Johannes KahrsSPD - Europäische Bankenunion
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Kollege Flosbach hat hier ausgeführt, wie der Vorgang vonstattengehen soll. Der Kollege Ulrich hat aber leider nicht zugehört. Hätte er zugehört, hätte er seine Rede gar nicht so halten können, wie er sie gehalten hat,
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU – Manfred Zöllmer [SPD]: Sehr richtig!)
oder er hat sie nicht verstanden; man soll aber nicht gleich das Schlimmste annehmen.
Im Kern wird von der Linken hier wieder an einer alten Legende gestrickt: Die fiesen Banken werden vom Steuerzahler finanziert; damit werden nur Lobbys bedient.
(Dr. Sahra Wagenknecht [DIE LINKE]: So ist es ja auch!)
Wer braucht überhaupt Banken? – Sie zielen damit auf eine gewisse Zielgruppe ab, darauf, 10 bis 12 Prozent der Bevölkerung in Verwirrung zu stürzen, damit diese Menschen glauben, dass ihre Steuergelder ausgegeben werden, um Lobbys, Verbände und andere zu retten.
(Dr. Sahra Wagenknecht [DIE LINKE]: Gehen Sie doch mal auf die Argumente ein!)
Ehrlich gesagt: Das ist doch etwas schlicht, selbst für die Linke. Ich meine, Sie mögen zwar schlichte Strickmuster; aber das muss doch nicht immer so sein.
Hier liegen mehrere Gesetzentwürfe vor, mit denen dafür gesorgt werden soll, dass die Verfahren vernünftig ablaufen. Das ist Ihnen eben alles erklärt worden. Aber wenn Sie im Kern sagen, dass hier der Steuerzahler wieder die Banken finanzieren soll, die nichts geregelt kriegen, dann muss ich Ihnen doch einmal sagen, wozu wir die Banken brauchen: Die Bürger haben eine enge Verbindung zu den Banken. Die Banken finanzieren den Mittelstand, und jeder, der eine Lebensversicherung hat, braucht eine Bank. Die Wirtschaft, die Unternehmen, die ihre Geschäfte abwickeln, brauchen die Banken ebenfalls.
(Dr. Petra Sitte [DIE LINKE]: Das ist jetzt aber auch schlicht!)
– Na, ich versuche, Ihnen das so zu erklären, dass Sie es auch verstehen. Dazu muss ich mich leider auf Ihr Niveau begeben; das ist mein Problem.
(Beifall und Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)
Das heißt, wenn Sie hier schlicht argumentieren, müssen wir auch schlicht darauf antworten. Sonst geht es mir wie dem Kollegen Flosbach, der Ihnen das hier erklärt hat, aber Sie haben es nicht verstanden. Das ist doch jedes Mal das gleiche Strickmuster. So kommen wir doch nicht miteinander klar.
(Widerspruch bei Abgeordneten der LINKEN)
Ich habe mich deswegen entschieden, meine Rede zur Seite zu legen und zu versuchen, Ihnen das auf Ihrem Niveau zu erklären.
Erstens. Die Menschen, die Industrie und der Mittelstand brauchen ein funktionierendes Bankensystem.
Zweitens. Wir wollen, dass dieses funktionierende Bankensystem Bestand hat.
Drittens. Wir alle sind überzeugte Europäer. Wir wollen, dass das auch in Europa funktioniert.
Viertens. Wir wissen, dass in anderen europäischen Staaten – ob in Griechenland, Spanien oder anderswo – ein Aufschwung nur möglich ist und eine Wirtschaft nur funktionieren wird, wenn auch sie ein funktionierendes Bankensystem haben.
Fünftens – das kann man alles weiter herunterdeklinieren – brauchen auch diese Staaten Banken, wenn die Wirtschaft dort funktionieren soll; denn wir müssen am Ende doch klarkommen.
Zu der dümmlichen Argumentation, mit der Sie hier aufgetreten sind, hier würden wieder Lobbys und Banken versorgt, kann ich nur sagen:
(Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Das ist doch so!)
Die Banken sind ein integraler Bestandteil unseres Wirtschaftssystems. Wenn diese Banken ausfallen, dann geht noch sehr viel mehr den Bach runter. Viel schlichter kann ich das nicht erklären.
(Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Sie haben keine Lehren aus 2007/2008 gezogen!)
– Wenn Sie sagen, wir hätten keine Lehren gezogen, dann frage ich Sie, warum wir hier eine Debatte über zwei von uns vorgelegte Gesetze führen, in denen wir genau diese Lehren durchdeklinieren.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Was soll man denn in diesem Hohen Hause sonst noch machen? Man stößt doch an die Grenzen von Rationalität, wenn nicht zugehört oder verstanden wird. Das ist doch die Grundlage eines parlamentarischen Systems. Wenn Sie sich das Ganze anschauen, dann werden Sie feststellen, dass wir der Meinung sind, dass dieser europäische Bankensektor sicherer gemacht werden muss. Das haben wir auch vor. Deswegen stehen wir hier.
Wir als Sozialdemokraten haben einer direkten Bankenrekapitalisierung immer kritisch gegenübergestanden und stehen ihr auch heute noch kritisch gegenüber.
(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ihr wolltet es ablehnen, habt ihr gesagt!)
– Lesen bildet, denken hilft; Herr Kollege, ich schätze Sie sehr. – Deswegen haben wir – wenn man in den Gesetzentwurf schaut, wird man das erkennen – sehr viele Hürden aufgebaut, die dazu führen sollen, dass eben nicht der Steuerzahler gefordert wird, sondern, wie vom Kollegen Flosbach mehrfach ausgeführt wurde, zunächst die Eigentümer, die Unternehmen und die Aktionäre gefordert werden, bevor wir an der Reihe sind. Wir haben auf europäischer Ebene verhandelt, um den Zugang zu ESM-Hilfen so anspruchsvoll zu gestalten, wie es hier dargestellt worden ist, damit das der absolute Notfall ist, damit es eine Haftungskaskade gibt. Das ist Ihnen doch alles mehrfach erklärt worden.
Im Sommer 2012 haben einige gedacht, dass das ein Weg für die maroden europäischen Banken wäre, schnell an ESM-Geld zu kommen. Das wollten wir nicht. Es darf keinen schnellen Zugang zu diesem Geld geben; das muss im Rahmen der Haftungskaskade in sehr vielen Stufen ausgeschlossen werden. Das ist Ihnen hier klar gesagt worden.
Gleichzeitig sorgen wir mit den hier vorgelegten Gesetzen dafür, dass der Deutsche Bundestag beteiligt wird, dass der Haushaltsausschuss beteiligt wird, dass das nicht in irgendwelche Untergremien geschoben wird, weil wir keine Lust haben, wieder von irgendwem vor dem Verfassungsgericht verklagt zu werden. Wir wollen, dass der Bundestag beteiligt wird. Wir wollen, dass der Bundestag entscheidet. Wir wollen, dass der Bundestag mitreden kann; denn es geht um das Geld der Steuerzahler. Das ist hier alles, glaube ich, klar erläutert worden.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Wenn man das der Linken noch einmal sagen darf: Es bringt überhaupt nichts, hier irgendwelche großen Theorien in die Welt zu setzen und zu versuchen, die Bevölkerung zu verunsichern. Das führt im Ergebnis nicht zu dem, was nicht nur wir, sondern auch Sie wollen: dass es einen vernünftigen Umgang mit den Banken gibt. Wir wollen, dass der Bankensektor vernünftig reguliert wird. Eine Bank muss auch einmal pleitegehen können, aber so, dass die Spareinlagen von Privatpersonen nicht betroffen sind. Das ist jetzt hier alles geregelt worden. Dafür haben wir Sozialdemokraten uns lange eingesetzt, schon als wir in der Opposition waren. Jetzt, wo wir mitregieren, läuft das alles sehr viel besser. Dem Kollegen Flosbach konnte man ja anhören, dass vieles aus sozialdemokratischer Feder stammt. Insofern wirkt diese Große Koalition. Sie funktioniert, und das ist gut. Nur die Linke hat es nicht verstanden. Das ist aber nichts Neues.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Petra Sitte [DIE LINKE]: Aus dieser Rede zitieren wir in der nächsten Krise!)
Vielen Dank. – Nächster Redner ist Sven-Christian Kindler, Bündnis 90/Die Grünen.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/4077729 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 63 |
Tagesordnungspunkt | Europäische Bankenunion |