06.11.2014 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 63 / Tagesordnungspunkt 10

Kai WegnerCDU/CSU - Flüchtlingsunterbringung

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Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir beraten heute über Änderungen im Baugesetzbuch, mit denen wir eine schnellere und leichtere Flüchtlingsunterbringung gewährleisten, aber vor allen Dingen, liebe Frau Bluhm, den Städten und Kommunen, die unter einem enormen Druck stehen, neue Handlungsspielräume eröffnen. Die Städte brauchen schnelle Hilfe, und das gewährleistet heute der Deutsche Bundestag.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Das Gesetz, das wir heute beraten, geht auf eine Bundesratsinitiative Hamburgs zurück. Meine Damen und Herren, das ist keine große Überraschung; denn gerade die großen Städte, die Ballungsgebiete sind in besonderem Maße von den hohen Flüchtlingszahlen betroffen. Schauen wir uns die Zahlen an: Allein von Januar bis September 2014 haben rund 136 000 Menschen in Deutschland Asyl beantragt. Das bedeutet eine Steigerung um 60 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Insgesamt erwarten wir in diesem Jahr in Deutschland 250 000 Asylbewerber.

Meine Damen und Herren, dieser enorme Zustrom von hilfebedürftigen Menschen stellt unser Land vor große Herausforderungen und erfordert daher eine nationale Kraftanstrengung. Das betrifft zunächst vor allem die Unterbringung der Flüchtlinge in den Städten und Gemeinden. Die Bundesministerin hat es gesagt: Uns geht es in der Tat darum, schnell für Unterbringungsmöglichkeiten zu sorgen, aber auch darum, angemessene und würdige Unterbringungsformen für diese Menschen zu finden.

Meine Damen und Herren, mit dem Gesetz, das wir heute verabschieden, versetzen wir Kommunen in die Lage, zeitnah und rechtssicher Unterkünfte für die Flüchtlinge zu schaffen. Gerade für Kommunen mit angespanntem Wohnungsmarkt, liebe Frau Bluhm, ist das eine ganz wichtige Erleichterung. Damit zeigt auch der Bund, dass er seiner Verantwortung für eine würdige Unterbringung aller Schutzsuchenden nachkommt und die Städte und Gemeinden eben nicht im Stich lässt.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Aufgrund der hohen Fallzahlen geben wir den Städten und Gemeinden neue Handlungsmöglichkeiten an die Hand. So ermöglichen wir es den Kommunen, von bestimmten Festsetzungen des Bebauungsplans abweichen zu können.

Außerdem können Flüchtlingsunterkünfte befristet auch dann im Innenbereich zugelassen werden, wenn sie sich nicht in die nähere Umgebung einfügen.

Darüber hinaus wird die Unterbringung von Flüchtlingen befristet – ja, Frau Bluhm – auch in Gewerbegebieten und auf Flächen gestattet werden, die unmittelbar an einen bebauten Ortsteil anschließen. Dabei ist uns aber klar, dass Gewerbegebiete oder der Außenbereich immer nur die Ultima Ratio sein können.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Meine Damen und Herren, ich will das in aller Form klarstellen: Uns geht es wahrlich nicht darum, Flüchtlinge in Gewerbegebiete oder in die Außenbereiche von Siedlungen zu drängen. Es geht darum, Städten und Gemeinden schnell zu helfen, damit wir würdige und angemessene Unterbringungsräume schaffen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

In der Tat, Frau Bluhm: Das Gesetz löst nicht alle Probleme und begegnet nicht allen Herausforderungen, die wir bei dieser Thematik haben, aber es ist ein ganz wichtiger Baustein.

Frau Bluhm, nun haben Sie leider nicht gesagt, was Sie eigentlich wollen.

(Heidrun Bluhm [DIE LINKE]: Doch!)

Sie haben in Ihrem Antrag von Wohnungsunterbringung geschrieben. Ich frage mich, wie Sie das hinbekommen wollen.

(Sören Bartol [SPD]: Wie denn?)

Wir diskutieren oft im Deutschen Bundestag über die angespannte Situation des Wohnungsmarktes.

(Heidrun Bluhm [DIE LINKE]: In Berlin gibt es über 200 000 leerstehende Wohnungen!)

Wir machen uns Gedanken, wie wir bezahlbaren Wohnraum schaffen und wie wir es hinbekommen, neue Wohnungen zu bauen. Wir haben in vielen Städten Vollauslastung bei den Mietwohnungen. In Berlin haben wir eine Leerstandsquote von 2 Prozent. Das ist gleich null. Wo wollen Sie denn hier noch Flüchtlinge unterbringen, Frau Bluhm?

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Sie bieten Lösungen an, die nicht kurzfristig helfen. Aber unsere Städte und Gemeinden brauchen kurzfristige Lösungen; denn die Menschen kommen jetzt zu uns. Sie sind jetzt da und wollen jetzt angemessen und würdig untergebracht werden, Frau Bluhm, nicht erst in zwei oder drei Jahren.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Meine Damen und Herren, wir müssen die Städte und Gemeinden noch weiter unterstützen. Wir haben hierfür Programme. Dazu gibt es eine Diskussion in der Koalition; das will ich gern noch einmal sagen.

Wir sollten auch weitere Mittel aus dem Programm „Soziale Stadt“ für die Integration von Flüchtlingen zur Verfügung stellen. Ich denke da an Deutschkurse für Flüchtlinge, an Nachbarschaftstreffen zwischen Flüchtlingen und angestammten Bewohnern.

(Sören Bartol [SPD]: Das geht doch jetzt schon!)

Mir geht es bei allen Maßnahmen, die wir hier diskutieren, um die Akzeptanz der Bevölkerung für unser liberales Asylrecht. Auch diese Herausforderung ist in unserem Land nicht zu unterschätzen.

(Beifall bei der CDU/CSU – Mechthild Rawert [SPD]: Das machen wir!)

Meine Damen und Herren, wir sehen auch weitere wichtige Maßnahmen neben der Veränderung des Bauplanungsrechts vor. Ich nenne als Beispiel die Residenzpflicht oder die Neuregelung der sicheren Herkunftsstaaten, die heute in Kraft getreten ist.

Wir müssen dafür sorgen, dass die Menschen, die tatsächlich Hilfe brauchen, auch unsere Unterstützung bekommen. Wir müssen diejenigen zielgerichtet unterstützen, die tatsächliche Asylgründe haben. Aber wenn wir hier in Berlin erleben müssen, dass Plätze und Schulen illegal besetzt werden, dann dient das nicht der Akzeptanz unseres Asylrechts.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Das ist inakzeptabel, und das schadet dem eigentlichen Anliegen der Flüchtlinge.

Meine Damen und Herren, ich begrüße ausdrücklich, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge mehr Personal bekommen soll. Wir brauchen schnellere Asylverfahren, und die Flüchtlinge brauchen zeitnah Gewissheit darüber, wie ihr Aufenthaltsstatus ist.

Deutschland steht für eine humane Flüchtlingspolitik. Das soll so bleiben. Wir stehen zu unserer Verantwortung. Mit diesem Gesetz beweisen wir, dass der Bund die Städte und Gemeinden bei der Bewältigung dieser Herausforderung nicht alleine lässt. Ich bitte Sie daher alle um Ihre Unterstützung; denn die Flüchtlinge brauchen unsere Hilfe, aber auch die Städte und Gemeinden.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Der Kollege Christian Kühn hat als Nächster jetzt das Wort für Bündnis 90/Die Grünen.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/4078958
Wahlperiode 18
Sitzung 63
Tagesordnungspunkt Flüchtlingsunterbringung
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