07.11.2014 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 64 / Tagesordnungspunkt 30

Sönke RixSPD - Elterngeld Plus und flexiblere Elternzeit

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Natürlich, liebe Grüne, mehr geht immer. Das ist gar keine Frage.

(Dr. Franziska Brantner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Besser geht! – Jörn Wunderlich [DIE LINKE]: Dann macht es doch!)

Was wir hier mit dem Elterngeld Plus machen, ist ein weiterer wichtiger, großer und guter Schritt für eine Familienarbeitszeit.

(Beifall bei der SPD)

Ich finde es gut, dass hier Konsens besteht, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Wenn wir schon dabei sind, darüber zu reden, was Konsens im Haus ist und wie solche gesellschaftspolitischen und familienpolitischen Debatten normalerweise hier ablaufen, finde ich es begrüßenswert, dass wir hier mehr um das Wie als um das Ob diskutieren. Das ist bei anderen gesellschaftspolitischen und familienpolitischen Debatten, die wir hier führen – Stichwort: Ehegattensplitting, Betreuungsgeld usw. –, nicht immer der Fall. Deshalb bedanke ich mich, dass dieser Konsens zu den Instrumenten Elterngeld und Elternzeit schon über Jahre besteht.

(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Jörn Wunderlich [DIE LINKE])

Das Elterngeld ist zuerst eine Idee gewesen von Renate Schmidt zum Ende der Wahlperiode 2005 und hat dann seinen Weg in das Wahlprogramm der SPD gefunden. Es ist in der Großen Koalition auf Zustimmung gestoßen. Wir haben gemeinsam beschlossen, das Elterngeld und die Elternzeit einzuführen. Frau von der Leyen hat das mit großem Einsatz und großer Begeisterung gemacht, aber nicht ohne ein weiteres Instrument der Großen Koalition – das war sehr wichtig – auf den Weg zu bringen, nämlich den Ausbau von Betreuungsplätzen. Das gehört nach wie vor zusammen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD)

Ich weise noch einmal darauf hin: Wir können mit dem Elterngeld und dem Elterngeld Plus nicht alle Probleme lösen, die Sie, Herr Wunderlich, zu Recht angesprochen haben: Alleinerziehende, Familienarmut, Kinderarmut. Das Instrument des Elterngelds ist eine Lohnersatzleistung. Alle sozialen Defizite, die wir ohne Zweifel bei Familien haben, müssen wir mit anderen Instrumenten beheben. Hier haben wir noch viel vor uns, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)

Es ist richtig, dass wir jetzt über ein Thema reden, was aber gar nicht so neu ist. Ich habe vor längerer Zeit mit einer Kollegin zusammengesessen, die vor, wie sie sagte, gefühlten 20 Jahren – ich glaube ihr das nicht, es waren vielleicht 15 Jahre – ein Netzwerk gegründet hat, bei dem es um Zeitpolitik ging. Sie hat gesagt: Jetzt, 20 Jahre später, ist es en vogue. Es ist eine große gesellschaftliche Debatte. In großen Wochenzeitungen und Tageszeitungen wird darüber diskutiert.

Es ist eine Debatte, die sowohl auf der Arbeitnehmer- als auch auf der Arbeitgeberseite sehr offen geführt wird. Dass es eine breite und gute Diskussion zu diesem Thema gibt, zeigt, wie notwendig es ist, nicht nur einen sicheren Arbeitsplatz, ausreichend finanzielle Mittel für die Familie und Betreuungsplätze für die Kinder zu bieten – die Eltern wollen arbeiten und brauchen deshalb Betreuungsplätze –, sondern auch die Möglichkeit zu eröffnen, Zeit für die Familie zu haben. Es hat schon eine große Dimension, das anzuerkennen.

Meine Worte sind vielleicht auch eine Replik auf das, was Herr Gysi vorhin so wohlwollend über die DDR gesagt hat: Da waren immer ausreichend Betreuungsplätze vorhanden. – Aber das war ein anderes System. Es war ja leider so: Weil gearbeitet werden musste, gab es ebendiese Plätze. Ich finde den Gedanken wichtig, Zeit mit der Familie zu verbringen – also nicht einfach nur die Kinder in der Zeit, in der man dem System zur Verfügung stehen muss, unterzubringen. Ich finde es gut, dass wir das mit dem Instrument des Elterngelds nach wie vor ermöglichen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Was wir jetzt machen, ist, dass wir die Partnerschaftlichkeit noch einmal erweitern. Denjenigen, die sich zu mehr Partnerschaftlichkeit bereit erklären, also sich dafür entscheiden, dass nicht nur ein Elternteil die Betreuung übernimmt – meistens, aber nicht immer ist es die Mutter –, bieten wir jetzt die Möglichkeit, die Zeit der Partnerschaftlichkeit und des Bezugs von Elterngeld zu verlängern.

Das Zweite ist: Wir gestalten es flexibler. Denn es wird zu Recht angemerkt: Die Zeit mit Kindern umfasst eben nicht nur die ersten drei Lebensjahre des Kindes oder die Zeit, in der das Kind in die Kindertagesstätte geht; es gibt auch die Zeit der Einschulung, die Zeit der ersten Jahre in der Grundschule und andere Zeiten, in denen das Kind vielleicht einer gezielten Betreuung bedarf und man mehr Zeit mit ihm verbringen möchte. Deshalb finde ich es gut, dass wir einen Bezug bis zum achten Lebensjahr ermöglichen und damit sogar weiter gehen, als es die Linkspartei gefordert hat.

(Jörn Wunderlich [DIE LINKE]: Erstaunlich!)

– Ja, genau: Es ist erstaunlich, dass wir auch mal weiter gehen als die Linkspartei, Herr Wunderlich.

Ich komme tatsächlich noch einmal zu Ihnen, Herr Wunderlich, nämlich zu Ihrer Kritik daran, dass der Kollege Felgentreu in der Debatte im Ausschuss gesagt hat, das sei auch ein Gesetz für die Wirtschaft, also ein wirtschaftsfreundliches Gesetz. Ist das denn so schlimm? Ist es denn wirklich so schlimm, wenn das Gesetz auch für den Arbeitsmarkt und für die Unternehmen gut ist, weil ihre Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zufrieden sind? Ich frage mich, warum ein Gegensatz zu denen aufgebaut wird, die sagen: Ich brauche gut ausgebildete Fachkräfte, die zufrieden sind, die nicht immer unter dem Druck stehen, es irgendwie hinzubekommen, mehr Zeit für die Familie zu haben. – Herr Wunderlich, ich finde, wir sollten diesen Gegensatz gar nicht erst aufbauen.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Jörn Wunderlich [DIE LINKE]: Ja, aber nicht zulasten der Betroffenen!)

Mich wundert, dass Herr Pols heute nicht da ist. Bestellen Sie ihm schöne Grüße! Er war derjenige, der bei der Anhörung insbesondere auf die Situation von Kleinbetrieben aufmerksam gemacht hat und die Frage aufgebracht hat, was eigentlich ist, wenn es betrieblich absolut nicht geht. Da haben wir jetzt mit unserem Änderungsantrag eine Regelung gefunden. Wir wollen den Arbeitgebern aber kein Einspruchs- oder Widerspruchsrecht geben; wir wissen auch, dass die Hürden hinsichtlich betrieblicher Gründe sehr hoch sind. Was wir wollen, ist, dass Arbeitnehmer und Arbeitgeber miteinander ins Gespräch kommen, damit es zu einem Konsens kommt. So stellen wir sicher, dass die Zufriedenheit des Arbeitnehmers nicht schwindet, nur weil er Angst hat, er könnte mit seinem Wunsch nach Elternzeit beim Arbeitgeber auflaufen. Wir haben mit dieser Regelung unseren Willen zum Konsens ausgedrückt.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)

Ich bin froh, dass wir hier heute darüber beraten, welche Änderungen wir bei diesem Gesetz noch vornehmen können, dass wir also nicht über das Ob, sondern über das Wie diskutieren. Ich bin froh, dass wir das Gesetz nahezu einstimmig beschließen werden. Denn es ist wirklich ein gutes Gesetz; es hat eine große Zustimmung wirklich verdient.

Danke schön.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Vielen Dank. – Nächste Rednerin ist Katja Dörner, Bündnis 90/Die Grünen.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/4080518
Wahlperiode 18
Sitzung 64
Tagesordnungspunkt Elterngeld Plus und flexiblere Elternzeit
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