Burkhard BlienertSPD - Gleichstellung im Kulturbetrieb
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich stelle vorab fest: Der Antrag der Fraktion der Grünen ist in der Sache richtig.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Danke!)
Dass er allerdings nicht weit genug greift, darauf hat meine Kollegin Hiltrud Lotze schon hingewiesen. Denn darin sind einige Fragen nicht beantwortet. Insofern müssen wir uns mit dem Antrag und den noch offenen Fragen tatsächlich noch intensiver beschäftigen.
(Ulle Schauws [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Gerne! Wir können auch gerne noch einen stellen!)
Und da Wiederholung tatsächlich das beste pädagogische Element ist, möchte ich an dieser Stelle auch auf die Situation von Frauen im Filmbereich eingehen. Dabei möchte ich klarmachen, dass wir es nicht nur mit einem gleichstellungspolitischen Thema zu tun haben; denn das Ganze hat natürlich auch eine kulturelle Dimension.
Auch ich beziehe mich auf die aktuelle Initiative von Pro Quote Regie, die auch im Antrag der Grünen erwähnt wird. Sie hat uns in den letzten Wochen schon intensiv beschäftigt und wird uns auch noch weiter beschäftigen.
Da haben sich – inzwischen über 200 – deutsche Regisseurinnen zusammengeschlossen und auf einen Missstand hingewiesen, der mich in seiner Deutlichkeit schon überrascht hat: Nur 15 Prozent aller deutschen Kino- und Fernsehfilme werden von Frauen gemacht, aber über 42 Prozent der Hochschulabsolventen im Fach Regie sind weiblich. Wie passt das zusammen?
(Mechthild Rawert [SPD]: Gar nicht!)
Ich will noch auf andere Fakten aufmerksam machen, die auch eine Rolle spielen: Im vergangenen Jahr hat der DFFF, der Deutsche Filmförderfonds, 115 Filmprojekte gefördert, aber nur 13 Filme davon wurden von Frauen inszeniert. 2013 flossen aus dem DFFF insgesamt 62 Millionen Euro, aber nur 6 Millionen Euro gingen an Projekte von Regisseurinnen. Und noch ein beeindruckender Befund – die beliebteste deutsche Fernsehreihe ist schon angesprochen worden –: Im vergangenen Jahr sind ganze 3 von 82 Tatorten von Frauen gedreht worden.
Angesichts dieser Zahlen wundert es mich, dass sich die kreativen Filmemacherinnen erst jetzt zu Wort gemeldet haben.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Ruf nach einer Frauenquote im Kulturbereich irritiert zunächst trotzdem. Regulierung und künstlerische Freiheit passen auf den ersten Blick irgendwie nicht zusammen; das muss man berechtigterweise feststellen. Aber insgesamt ergeben sich doch wichtige Hinweise von alleine.
Die Frage, ob eine Quote bei Förderentscheidungen die richtige Antwort ist ober ob nicht auch der Weg der Selbstverpflichtung der maßgeblichen Akteure bei Film und Fernsehen funktionieren kann, möchte ich zunächst offen lassen. Das ist nicht die entscheidende Frage, die wir uns jetzt stellen müssen.
Zustimmen kann ich der Forderung nach paritätisch besetzten Fördergremien – so haben wir es in der letzten Legislaturperiode auch formuliert –; denn hier geht es schließlich um die Vergabe öffentlicher Mittel.
Was wir aber vor allem brauchen, ist eine umfassende Untersuchung, die die strukturellen Ursachen der mangelnden weiblichen Präsenz in der Regie aufdeckt. Wichtig ist auch eine breite Sensibilisierung für diesen eklatanten Mangel an Gleichstellung im Filmbereich. Die heutige Debatte verstehe ich – mit allen Facetten – als einen wichtigen Beitrag dazu. Dafür hat die Initiative Pro Quote Regie den Anstoß gegeben, und dafür können wir alle gemeinsam nur dankbar sein.
Die Kulturpolitik ist und bleibt aufgefordert, die Gleichstellung im Kultur- und Medienbereich zu befördern. Die anstehende Novelle des Filmfördergesetzes bietet übrigens eine passende Gelegenheit dazu.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, solange 85 Prozent der Filme von Männern gemacht sind, ist unsere Filmkultur in ihrer Vielfalt reduziert. Die Filmkultur kann davon nur profitieren, wenn künftig mehr Frauen auf dem Regiestuhl sitzen und ihre Filme drehen können.
Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/4078942 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 63 |
Tagesordnungspunkt | Gleichstellung im Kulturbetrieb |