Bettina HornhuesCDU/CSU - Elterngeld Plus und flexiblere Elternzeit
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich, dass wir heute einen Gesetzentwurf verabschieden, der jungen Eltern nicht nur die Wahlfreiheit und Flexibilität erlaubt, sondern auch einen großer Schritt hinsichtlich der Vereinbarkeit von Familie und Beruf darstellt. Denn gerade Flexibilität ist das, was auf der Wunschliste der Eltern ganz oben steht.
Wir schaffen mit dem Gesetz zur Einführung des neuen Elterngeld Plus politische Rahmenbedingungen, mit denen wir ein wichtiges politisches Ziel unseres Koalitionsvertrages umsetzen, nämlich die Stärkung von Familien. Wir stärken die Familien, indem wir ihnen nicht nur mehr Zeit miteinander ermöglichen, sondern auch dafür sorgen, dass Männer und Frauen ihre Aufgaben in Familie und Beruf partnerschaftlich wahrnehmen und aufteilen können. Denn in einer immer schneller werdenden Welt, in der Zeit im Allgemeinen eine knappe Ressource ist, plädieren wir für mehr Zeit, die wir vor allem im Alltag mit unseren Familien verbringen können. Das Elterngeld Plus eröffnet genau diese Chance.
Dies ist diejenige Art von Politik, die nah dran ist an den Wünschen und Bedürfnissen der heutigen Gesellschaft im Allgemeinen und an jenen der jungen Eltern im Besonderen. Ich freue mich daher sehr, dass unsere Forderung nach einer Weiterentwicklung des Elterngeldes hin zum Elterngeld Plus nun umgesetzt und das Elterngeld Plus als eigenständige Gestaltungskomponente eingeführt wird. Vor allem die Nutzungsmöglichkeit, die Elternzeit in Verbindung mit dem Elterngeld Plus zukünftig zwischen dem dritten und dem vollendeten achten Lebensjahr flexibel in Anspruch zu nehmen, sehe ich daher als einen echten Beitrag zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf.
Wenn ich von mehr Zeit für Familie spreche, was meine ich dann eigentlich mit Familienzeitpolitik? Was versteht man unter diesem neuen Politikfeld? Der Schlüssel, um familienpolitische Ziele wie die Vereinbarkeit von Familie und Beruf erreichen zu können, liegt für uns als CDU/CSU-Bundestagsfraktion in einer modernen Familienzeitpolitik. Familienzeitpolitik ist spätestens seit dem Siebten Familienbericht der Bundesregierung ein wichtiger Punkt auf der politischen Agenda. Auch der Achte Familienbericht, über den wir heute zu späterer Zeit noch debattieren werden, nimmt sich ganz und gar des Themas der Familienzeitpolitik an. Dabei werden hauptsächlich drei Kernkomponenten zusammengefasst:
Erstens. Mehr Zeitsouveränität für Familien, das heißt die selbstbestimmte Einteilung von Zeit als Ressource.
Zweitens. Eine partnerschaftliche und damit gerechte Verteilung von Zeit bei Frauen und Männern, was auch zu mehr Chancengleichheit führt.
Drittens. Die Verzahnung mit einer kommunalen Zeitpolitik für Familien, beispielsweise durch die Abstimmung von Öffnungszeiten der Behörden, Kitas usw.
Der Forderung nach mehr Zeit für Familie folgt auch die Flexibilisierung der Elternzeit, welche wir mit dem vorliegenden Gesetzentwurf implementieren wollen.
Nun haben wir bereits während der ersten Gesetzeslesung Ende September die vielen positiven Effekte, die das neue Elterngeld Plus mit sich bringt, hervorgehoben. Ich möchte nachfolgend aber noch einmal auf die Zielgruppe eingehen, die von dem neuen Elterngeld Plus besonders profitiert, nämlich Erwerbstätige in Teilzeit. Das Elterngeld Plus haben wir schließlich für diejenigen Eltern entwickelt, die während des Elterngeldbezugs in Teilzeit arbeiten wollen.
Die Vorteile liegen auf der Hand: Eltern, die nach der Geburt des Kindes in Teilzeit arbeiten gehen, können doppelt so lange vom Elterngeld profitieren. Der frühe Wiedereinstieg bringt zudem Vorteile, sowohl für die Wirtschaft als auch für die Erwerbstätigen. Der Arbeitgeber kann früher auf den Arbeitnehmer zugreifen und von seiner Erfahrung im Unternehmen profitieren. Der Erwerbstätige selbst bleibt auf dem aktuellen Stand bei den Anforderungen seines Arbeitsplatzes. Das Ausscheiden aus dem Berufsleben kann verhindert werden. In diesem Punkt stimmen uns auch die Arbeitgeberverbände zu. Auch sie sehen diesen Vorteil in dem vorliegenden Gesetzesvorhaben.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Natürlich wäre da noch ein ganz wesentlicher Vorteil: Durch die verringerte Arbeitszeit bleibt mehr Freiraum für die Familie. Dies ist sowohl für Väter als auch für Mütter ein wichtiger Aspekt.
Für mich sind die neuen Gestaltungsmöglichkeiten, die sich durch das Elterngeld Plus ergeben, nicht nur ein gelungener Beitrag für eine echte Wahlfreiheit, sondern vor allem eine Win-win-Situation für alle Beteiligten.
Ich möchte in diesem Zusammenhang aber auch noch einmal an die Wirtschaft appellieren: Familienfreundlichkeit im Unternehmen darf nicht als Umstand gesehen werden, sondern sollte als echter Wettbewerbsvorteil genutzt werden.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Als Politik können wir noch so viele Maßnahmen und Rahmenbedingungen schaffen: Dies alles nützt nichts ohne die Unterstützung der Wirtschaft. Familienpolitik verstehe ich auch als Wachstumsmotor für unsere Wirtschaft.
Ich richte mich hier mit zwei ganz konkreten Ideen an die Wirtschaft:
Dies sind zum einen die Betriebskindergärten. Viele Unternehmen gehen hier schon mit positivem Beispiel voran, dem sich meiner Meinung nach aber noch viele weitere Betriebe anschließen könnten. Ein Betriebskindergarten kann im Wettbewerb um die besten Fachkräfte ein großer Pluspunkt sein, sich als Arbeitnehmer für dieses Unternehmen zu entscheiden. Betriebskindergärten ermöglichen Eltern, frühzeitig an ihren Arbeitsplatz zurückzukehren.
Zum anderen denke ich an die jungen Mütter, die zu Beginn der Familiengründung noch ohne Abschluss dastehen. Bei den unter 25-jährigen Müttern sind es immerhin über 50 Prozent, die keinen Berufsabschluss haben. Es wäre daher doch sehr zu begrüßen, noch viele weitere Unternehmen davon zu überzeugen, dass eine Ausbildung in Teilzeit angeboten wird. Eine Ausbildung in Teilzeit absolvieren zu können, bietet jungen Erwachsenen mit Familienverantwortung eine echte Chance.
Seit 2005 besteht die Option der Teilzeitausbildung; leider wird diese Möglichkeit aber bisher noch viel zu wenig genutzt. So wurden im Jahr 2012 nur 0,2 Prozent der Ausbildungsverträge in Teilzeit abgeschlossen. Dabei liegen die Vorteile für die Betriebe doch auch hier auf der Hand: Die Betriebe erhalten engagierte Fachkräfte, die durch ihre Familienverantwortung viel Organisationsgeschick und Verantwortungsbewusstsein mitbringen. Die Teilzeitausbildung lässt sich flexibel in den Betriebsablauf integrieren und kann vor allem kleinen Betrieben einen Einstieg in die Fachausbildung bieten, sollten finanzielle und zeitliche Kompetenzen für eine Vollausbildung fehlen. Zudem zeichnet Familienfreundlichkeit ein Unternehmen als attraktiven Arbeitgeber aus. Teilzeitausbildung bietet jungen Eltern und Alleinerziehenden eine wirkliche Chance, Berufsausbildung und Familie miteinander zu verbinden – ein Mehrwert nicht nur für die Wirtschaft, sondern für die gesamte Gesellschaft.
Aber kommen wir wieder ganz konkret zurück zum Elterngeld Plus. Kürzlich wurde ich bei einer Veranstaltung darauf angesprochen, ob wir nicht in Bezug auf Familienleistungen auch etwas für die Selbstständigen machen könnten. An dieser Stelle möchte ich noch einmal betonen: Auch Selbstständige können vom Leistungspaket des Elterngeld Plus profitieren; denn die Flexibilität des Elterngeld Plus bringt gerade für Selbstständige besondere Vorteile. Wenn Selbstständige in geringem Umfang erwerbstätig sind oder nachlaufende Einkünfte aus ihrer Tätigkeit vor der Geburt haben, profitieren sie wie alle anderen Eltern auch. Das Elterngeld ersetzt nur den tatsächlich ausfallenden Einkommensanteil. Mit einem Elterngeld-Plus-Monat wird nur noch ein halber Monatsanspruch des Elterngeldes verbraucht statt wie bisher ein ganzer.
Zusammenfassend bietet das Elterngeld Plus Familien unabhängig davon, ob in selbstständiger oder nicht selbstständiger Arbeit, mehr Zeit mit der Familie, und ermöglicht es durch einen frühen Wiedereinstieg in Teilzeiterwerbstätigkeit den Eltern, Familie und Beruf unter einen Hut zu bringen.
Dieses Gesetz zeigt, dass wir nicht nur die Arbeit der Frauen, sondern auch die Erziehungsleistung der Väter wertschätzen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Vielen Dank. – Ich schließe die Aussprache.
Wir kommen zur Abstimmung über den von der Bundesregierung eingebrachten Gesetzentwurf zur Einführung des Elterngeld Plus mit Partnerschaftsbonus und einer flexiblen Elternzeit im Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz. Der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend empfiehlt unter Buchstabe a seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 18/3086, den Gesetzentwurf der Bundesregierung auf den Drucksachen 18/2583 und 18/2625 in der Ausschussfassung anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf in der Ausschussfassung zustimmen wollen, um das Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Der Gesetzentwurf ist in zweiter Beratung bei Enthaltung der Fraktion Die Linke angenommen.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/4080567 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 64 |
Tagesordnungspunkt | Elterngeld Plus und flexiblere Elternzeit |