument, das die Symptome lindert. Langfristig löst sie allerdings unsere Probleme nicht; denn sie baut keine einzige neue Wohnung.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Der Bau neuer Wohnungen ist und bleibt das einzige Mittel, um den Wohnungsmangel in den Griff zu bekommen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Die Mietpreisbremse darf also keine Investitionsbremse sein. Deshalb muss der Neubau ausgenommen sein.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Meine Damen und Herren, wir müssen ein Klima schaffen, in dem Investitionen in den Neubau getätigt werden, und das zu bezahlbaren Preisen. In diesem Zusammenhang sollten wir auch darüber nachdenken, ob sich steuerliche Begünstigungen in Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt realisieren lassen.

(Beifall bei der CDU/CSU – Marie-Luise Dött [CDU/CSU]: Gute Idee!)

Auf diese Weise könnten Investitionen genau dort, wo Angebot und Nachfrage weit auseinanderfallen, angeregt werden.

Doch auch an anderer Stelle greift der Bund unterstützend ein. Aktuell werden die BAföG-Regelungen überarbeitet. Der Entwurf des 25. BAföG-Änderungsgesetzes sieht vor, die Bedarfssätze generell um 7 Prozent zu erhöhen. Der Wohnzuschlag wird überproportional auf 250 Euro angehoben. Damit ist ein wichtiger Schritt getan, um den gestiegenen Mietkosten Rechnung zu tragen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Meine Damen und Herren, es ist richtig, dass die Situation auf dem studentischen Wohnungsmarkt derzeit in einigen Städten sehr angespannt ist. Bund und Länder reagieren bereits. Allerdings ist es auch wichtig, die mittel- und langfristige demografische Entwicklung nicht außer Acht zu lassen. Die gestiegene Zahl der Studienanfänger ist begründet im Aussetzen der Wehrpflicht und der Einführung der achtjährigen Gymnasialzeit. Die Studentenzahlen werden in wenigen Jahren schon wieder rückläufig sein. Für langfristige Lösungsansätze bedarf es daher auch Planungen über die mögliche Nachnutzung von Gebäuden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen der Linken, Sie fordern in Ihrem Antrag den Bau von 100 000 zusätzlichen Wohnheimplätzen zu Kosten von 60 000 Euro pro Platz. Der Bund soll davon 60 Prozent übernehmen. Offen bleibt jedoch, woher in Zeiten der Haushaltskonsolidierung ein Betrag von 3,6 Milliarden Euro kommen soll. Wir leben hier nicht im Lande „Wünsch dir was“. Das Allerwichtigste, was wir für die kommende Generation tun können, ist, einen ausgeglichenen Haushalt ohne Neuverschuldung zu präsentieren.

(Beifall bei der CDU/CSU – Caren Lay [DIE LINKE]: Millionärssteuer! – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Die Linke will Akademiker bevorzugen! Das ist unmöglich!)

Nebenbei sei hierzu noch gesagt, dass Sie mit den Vorschlägen über wilde Kreuz- und Quersubventionen in Ihrem Antrag unser föderales System aushebeln. Seit der Föderalismusreform 2006 tragen die Länder die ausschließliche Verantwortung für die soziale Wohnraumförderung und damit auch für den Bau von Wohnraum für Studierende. Die Länder erhalten bis Ende 2019 518 Millionen Euro jährlich aus Kompensationsmitteln. Diese Mittel müssen jedoch auch für den vorgesehenen Zweck eingesetzt werden. Hier muss an die Verantwortung der Länder appelliert werden.

Unbeschadet der Zuständigkeit der Länder sieht die Große Koalition es als ihre gesellschaftspolitische Aufgabe, einen Beitrag zur Lösung des Problems zu leisten, und setzt ihre Aktivitäten zur Schaffung von zusätzlichem studentischen Wohnraum fort. Dazu hat das Bauministerium das Bündnis für bezahlbares Wohnen und Bauen ins Leben gerufen. Im Juli 2014 fand unter der Leitung der Ministerin die erste Sitzung statt. Beteiligt sind Vertreter aller föderalen Ebenen und zahlreiche Verbände rund um das Thema „Wohnen und Bauen“. Damit sitzen alle beteiligten Akteure an einem Tisch. Das ist wichtig, um langfristige und zukunftssichere Lösungen zu entwickeln. Handlungsschwerpunkte sind, bezahlbare Mieten und eine soziale Sicherung des Wohnens zu erreichen. Eine besonders wichtige Rolle messe ich der Baukostensenkungskommission bei;

(Marie-Luise Dött [CDU/CSU]: Ja! Genau!)

denn nur wenn das Bauen bezahlbar ist, sind es auch die Mieten.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich setze große Hoffnungen auf das Bündnis und erwarte, dass zügig Lösungen präsentiert und umgesetzt werden.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Hoffnung stirbt zuletzt!)

Nur so lässt sich in dem in Schieflage geratenen Verhältnis zwischen Angebot und Nachfrage wieder ein Gleichgewicht herstellen, besonders im Interesse der Studierenden in unserem Land. Meine Damen und Herren, Sie sehen: Wir haben das Problem erkannt, arbeiten an zielgerichteten und wirkungsvollen Maßnahmen und haben bereits vieles in die Tat umgesetzt.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Als nächster Redner hat der Kollege Kai Gehring das Wort.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/3996689
Wahlperiode 18
Sitzung 61
Tagesordnungspunkt Wohnungsnot in Hochschulstädten
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