17.10.2014 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 61 / Tagesordnungspunkt 22

Oliver KaczmarekSPD - Wohnungsnot in Hochschulstädten

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Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das Schöne an diesem Antrag war, dass man wieder Gelegenheit hatte, sich mit der Realität des studentischen Wohnens und dem Bedarf zu beschäftigen. Das Problem ist in der Tat unbestritten. Ich glaube nur, dass der Antrag der Realität nicht gerecht wird. Dazu würde ich gerne drei Feststellungen machen.

Die erste Feststellung: Der Bedarf ist regional unterschiedlich. Das ist hier schon angesprochen worden.

(Beifall des Abg. Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD])

Ihren Antrag beginnen Sie mit dem Satz:

Als jemand, der in Bochum studiert hat, frage ich Sie zuerst: Was ist eigentlich eine klassische Studierendenstadt? Denn das hat sich mittlerweile ziemlich ausdifferenziert. Im Umkreis von 50 oder 60 Kilometern um meinen Wohnort Kamen herum liegen der Hochschulstandort Münster – ja, das ist eine klassische Universitätsstadt –, aber auch Dortmund, Bochum, Essen und Wuppertal als traditionelle Pendlerstandorte – 30 Prozent und mehr der Studierenden wohnen zu Hause – sowie Städte wie Hamm, Iserlohn, Nordkirchen und Meschede. Die Realität des studentischen Wohnens ist also vielfältiger, als wir das in diesem Antrag lesen können.

Deshalb brauchen wir einerseits lokal passende Ideen für Wohnheimbauten.

(Beifall des Abg. Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD])

Ja, das ist richtig. Auch Bestandssanierungen gehören dazu. Da nehmen die Studentenwerke auch viel Geld in die Hand. Daneben brauchen wir eine Strategie für die Umwidmung leerstehenden Wohnraums. Allein in Duisburg – übrigens auch eine Universitätsstadt – stehen 12 000 Wohnungen leer. Dort muss man doch versuchen, den Bedarf und das zur Verfügung Stehende übereinanderzubringen. Gleichzeitig brauchen wir flexibel nutzbare Wohneinheiten.

Alles das findet im Antrag der Linken nicht statt. Deswegen wird er der regionalen Vielfalt des studentischen Wohnens nicht gerecht.

(Beifall bei der SPD)

Die zweite Feststellung: Der Bedarf verändert sich natürlich auch mit veränderten Lebensformen der Studierenden. Die Konstellationen haben sich gewandelt. Studieren mit Kind bzw. mit Familie nimmt zu; Wohnen mit Partner nimmt zu. Nach der Sozialerhebung des DSW wohnen allein 20 Prozent der Studierenden mit ihren Partnerinnen und Partnern zusammen.

Das heißt: Wir benötigen nicht nur die eine Angebotsform. Der Ausbau und die Modernisierung von Wohnheimplätzen sind sinnvoll. Das wird niemand infrage stellen. Sie decken aber eben nicht den Bedarf aller Studierenden ab. Dazu brauchen wir auch privaten Wohnraum und die kommunalen Wohnungsbaugesellschaften. Nur durch das Zutun aller Akteure wird man dieser Vielfalt gerecht.

(Beifall bei der SPD)

Die dritte Feststellung: Ja, es ist wahr, dass Studierende von der Mietsituation in den Metropolen besonders betroffen sind – aber eben nicht allein. Deswegen ist es wichtig, das in eine Strategie einzubetten, die unter anderem auch einkommensschwache Familien in den Mittelpunkt rückt, wenn es um bezahlbaren Wohnraum geht.

Die Ministerin knüpft hier mit ihrem Bündnis übrigens auch an Erfahrungen aus den Hochschulstandorten an, indem sie sich für Runde Tische einsetzt, die in den Hochschulstädten gegründet worden sind. So sollen die Akteure an einen Tisch gebracht werden, um damit den ersten Schritt zu machen.

Auch die Länder können einen wichtigen Beitrag leisten. Das Bundesland Berlin hat sich vorgenommen, bis 2016 30 000 zusätzliche Wohnungen zu schaffen. 15 000 sind schon realisiert worden. Daran zeigt sich, dass die Länder auch klar ihrer verfassungsgemäßen Verantwortung nachkommen und in so wichtigen Städten wie Berlin durchaus Wohnraum schaffen.

(Beifall bei der SPD)

Was getan werden muss, ist die Umsetzung einer Strategie der Vielfalt, bei der man den realen Bedarf des Studierendenwohnens aufnimmt und nicht nach dem Gießkannenprinzip vorgeht.

Die Länder können etwas tun. Nordrhein-Westfalen ist hier schon als Beispiel genannt worden. Dort stellt die Landesregierung 50 Millionen Euro jährlich zur Verfügung. Damit können 750 Wohnheimplätze pro Jahr gebaut werden. Man verbindet das mit der Aussage, dass dann auch Impulse für die Stadtentwicklung gesetzt werden müssen; denn 2025 sind die Studierendenzahlen in Nordrhein-Westfalen wieder auf dem Stand von 2009. Deshalb muss man sich auch überlegen: Was passiert eigentlich danach mit diesem Wohnraum?

Der Bund leistet mit der BAföG-Novelle einen substanziellen Beitrag. Das ist hier gerade schon angesprochen worden. Ich will das noch einmal betonen. Laut der letzten statistischen Veröffentlichung des DSW beträgt die Monatsmiete in Wohnanlagen der Studentenwerke derzeit im Durchschnitt 223 Euro. Wir werden die Wohnpauschale für auswärts wohnende Studierende – auch wenn das nicht allen gerecht wird – auf 250 Euro anheben. Allein für diesen Posten werden wir im Bundeshaushalt jedes Jahr 160 Millionen Euro mobilisieren.

(Beifall bei der SPD)

Das ist ein substanzieller Beitrag zur Verbesserung der Lage.

Ich komme zum Schluss. Lassen Sie uns an dieser Stelle nicht nur Überschriften produzieren, sondern lassen Sie uns auch schauen, wie wir substanzielle Verbesserungen herbeiführen können.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Als nächster Redner spricht der Kollege Dr. Volker Ullrich.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/3996781
Wahlperiode 18
Sitzung 61
Tagesordnungspunkt Wohnungsnot in Hochschulstädten
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