Steffen BilgerCDU/CSU - Pkw-Maut
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich muss ehrlich sagen, dass wir uns in der Unionsfraktion eigentlich auf die Mautdebatten in dieser Woche gefreut haben und ein bisschen spekuliert haben: Wird denn die Opposition eine Aktuelle Stunde dazu beantragen?
(Sören Bartol [SPD]: Welcher Teil der Unionsfraktion denn?)
– Zumindest kann ich das für den Unionsteil der Koalition sagen. – Aber sie hat uns enttäuscht. Jetzt diskutieren wir zumindest in dieser Debatte über die Pkw-Maut. Aber das zeigt vielleicht auch, dass die Luft schon ein Stück weit raus ist, weil Erwartungen der Pkw-Maut-Gegner nicht erfüllt wurden. Nach allem, was in den letzten Monaten gesagt wurde – „nicht europarechtskonform“, „Quadratur des Kreises, die nicht funktionieren wird“ –, zeigt sich, dass es anders aussieht und dass wir ein vernünftiges Gesetz beschließen können, um die Pkw-Maut in Deutschland einzuführen.
Liebe Frau Kollegin Wilms, ich finde es dann auch nicht angemessen, von dummen Ideen und dummen Gesetzen zu sprechen. Wir machen eine vernünftige Lösung, die auch den Rückhalt in der Bevölkerung hat.
(Beifall bei der CDU/CSU – Matthias Gastel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Weniger als 50 Prozent!)
Den Linken will ich herzlich danken für den Antrag und damit auch für die Gelegenheit, jetzt über den Gesetzentwurf, den wir alle offensichtlich kennen, zu diskutieren und uns darüber hier im Plenum auseinanderzusetzen.
Ich will mich auch auf Ihren konkreten Antrag beziehen; denn Sie stimmen in diesem Antrag beispielsweise in den Chor der Kritiker ein, die sagen: Was soll das denn mit der Pkw-Maut? Man sollte lieber die Lkw-Maut erhöhen. – In der Debatte darf man nicht vergessen: Das machen wir schließlich. Die Lkw-Maut – das sage ich für alle, die das noch nicht mitbekommen haben – wird ausgeweitet.
(Matthias Gastel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber erst einmal deutlich gesenkt! – Herbert Behrens [DIE LINKE]: Das ist doch alles Stückwerk!)
Man kann es gar nicht oft genug sagen: Wir gehen die Lücken in der Infrastrukturfinanzierung konsequent an. Dem Bund fehlen laut den verschiedenen Expertenkommissionen rund 4 Milliarden Euro pro Jahr. Dieses Problem werden wir lösen; so ist es in der Großen Koalition vereinbart. Das heißt: mehr Haushaltsmittel, 5 Milliarden Euro in dieser Legislaturperiode, geplant ab 2018 stetig 1,8 Milliarden Euro pro Jahr mehr aus dem Haushalt.
Herr Kollege, erlauben Sie eine Zwischenfrage oder -bemerkung der Kollegin Wilms?
Ausgesprochen gern.
(Oliver Wittke [CDU/CSU]: Das ist gelogen!)
– Das ist die Wahrheit.
(Zuruf von der CDU/CSU: Nichts als die Wahrheit!)
Bitte schön.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Herr Kollege Bilger, ich habe hier gerade eine Agenturmeldung, eine Meldung von AFP. Darin steht ganz deutlich:Die von Herrn Dobrindt geplante Pkw-Maut stößt in der Bevölkerung „überwiegend auf Ablehnung“. Wie passt denn das mit den Aussagen zusammen, die Sie eben getroffen haben? – Laut dieser Agenturmeldung sprechen sich 54 Prozent der Befragten gegen die Einführung einer Pkw-Maut auf den Autobahnen aus.
Es gibt ja im Laufe einer solchen Debatte viele Erhebungen. Als die Diskussion über die Pkw-Maut begonnen hat, lag die Unterstützung in der Bevölkerung für unser Gesetzesvorhaben bei 80 Prozent. Es mag sein, dass durch diese Diskussion die Zustimmung etwas gesunken ist. Aber ich bin mir sicher, wenn wir uns in einem halben Jahr wieder darüber unterhalten, wird die Zustimmung wieder deutlich gestiegen sein. Wir haben auf jeden Fall dauerhaft eine Unterstützung in der Bevölkerung für das Vorhaben der Pkw-Maut. Das kann ich Ihnen insbesondere als Baden-Württemberger sagen.
(Beifall bei der CDU/CSU – Matthias Gastel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Menschen verstehen, dass ein Riesenbürokratieaufwand damit verbunden ist!)
– Nun, lieber Herr Kollege Gastel, auch die Grünen in Baden-Württemberg haben sich immer mal wieder für Nutzerfinanzierung ausgesprochen, im Übrigen verbunden mit einem noch erheblicheren Aufwand – wenn wir schon über Datenschutz sprechen –, mit streckengenauer Abrechnung usw. Da sollten wir, glaube ich, bei der Wahrheit bleiben.
(Matthias Gastel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber doch nicht für Ihr Modell!)
Zurück zu den Zahlen und zu unserem Vorhaben, die Infrastruktur in Deutschland vernünftig auszufinanzieren: Es geht, wie gesagt, um mehr Haushaltsmittel. Es geht aber auch um die Ausweitung der Lkw-Maut. Bisher stehen uns rund 4,4 Milliarden Euro im Jahr zur Verfügung. Die Lkw-Maut wird auf die 7,5-Tonner ausgeweitet. Das bringt rund 300 Millionen Euro zusätzlich pro Jahr ab 2016. Wir werden die Lkw-Maut auf vierspurige Bundesstraßen – das sind weitere 1 100 Kilometer – ausweiten. Das bringt 80 Millionen Euro ab 2015. Schließlich werden wir sie ab 2018 auf alle Bundesstraßen ausweiten. Das wird etwa 2 Milliarden Euro pro Jahr bringen.
Die Verkehrspolitiker kennen alle Schwierigkeiten, die es bei der Umsetzung einer Ausweitung einer Lkw- Maut geben kann. Ich will aber noch etwas dazu sagen, weil wir oft gefragt werden, warum das alles so lange dauert, warum das nicht schneller geht. Wir machen es so schnell wie möglich, aber es dauert einfach, bis ausgeschrieben ist, bis die Systeme errichtet sind. Die Lkw-Maut wird so schnell wie möglich – wie ich es eben dargestellt habe – ausgeweitet. Dann kommt noch die Pkw-Maut mit Einnahmen von rund 500 Millionen Euro im Jahr dazu.
Wenn man das alles zusammenrechnet – die 1,8 Milliarden Euro aus dem Haushalt, die zusätzlichen 2 Milliarden aus der Lkw-Maut, die 500 Millionen Euro aus der Pkw-Maut –, dann sind das mehr als 4 Milliarden Euro pro Jahr für die Infrastruktur. Damit schließen wir die vorhin erwähnte, bisher bestehende Lücke.
Deshalb, meine Damen und Herren: Nach Jahren des Redens über die mangelnde Finanzierung der Infrastruktur kann ich feststellen: Wir reden nicht nur, sondern wir handeln auch. Wir packen die Probleme, die sich bisher bei der Infrastrukturfinanzierung stellen, an.
(Beifall bei der CDU/CSU)
In Ihrem Antrag äußern Sie größtes Verständnis für die ausländischen Fahrzeughalter. Sie schreiben:
(Herbert Behrens [DIE LINKE]: Ja, so ist es!)
Ich muss sagen: Es ist ja schön, dass Sie so viel Verständnis für die ausländischen Pkw-Fahrer haben. Aber, mit Verlaub, wen interessiert denn diese Frage in Österreich, in Frankreich oder in der Schweiz? Es ist eben doch auch eine Frage der Gerechtigkeit. Und wir beenden jetzt die Benachteiligung der deutschen Autofahrer, die lange Jahre bestanden hat.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Der Kollege Behrens von der Fraktion Die Linke möchte Ihnen auch eine Zwischenfrage stellen.
So viele Zwischenfragen hatte ich noch nie.
Vielen Dank. – Herr Bilger, Sie haben gesagt, in Österreich gebe es ein vergleichbares System der Mauterhebung, über das Ausländer an der Finanzierung der Straßen beteiligt werden. Ist neben Österreich noch ein anderes europäisches Land genau in dieser Weise am Start, wie es der Verkehrsminister Dobrindt versucht, der die deutschen Autofahrer nicht über das hinaus belasten will, was sie schon jetzt beitragen, sondern nur die ausländischen Fahrer belasten will? Gibt es ein vergleichbares Modell, das mir bislang verborgen geblieben ist?
Ihr Vergleich hinkt. Denn man muss ja sehen, dass die österreichischen Autofahrer zwar natürlich auch in ihr Mautsystem einzahlen, aber dadurch eine Entlastung des österreichischen Steuerzahlers gegeben ist. Allein deswegen kann man nicht konstruieren, dass hier eine Diskriminierung von Haltern ausländischer Fahrzeuge stattfinden würde.
Wir haben bisher eine Benachteiligung der deutschen Autofahrer; denn sie müssen in fast allen Nachbarländern bezahlen. Diese Benachteiligung werden wir jetzt mit der Pkw-Maut beenden.
Ich will noch ein anderes Thema Ihres Antrags beleuchten.
(Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Guter Antrag!)
Denn Sie sagen ja oft, sie würden dafür stehen, dass den Menschen mit geringerem Einkommen Unterstützung zukommt. Das stellen Sie oft in den Mittelpunkt Ihrer Politik.
In Ihrem Antrag schlagen Sie jetzt aber vor, eine Busmaut einzuführen.
(Herbert Behrens [DIE LINKE]: Für Fernbusse, die anstatt des Zuges fahren!)
Wir erinnern uns ja alle noch, dass wir uns bei der Reform des Personenbeförderungsgesetzes bewusst entschieden haben, keine Busmaut einzuführen, weil wir in Zeiten von teurer Mobilität mit dem Auto, der Luftverkehrsabgabe und von nicht ganz billigen Zugtickets eine kostengünstige Alternative bieten wollen. Deswegen haben wir mit der Liberalisierung des Fernbusverkehrs eine Alternative geschaffen. Ich glaube, an einem Tag wie heute kann man nur sagen, dass wir froh sein können über dieses Erfolgsmodell Fernbusse, das eine gute und vor allem eine kostengünstige Alternative darstellt. Insofern kann ich nicht nachvollziehen, dass ausgerechnet die Linken sich jetzt für eine Busmaut aussprechen, die dazu führen würde, dass die Fernbustickets teuer würden.
(Herbert Behrens [DIE LINKE]: Entsprechend der Belastung der Straßen! Natürlich!)
Der Fernbus ist eine hervorragende Ergänzung der Mobilitätsangebote, die wir haben. Er ist insbesondere für junge Menschen und für Menschen mit einem geringen Einkommen eine sehr gute Alternative. Vor diesem Hintergrund halte ich Ihre Pläne für falsch. Ihr Antrag ist zugegebenermaßen ja schon vor einigen Monaten gestellt worden, aber ich kann heute feststellen, dass Ihre Befürchtungen allesamt nicht eingetreten sind. Im Gegensatz zu den Ausführungen in Ihrem Antrag ist die vorgeschlagene Mautregelung europarechtskonform. Sie entspricht den Vorgaben, auf die wir uns im Koalitionsvertrag verständigt haben.
Eines will ich auch noch einmal abschließend betonen.
Aber bitte abschließend.
Wirklich abschließend. – Alle, die sagen: „Das sind ja nur 500 Millionen Euro“, sollten sich einmal in Erinnerung rufen, wie wir im Verkehrsausschuss oder in anderen Ausschüssen des Deutschen Bundestages um wenige Millionen streiten. 500 Millionen Euro sind ein wesentlicher Beitrag, um bei der Infrastruktur in Deutschland voranzukommen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Danke, Herr Kollege Bilger. – Ich dränge, weil wir heute noch eine sehr lange Tagesordnung haben.
Nächste Rednerin in der Debatte: Kirsten Lühmann für die SPD.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/4079070 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 63 |
Tagesordnungspunkt | Pkw-Maut |