Karsten MöringCDU/CSU - Wohnungsnot in Hochschulstädten
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch ich schließe mich dem Glückwunsch an.
(Beifall der Abg. Ulli Nissen [SPD])
Ich hoffe, er hat sein Studium schon hinter sich. – Es gibt ein Spiel, bei dem man zu bestimmten Worten ganz schnell assoziativ Ergänzungen bringen muss. Wenn ich dieses Spiel mit den Kollegen von der Linken mache und das Wort „Wohnung“ nenne, dann kommt das Wort „Not“ als nächstes Wort. Wenn ich „Miete“ sage, dann kommt „Hai“, „Steigerung“, „Wucher“. Zwei dieser Varianten haben Sie in der Überschrift Ihres Antrages schon gewählt.
(Manfred Grund [CDU/CSU]: Bei „Eigentum“ kommt „Enteignung“! Mehr fällt ihnen dazu nicht ein! – Caren Lay [DIE LINKE]: Bei Ihnen „Rendite!)
– Passen Sie einmal auf: Wenn Sie einem Investor nicht zugestehen, dass er für sein Geld eine Verzinsung erhält, die ein bisschen über dem liegt, was er von der Bank bekommen würde, dann sind wir an dem Punkt, den Sie wollen: Dann darf nur der Staat bauen. Wohin das führt, haben wir in den letzten Jahren in einem Teil Deutschlands mehr als genug erlebt.
(Beifall bei der CDU/CSU – Manfred Grund [CDU/CSU]: Ruinen schaffen ohne Waffen!)
Ihr Instrumentenkasten besteht aus staatssozialistischen Ladenhütern. Damit kommen wir überhaupt nicht weiter.
(Caren Lay [DIE LINKE]: Das ist sozialer Wohnungsbau!)
– Ja, es ist schön. Sozialer Wohnungsbau braucht auch private Investoren. Wenn Sie die nicht haben, dann können Sie sich das an den Hut stecken, dann wird nicht gebaut – ganz einfach. Gewisse Regeln werden hier immer eingehalten. Die gelten unabhängig davon, ob Sie sie gutheißen oder nicht, weil es das normale Verhalten aller Beteiligten ist.
Als darauf hingewiesen worden ist, dass Sie den vorliegenden Antrag schon einmal in wenig veränderter Form gestellt haben – er kehrt immer wieder –,
(Zuruf von der CDU/CSU: Dafür reden wir jetzt noch einmal darüber!)
haben Sie dazwischengerufen: Es ist ja nichts passiert! – Ich erinnere mich dunkel, dass die Linke in Berlin zehn Jahre mitregiert hat, dass sie viele Jahre den Senator für Stadtentwicklung gestellt hat.
(Sigrid Hupach [DIE LINKE]: In Berlin? Nein!)
Ich frage einmal: Was ist in dieser Zeit in Berlin für studentisches Wohnen passiert? Extrem wenig, bis nichts. An den Regierungen, an denen Sie sonst beteiligt sind, sehe ich auch nicht, dass in diesem Bereich Klimmzüge oder Meisterleistungen erbracht werden. Dabei ist das Problem klar. Sie schreiben in Ihrem Antrag immer: für die Studenten, für die Studenten. Wir sind nicht der Auffassung, dass man unsere Bevölkerungsgruppen schön auseinanderdividieren kann.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Wir machen unsere Wohnungspolitik und unsere Wohnungsbaupolitik für die gesamte Bevölkerung, die es nötig hat. Dazu gehören die Studenten. Dazu gehören Gruppen mit geringem Einkommen, und dafür haben wir verschiedene Instrumente.
Es ist richtigerweise darauf hingewiesen worden, dass die Zuständigkeit bei den Ländern liegt. Ich sage einmal ganz einfach: Die BAföG-Erhöhung, die wir haben, füllt nicht nur den Geldbeutel der Studenten und versetzt sie in die Lage, mehr Geld auszugeben als bisher, sondern der Bund – dadurch, dass er den gesamten Bereich übernimmt – entlastet auch die Länder und erleichtert damit die Wohnbauförderung. Die Förderung studentischen Wohnraums ist primär und fast ausschließlich Sache der Länder. Das soll auch so bleiben.
(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was die Länder alles mit ihrer Entlastung schaffen sollen!)
518 Millionen Euro ist die jährliche Zuweisung des Bundes an die Länder. Frau Kollegin Magwas hat darauf hingewiesen, dass leider nicht alle Länder dieses Geld zweckentsprechend verwenden. Bayern tut es – ich komme gleich darauf zurück –, auch Nordrhein-Westfalen tut es. Eben hat ein Kollege die Situation in Nordrhein-Westfalen lobend erwähnt. Dort will man bis 2018, 2020 – ich habe die Zahl nicht mehr genau im Kopf – 800 Millionen Euro für den sozialen Wohnungsbau und für studentisches Wohnen einsetzen. Ich stimme in das Lob sofort ein, wenn das Land es gleichzeitig schafft, seine Schulden und seinen Haushalt besser in den Griff zu bekommen; denn das sind die beiden Seiten einer Medaille.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Ansonsten – alle Achtung, wenn es so geschieht – stimme ich dem zu, und es ist lobenswert.
Herr Kollege Möring, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Wiese?
(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es gibt noch eine Frage aus der Koalition! Es gibt noch Koalitionsverhandlungen!)
Innerhalb der Koalition sowieso sehr gerne, Herr Kollege.
Herr Kollege Möring, vielen Dank, dass Sie die Zwischenfrage zulassen. – Würden Sie mir zustimmen, dass die mittelfristige Finanzplanung der schwarz-gelben Koalition unter Jürgen Rüttgers für Nordrhein-Westfalen eine Nettoneuverschuldung für das Jahr 2014 von über 6 Milliarden Euro vorsah? Würden Sie mir zustimmen, dass in diesem Jahr der Haushalt in NRW nicht gut ist, aber eine Nettoneuverschuldung von ungefähr 3 Milliarden Euro vorsieht? Würden Sie mir zustimmen, dass das eine enorme Differenz im Gegensatz zum Haushalt, den Schwarz-Gelb in NRW geplant hatte, ist?
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Ja. – Ja. – Nein; aber erst am Ende der Periode, die Sie angesprochen haben, würde ich mir ein abschließendes Urteil erlauben.
(Dirk Wiese [SPD]: Vielen Dank!)
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn eine Debatte über solch einen Antrag 96 Minuten dauert, dann besteht das Problem,
(Sigrid Hupach [DIE LINKE]: Dass man nichts mehr zu sagen hat! – Nicole Gohlke [DIE LINKE]: Dass Sie von der Koalition sich schon wiederholt haben!)
dass man entweder alles wiederholen muss, was schon gesagt worden ist, oder seine Redezeit nicht ausnutzen kann. Nun weiß ich aus meinem früheren Leben, dass Wiederholungen eigentlich positiv sind, weil sie zur Festigung des Gesagten beitragen.
(Heiterkeit bei der CDU/CSU – Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Schenken Sie der Opposition Zeit!)
Aber meine Vermutung ist, dass das in diesem Fall in Bezug auf die Kolleginnen und Kollegen der Linken auch nichts hilft.
(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Dr. Jan- Marco Luczak [CDU/CSU]: Genau! – Weiterer Zuruf der Abg. Ulli Nissen [SPD])
Insofern will ich mir die inhaltlichen Wiederholungen sparen.
(Sigrid Hupach [DIE LINKE]: Sehr gut!)
Ich möchte Sie stattdessen einladen, einen Blick auf Köln zu werfen.
Zunächst noch eine kleine Vorbemerkung: Ich habe in Anbetracht der vielen Aussagen, wie teuer das Wohnen ist – in München, in Frankfurt, in Hamburg –, festgestellt, dass wir offensichtlich alle von unterschiedlichen Zahlen ausgehen. Die Zahlen für Köln, die ich vom Studentenwerk und anderen interessierten Gruppen habe, belegen eindeutig, dass in Köln am teuersten gewohnt wird. Eben habe ich aber gehört, dass München am teuersten ist, und dann habe ich gehört, dass Frankfurt am teuersten ist. Ich habe den Eindruck, dass es hier einen Wettlauf darum gibt, wo es am schlimmsten ist.
(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Top Ten!)
In Wirklichkeit haben wir aber – das ist auch schon angedeutet worden – eine sehr differenzierte Situation, weil wir zwar in einigen Bereichen wirklich ein Problem mit der Unterbringung haben, in vielen Bereichen aber nicht.
(Beifall des Abg. Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD])
Einmal abgesehen davon, dass Studenten ihren Studienort nicht in allen Fällen frei wählen können, sind sie – auch darauf möchte ich hinweisen – sehr wohl in der Lage, Einfluss darauf zu nehmen, wo sie studieren,
(Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Da haben Sie auch recht!)
und dass sie damit auch eine Entscheidung darüber treffen, wie hoch ihre Lebenshaltungskosten sind.
(Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Ja!)
Das zu entscheiden, liegt in der Freiheit des Einzelnen. Da kann man dann nur sagen: Nutzt diese Freiheit und entscheidet, was ihr euch leisten wollt und was ihr euch nicht leisten wollt.
(Christian Kühn [Tübingen] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Studienplatzwahl nach Geldbeutel! – Gegenruf des Abg. Manfred Grund [CDU/CSU]: Alle nach München, nach Frankfurt und nach Köln!)
Ich will gar nicht so weit gehen, zu hinterfragen, wie viel Geld für’s Wohnen, wie viel Geld für’s Auto oder wie viel Geld für den Urlaub ausgegeben wird. Das muss jeder für sich entscheiden: jeder normale Arbeitnehmer, jede Familie und letztlich auch alle Studenten.
(Sigrid Hupach [DIE LINKE]: Dann spart man eben an Büchern oder so!)
– Ja, ist völlig klar. Ich weiß, Studieren kostet Geld. Ich habe es ja auch selbst einmal erlebt.
Kommen wir jetzt auf Köln zu sprechen. Wir brauchen außer Geld sicher auch kreative Lösungen. Deshalb lade ich Sie ein, einmal einen Blick nach Köln zu werfen.
Erster Punkt. Dort hat das Studentenwerk eine alte Polizeistation, deren Eigentümer das städtische Wohnungsunternehmen ist, angemietet, die Räume umgebaut – nicht die Zellen; die werden versiegelt – und bietet dort studentisches Wohnen an. Das ist ein Weg, wie es geht.
Zweiter Punkt. Die Stadt – einvernehmlich, über alle Fraktionen hinweg – betreibt eine Liegenschaftspolitik, bei der sie bestimmte Liegenschaften, die sie ja auch zum Verkehrswert verkaufen muss, als Objekte bzw. Gebiete für studentisches Wohnen definiert. Da kommen dann Investoren zum Zuge, die studentischen Wohnraum bauen und anbieten wollen. Wenn man das exklusiv für einen solchen Zweck ausweist, dann hat man auch keine Konkurrenz zwischen Bewerbern, die ganz andere Vorstellungen haben und höhere Preise zahlen würden.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Es liegt in der Hand der Kommunen, mit solchen Instrumenten studentisches Wohnen zu fördern.
Ein letzter Punkt – da ist wieder ein bisschen Kritik an Studenten enthalten –: Die kommunalen Wohnungsunternehmen in Köln haben vor ungefähr zwei Jahren aus ihrem Bestand 700 bis 800 Wohnungen – kleine Wohnungen, für Wohngemeinschaften brauchbare Wohnungen – für studentisches Wohnen angeboten. Bevor das Projekt wirklich spruchreif war, hat der AStA eine Stellungnahme abgegeben und gesagt: Die Wohnungen kommen nicht infrage; die sind nicht geeignet; die sind in einem zu schlechten Zustand – obwohl dort bis dahin andere Mieter wohnten –, und die liegen zu weit verteilt über die Stadt und zu weit entfernt von der Uni.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, was ist denn zumutbar bei der Bezahlbarkeit, aber auch beim Weg? Wenn ich fünf Minuten von der Uni entfernt wohnen will, wenn ich fünf Minuten von der Altstadtszenerie entfernt wohnen will – in Köln heißt das Kwartier Latäng – zahle ich natürlich mehr. Jeder normale Arbeitnehmer, der morgens zur Arbeit fährt und abends zurück, nimmt Wegezeiten in Kauf, die viele Studenten für sich ablehnen. So, meine ich, geht das nicht.
(Beifall bei der CDU/CSU – Christian Kühn [Tübingen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt kommen die ganz starken Argumente! – Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Je länger Sie reden, umso realitätsferner!)
Ein letzter Satz; denn ich habe gemerkt, dass meine Redezeit tatsächlich schon vorüber ist – so schnell kann das gehen. Herr Gehring, Sie haben auf den Runden Tisch des Kollegen Ramsauer hingewiesen und ein bisschen darüber gespottet.
(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Zu Recht!)
Kollege Ramsauer hat da etwas über die Zuständigkeit des Bundes hinaus gemacht: Er hat diejenigen, die damit zu tun haben, an einen Tisch gebracht. – Sie haben nun gesagt: Dabei ist aber nichts herausgekommen.
(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Studis in Kasernen!)
Doch! Dabei ist ein Informationsaustausch zwischen den Beteiligten herausgekommen, und wir setzen ihn im Bündnis für bezahlbares Wohnen und Bauen fort.
(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie sollen nicht Informationen austauschen, Sie sollen Lösungen finden! – Zuruf der Abg. Nicole Gohlke [DIE LINKE])
Damit wird nicht gebaut, aber damit werden die Interessen und die Möglichkeiten abgeglichen, Ideen gesammelt und geklärt, was man braucht.
Wirklich letzter Satz: Wenn wir zu dem Ergebnis kommen, dass wir in der Baunutzungsverordnung die eine oder andere Anpassung vornehmen müssen, um die Umwidmung von Büroraum, der nicht mehr modern genug ist, zu Wohnmöglichkeiten für Studenten oder Ähnlichem zu eröffnen, dann ist auch das eine positive Folge solcher Gespräche.
Wir werden hier Schritt für Schritt weitergehen und uns nicht durch solche Anträge aufhalten lassen – allerhöchstens 96 Minuten lang.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Das Wort hat der Kollege Dennis Rohde für die SPD- Fraktion.
(Beifall bei der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/3996821 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 61 |
Tagesordnungspunkt | Wohnungsnot in Hochschulstädten |