Jutta EckenbachCDU/CSU - Asylbewerberleistungsgesetz
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, dass wir – hier möchte ich an das anschließen, was meine Kollegin Frau Kolbe vorhin ausgeführt hat – uns wieder ins Bewusstsein rufen müssen, mit wem wir es letztendlich zu tun haben. Wer jemals in ein Übergangsheim gegangen ist, mit den Menschen dort gesprochen hat, in die Kinderaugen gesehen hat und festgestellt hat, wie traumatisiert manche Kinder waren, der wird zustimmen, dass wir unserer Verantwortung in Deutschland gerecht werden und diesen Menschen helfen müssen. Das tun wir mit voller Überzeugung.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Ich komme darauf, weil gerade das Wort „Strafregime“ gefallen ist. Es ist unangebracht. Es trifft keinesfalls auf das zu, was wir hier in Deutschland vorfinden. Ich weise diesen Vorwurf mit aller Schärfe zurück. Deutschland hat kein Strafregime, und so etwas gibt es auch nicht in Deutschland.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Die Anhörung der Sachverständigen am Montag hat ergeben, dass die Umsetzung des Urteils des Bundesverfassungsgerichts rechtlich nicht zu beanstanden ist.
(Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was?)
Ebenso ist das Festhalten am Asylbewerberleistungsgesetz notwendig. Da ja nicht alle bei dieser Anhörung anwesend waren, will ich Ihnen auch sagen, warum.
Der Grundgedanke des sogenannten Asylkompromisses von 1992/1993 war, dass unser Sozialleistungssystem keinen Anreiz für Zuwanderung bieten sollte.
(Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist verfassungswidrig!)
Wie die Zahlen zeigten, gingen die Anträge auf Asyl damals schlagartig zurück. Also gab es offensichtlich einen Zusammenhang zwischen der Wahl des aufnehmenden Landes und den dort angebotenen Leistungen. Dass es diesen Zusammenhang immer noch gibt, wird auch durch die neueren Zahlen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge bestätigt.
(Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, aber das darf hier keine Rolle spielen!)
So war, unmittelbar nachdem das Bundesverfassungsgericht im Juli 2012 das Urteil verkündet hatte, über das wir heute reden und das die Grundlage für das heute vorgelegte Gesetz ist, wieder ein Anstieg der Anzahl der Anträge zu verzeichnen. Während noch im Juni 2012, also vor Verkündung des Urteils, 770 Anträge gestellt wurden, wurden im August bereits 1 163, im September 2 257 und im Oktober 4 303 Anträge gestellt.
(Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist respektlos gegenüber dem Bundesverfassungsgericht, was Sie hier sagen!)
Ein weiterer wesentlicher Aspekt, der sich im Rahmen des Verfahrens herausgestellt hatte, war die Frage der Gesundheitsversorgung nach den §§ 4 und 6 Asylbewerberleistungsgesetz. In einigen Stellungnahmen der Sachverständigen klang immer wieder an, dass die Gesundheitsversorgung nicht ausreichend sei, es ein Martyrium sei, medizinische Hilfe zu erhalten, und der Bund seiner Fürsorgepflicht nicht nachkomme.
Ich will nur der Ordnung halber darauf hinweisen, dass die Ausführung des Asylbewerberleistungsgesetzes nicht allein in der Zuständigkeit des Bundes liegt, sondern dass hierfür auch die Länder zuständig sind. Genau das ist in der Anhörung ja auch noch einmal am Beispiel des Landes Bremen deutlich geworden, das hier anderweitig tätig wird. Das machen übrigens auch andere Länder, indem sie eine Krankenversorgung, wie sie im Rahmen der normalen gesetzlichen Krankenversicherung üblich ist, gewährleisten. Dort gibt es eine Krankenkassenkarte. Ich wünsche mir natürlich, dass alle Länder dieses Modell übernehmen, auch im Interesse der Gesundheitsversorgung. Die Länder haben es also selbst in der Hand, die gesundheitlichen Versorgungsleistungen für Asylbewerber zu regeln.
Egal wie die aktuelle Ausgestaltung aussehen wird: Ich will, weil das von den Linken gerade beanstandet wurde, an dieser Stelle noch einmal ausdrücklich betonen, dass der Bundesregierung aus der Zeit von 2004 bis 2014 offiziell kein Fall bekannt ist, bei dem das angebliche Vorenthalten bzw. Verzögern einer medizinischen oder psychotherapeutischen Behandlung bei einer Person, die dem Asylbewerberleistungsgesetz unterworfen war, zu körperlichen Schäden oder gar zum Tod geführt hätte, wie das von den Linken gerade behauptet wurde.
Die Opposition malt an dieser Stelle immer wieder den Teufel an die Wand und stellt irgendwelche Schreckensbilder dar, was meinem Erachten nach völlig unbegründet ist. Es sei auch noch einmal erwähnt, dass sich zahlreiche Mitarbeiter des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge wie auch der Aufnahmeeinrichtungen vor Ort tagtäglich um die Bedürftigen kümmern. Dass diese Arbeit immer nur zum Nachteil der Asylbewerber sei, kann und will ich hier nicht gelten lassen. Deswegen wollen wir auch heute an diese Menschen denken und ihnen herzlich danken; denn ihre Aufgabe in diesen Einrichtungen vor Ort ist nicht einfach.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Meine sehr verehrten Damen und Herren, lassen Sie mich noch einmal auf die Forderung der Opposition eingehen, dass das Asylbewerberleistungsgesetz in die Leistungssysteme des SGB II und XII einzubetten sei. Dies ist nicht möglich, da die Zielrichtungen andere sind; denn während das Asylbewerberleistungsgesetz auf Hilfen für einen vorübergehenden Aufenthalt gerichtet ist, haben das SGB II und XII dauerhaft in Deutschland lebende Personen im Blick. Insofern machen zum Beispiel arbeitsmarktpolitische Instrumente in den Erstaufnahmeeinrichtungen wenig Sinn.
Meine Damen und Herren, dass wir alle Fragen der Asylpolitik allein mit den Änderungen, die für das Asylbewerberleistungsgesetz anstehen, nicht bewältigen werden, ist mir bewusst. Ich glaube, wir sind uns einig, dass wir alle helfen wollen. Jedoch muss die Hilfe auch machbar sein.
Ich danke zum Abschluss all denen herzlich, die sich ehrenamtlich bemühen, in den Einrichtungen für Ruhe und Frieden zu sorgen, die dort tagtäglich ein- und ausgehen und für die Menschen in den Asylbewerbereinrichtungen und -heimen da sind.
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Für Bündnis 90/Die Grünen spricht jetzt der Kollege Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/4078794 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 63 |
Tagesordnungspunkt | Asylbewerberleistungsgesetz |