Nina WarkenCDU/CSU - Flüchtlingsunterbringung
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Asylbewerberzahlen in Deutschland – das haben wir bereits gehört – haben in den letzten Jahren rapide zugenommen. 2008 waren es lediglich rund 28 000 Asylanträge. 2013 waren es mehr als 127 000 Asylanträge. In diesem Jahr werden über 230 000 Erstanträge erwartet.
Gründe für diese erhebliche und plötzliche Zunahme sind unter anderem der Ausbruch des Bürgerkriegs in Syrien, die akute Bedrohung durch die Terrororganisation „Islamischer Staat“ im Irak und in Syrien, aber auch die Anziehungswirkung, die von unserem Asylsystem auf Menschen auf dem Balkan, in Afrika und anderen Ländern mit großer Armut ausgeht.
Deutschland ist im Vergleich zu allen anderen EU- Mitgliedstaaten das Land mit den meisten Asylbewerbern und auch das Land, das die meisten Menschen aufnimmt. Dies liegt an den hohen Standards unseres Asylsystems. Das muss man bei der ganzen Kritik, die immer wieder bezüglich der Mindeststandards bei der Unterbringung vorgebracht wird, auch einmal klar betonen.
Meine Damen und Herren, besonders betroffen vom rapiden Anstieg der Asylbewerberzahlen sind nun unsere Landkreise und Städte, da sie letztlich für die Unterbringung der Menschen verantwortlich sind. Vielerorts wissen die Kommunen schlicht nicht mehr, wo sie die Menschen unterbringen sollen. Hier brauchen wir eine kurzfristige und möglichst unbürokratische Lösung, die den Kommunen sofort bei der Unterbringung hilft. Es ist deshalb der richtige Weg, dass Bund, Länder und die kommunalen Spitzenverbände derzeit gemeinsam darüber beraten, wie wir unsere Kommunen bei den voraussichtlich anhaltend hohen Asylbewerberzahlen entlasten können – natürlich mit der klaren Zielvorgabe einer menschenwürdigen Unterbringung.
Der vorliegende Gesetzentwurf zur Änderung des Bauplanungsrechts ist eine solche Lösung. Er wird mit der Annahme des Änderungsantrages der Koalition sofort bundesweit wirksam und bedarf keiner Umsetzung mehr durch die Länder. Mit der Gesetzesänderung wird es künftig möglich sein, Asylbewerberunterkünfte auch in Gewerbegebieten einzurichten. Für viele Kommunen mit leerstehenden Gebäuden in Gewerbegebieten ist das eine erhebliche Erleichterung, da diese vergleichsweise schnell und kostengünstig umgewidmet werden können. Das Gleiche gilt für die Unterbringung von Asylbewerbern in ehemaligen Geschäfts-, Büro- oder Verwaltungsgebäuden. Hier reichte in der Vergangenheit häufig die Klage eines einzelnen Anwohners aus, die Kommunen zu zwingen, die Menschen wieder anderswo unterzubringen. Selbstverständlich kann die Unterbringung von Asylbewerbern nur mit der Akzeptanz der Anwohner gelingen; doch gerade angesichts des nahenden Winters kann es nicht sein, dass Asylbewerber bei eisigen Temperaturen in Zelten oder Containern hausen müssen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Ulli Nissen [SPD])
Auch die Möglichkeit, dass Asylbewerberunterkünfte künftig in sogenannten Außenbereichsinseln bzw. im innenbereichsnahen Außenbereich gebaut werden dürfen, ist für viele Kommunen eine erhebliche Erleichterung bei der Schaffung von zusätzlichen Kapazitäten für die Unterbringung.
Bei so vielen Vorteilen für die Kommunen tut sich selbst die Linke dabei schwer, den Gesetzentwurf zu kritisieren. Wenn man Ihren auf den letzten Drücker eingebrachten Antrag liest, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Linken, merkt man aber, wie wenig Sie von der Situation in den Kommunen und Landkreisen wissen. Dort weiß man nicht mehr, wo man die Leute unterbringen soll, und Sie reden davon, man solle doch die Asylbewerber ihren Unterbringungsort selbst wählen lassen. Wenn es nach Ihnen geht, dürfen Gemeinschaftsunterkünfte nicht mehr als 50 Personen beherbergen und die Unterbringung in Erstaufnahmeeinrichtungen darf maximal 6 bis 12 Wochen dauern. All das geht doch völlig an der Realität in den Landkreisen und Kommunen vorbei.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Dort geht es mittlerweile darum, den Leuten überhaupt ein Dach über dem Kopf geben zu können.
(Beifall der Abg. Ulli Nissen [SPD])
Meine Damen und Herren, als Stadt- und Kreisrätin kann ich Ihnen versichern, dass es unseren Landkreisen und Kommunen fernliegt, Asylbewerber menschenunwürdig unterzubringen. Es geht mit dem vorliegenden Gesetzesvorhaben auch nicht darum, Asylbewerber systematisch und dauerhaft in Gewerbegebiete oder in den Außenbereich abzuschieben; ein Beweis dafür ist doch schon die Befristung des Gesetzes bis zum Jahr 2019. Auch die Kritik bezüglich einer angeblich mangelnden Infrastruktur in diesen Gebieten entspricht nicht der Realität. Die Gewerbegebiete und Außenbereichsinseln, um die es hier geht, liegen oft nahe an Wohngebieten und können häufig sogar zu Fuß durchquert werden. Öffentliche Verkehrsmittel, Zugang zum Gesundheitssystem und zum Bildungssystem sowie sonstige Infrastruktur sind vorhanden.
(Christian Kühn [Tübingen] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das werden wir gemeinsam evaluieren!)
Es gibt keinen Grund, der gegen diesen Gesetzentwurf spricht. Lassen Sie uns ihm also zustimmen, um unseren Kommunen damit etwas an die Hand zu geben, mit dem sie unbürokratisch, rechtssicher und in kürzester Zeit dem Anstieg der Asylbewerberzahlen gerecht werden und den Menschen vor dem nahenden Winter ein Dach über dem Kopf bieten können.
Vielen Dank.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/4079012 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 63 |
Tagesordnungspunkt | Flüchtlingsunterbringung |