06.11.2014 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 63 / Tagesordnungspunkt 13

Hiltrud LotzeSPD - Atomabkommen mit Brasilien

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich schicke einmal vorweg: Ich komme aus dem Wahlkreis Lüchow-Dannenberg – Lüneburg. Da liegt Gorleben, und ich bin die Letzte, die hier eine Lanze für die Atomenergie brechen wird.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir hören erst einmal bis zum Ende Ihrer Rede!)

– Genau. Das empfehle ich.

Wir haben schon gehört: Die Bundesrepublik Deutschland hat auf dem Gebiet der friedlichen Nutzung der Kernenergie die schon genannten 182 bilateralen Abkommen mit 56 Staaten. Wir werden uns auch für Kündigungen dieser Abkommen einsetzen, wenn sie hinsichtlich unserer deutschen Ausrichtung, aus der Atomenergie auszusteigen und die Energiewende zum Erfolg zu führen, nicht mehr tragbar sind.

Bevor wir aber über Kündigungen reden, müssen wir uns die Realitäten etwas genauer anschauen. Dieses Abkommen mit Brasilien wurde 1975 geschlossen. Es ist ein Rahmenabkommen zum Austausch von Informationen und nicht eine Vereinbarung einer konkreten technischen Unterstützung. Einer der Initiatoren des hier vorliegenden Antrags, Jürgen Trittin – er sitzt da drüben –, war von 1998 bis 2005 Umweltminister in der rot-grünen Koalition.

(Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Er hat da viel gemacht, ja!)

– Genau. – Schon damals wussten wir alle, dass die Militärdiktatur dort dieses Abkommen mit unterschrieben hat. In der Amtszeit von Jürgen Trittin wurde genau ein solches Abkommen gekündigt. Es war aber eben nicht das mit Brasilien, sondern das mit dem Iran, und das zu Recht, sage ich.

(Andreas G. Lämmel [CDU/CSU]: Was? – Dr. Joachim Pfeiffer [CDU/CSU]: Das ist ihm aber sehr schwergefallen!)

– Bitte, lassen Sie mich ausreden. Ich rede ja weiter. Zuhören! Wir haben doch gerade verabredet, einander bis zum Ende zuzuhören.

SPD und Grüne haben damals in der Koalition eine Linie verabredet, die auch heute noch gilt und umgesetzt wird: Die Verträge sollen daraufhin geprüft werden, ob sie mit den eigenen atompolitischen Grundsätzen noch übereinstimmen oder diesen zuwiderlaufen. Diese Überprüfungen finden regelmäßig statt. Im Übrigen haben meine Kollegin Nina Scheer und ich schon vor Wochen entsprechende Fragen gestellt und diese Überprüfung erneut angeregt.

(Ingo Gädechens [CDU/CSU]: Gibt es Antworten?)

Wir steigen also aus, und wir wollen weltweit natürlich auch andere gewinnen, das ebenfalls zu tun. Aber wir können uns in die Souveränität anderer Länder nicht einmischen.

(Beifall des Abg. Dr. Christoph Bergner)

Wir wollen ja auch nicht, dass andere in unsere Energiewende hineinreden.

(Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist unsere souveräne Entscheidung! – Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es ist doch unsere Entscheidung, ob wir die unterstützen!)

Wir werden weiterhin Verträge wie den mit Brasilien überprüfen und entweder auf dem Verhandlungswege ändern oder notfalls kündigen. Ich sage „notfalls kündigen“, weil diese Verträge auch jetzt noch ihren Sinn haben: Durch den vereinbarten Informationsaustausch bleiben wir über das auf dem Laufenden, was in Sachen Atomenergie in anderen Ländern passiert. So sind wir sprachfähig, wenn wir über die Sicherheit von AKWs im internationalen Rahmen sprechen wollen.

Liebe Kollegin, denken Sie an die Redezeit.

Meine Überzeugung ist: Wir sollten besser den Dialog mit anderen Ländern pflegen mit dem Ziel einer Anpassung der bestehenden Verträge an unsere neue energiepolitische Ausrichtung, und das bedeutet: keine Unterstützung bei Neubauten, Schwerpunkt des Informationsaustausches bei den Themen Stilllegung, Rückbau, Entsorgung und Endlagerung.

Im Übrigen: Deutschland hat schon einen Vertrag mit Brasilien zu den erneuerbaren Energien abgeschlossen –

(Zuruf von der CDU/CSU: So ist das!)

unter Sigmar Gabriel als Umweltminister.

(Andreas G. Lämmel [CDU/CSU]: Das haben die Grünen auch nie hingekriegt, so einen Vertrag mit Brasilien über erneuerbare Energien!)

Frau Kollegin, denken Sie an die Redezeit.

Ich bin schon am Ende. – Wir sind davon überzeugt, dass die Abkommen bei unseren beiden Ministern Sigmar Gabriel und Barbara Hendricks in guten Händen sind. Auf alles andere werden wir aufpassen. Deswegen werden wir dem Antrag heute nicht zustimmen können.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen jetzt zur Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft und Energie zu dem Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen mit dem Titel „Kündigung des bilateralen Atomabkommens mit Brasilien“. Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 18/2907, den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache 18/2610 abzulehnen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung ist angenommen bei Zustimmung von CDU/CSU und SPD, Ablehnung von Bündnis 90/Die Grünen und von der Linken.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/4079222
Wahlperiode 18
Sitzung 63
Tagesordnungspunkt Atomabkommen mit Brasilien
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