07.11.2014 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 64 / Tagesordnungspunkt 32

Brigitte ZypriesSPD - Strategische Ziele für die Raumfahrt

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Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte mich bei den Mitgliedern des Hohen Hauses dafür bedanken, dass sie es mit dem Einbringen des Antrags der Koalitionsfraktionen ermöglicht haben, hier im Bundestag eine Debatte zum Thema Raumfahrt zu führen. Überall in Deutschland ist die Raumfahrt in diesen Tagen präsent. Es ist schön, dass wir das im Bundestag nachvollziehen.

Der Astronaut Alexander Gerst ist der wesentliche Anlass dafür, dass im Moment so viel über Raumfahrt in Deutschland geredet wird. Alexander Gerst ist nicht nur ein vorzüglicher Wissenschaftler, der viele Experimente in der ISS durchführt, sondern er ist auch ein echter Sympathieträger für die Luft- und Raumfahrt. Mit seinen zahlreichen Liveschaltungen, Postings bei Twitter und Facebook lässt er die Welt an allem teilhaben. Insbesondere viele junge Leute reagieren positiv auf ihn.

Das nächste Highlight steht nächste Woche bevor: Am 12. November soll der Lander auf einem Kometen ausgesetzt werden.

(Klaus-Peter Willsch [CDU/CSU]: Tschurjumow- Gerassimenko!)

– Wunderbar, vielen Dank, Herr Kollege. Ich hätte mich nicht getraut, diesen Namen auszusprechen. – Er soll nach zehn Jahren Flug im All dorthin erforschen, aus welchem Material das frühe Sonnensystem war und wie der Ursprung der Welt ist, wie das Weltall entstehen konnte.

Das sind die Themen, die die Öffentlichkeit wahrnimmt.

Aber natürlich schreitet auch der Aufbau des Galileo- Navigationssystems voran. Wir alle nutzen täglich das, was in Form von Datenmengen und Satellitenverbindungen aus dem Weltall kommt, ohne großartig darüber nachzudenken. Fakt ist aber: Ohne den Weltraum, ohne die Satelliten, die wir in den Weltraum transportiert haben, und ohne die Raketen, die wir dafür brauchen, wäre das Leben auf der Erde, wie wir es heute kennen, gar nicht mehr vorstellbar.

Dabei geht es mir jetzt gerade gar nicht um die Grundlagenforschung, die in diesem Bereich erfolgt ist, und um die Materialforschung, die wir der Raumfahrt verdanken. Das kommt alles dazu. Ich meine ganz real die täglichen Anwendungen, die wir nutzen: Die Satelliten helfen uns bei der Klimaforschung, der Wettervorhersage und beim Katastrophenschutz, zum Beispiel durch die Erstellung aktueller Lagebilder.

Die praktische Bedeutung für unseren Alltag spiegelt sich auch in den Aufwendungen der Bundesregierung für die zivile Raumfahrt wider. Diese Aufwendungen sind in den letzten Jahren stark gestiegen. Wir haben in diesem Jahr 1,3 Milliarden Euro in den Bundeshaushalt eingestellt. Auch dafür vielen Dank an die Abgeordneten, die das ermöglicht haben.

Einen Teil dieser Mittel verwenden wir für unser nationales Programm im Weltraum. Denn dort betreiben wir mit TerraSAR-X und TanDEM-X eigene Projekte, bei denen es um die Ermittlung von Höhenmodellen der Erdoberfläche geht. Wenn das Programm so gelingt, wie es geplant ist, wird es zu erheblichen neuen Anwendungen in der Navigation und sonstigen Technologien führen.

Im Bereich der Satellitenkommunikation werden wir mit der Mission „Heinrich Hertz“, die wir gemeinsam mit dem Verteidigungsministerium auf den Weg gebracht haben, neue Wege beschreiten.

Die optische Satellitenkommunikation ist ein anderer Bereich, in dem Deutschland weltweit die Nase vorn hat. Mit dem Laser Communication Terminal können 20-mal höhere Datenraten erreicht werden. Da entsteht Spitzentechnologie „Made in Germany“. Es ist gut und richtig, dass die ESA und das ESOC in Darmstadt jetzt mit INNOspace eine neue Initiative gestartet haben und damit die Technologien aus der Raumfahrt mit dem zusammenbringen, was wir in anderen Bereichen auf der Erde machen. Denn wenn wir von Industrie 4.0 und neuen Technologien reden, dann ist klar, dass damit eine massenhafte Datenverarbeitung verbunden ist. Und wer kann das besser als die Raumfahrer?

Ehe meine Redezeit aus dem Ruder läuft, möchte ich noch ein paar Sätze zur ESA-Ministerkonferenz sagen. Insbesondere die interessierte Wirtschaft kennt zurzeit kein anderes Thema mehr als das Datum 2. Dezember. Wir werden dann noch einmal über die institutionelle Trennung von EU und ESA beraten. Dazu hat die Bundesregierung – das habe ich auch dem Antrag entnommen – dieselbe Position wie der Bundestag: Wir wollen, dass die ESA in ihrer Autonomie bestehen bleibt und dass es nur um die punktuelle Zusammenarbeit mit der EU geht.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)

Es hat auch sehr praktische bzw. finanzielle Gründe, weshalb wir das wollen. Wir haben mit der ESA eine wirklich schlagkräftige Organisation, bei der wir gerne einen Deutschen an der Spitzen sehen würden.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)

Das zweite Thema ist die Finanzierung der ISS. Deutschland steht zu seinen Verpflichtungen. Das ist völlig klar. Aber ich sage auch ganz klar: Wir möchten, dass andere ebenfalls dazu stehen und dementsprechend ihren vereinbarten Anteil übernehmen. Das muss durchgesetzt werden.

Die Frage, welche Rakete wir jetzt bauen, bringt mich zunächst einmal zu der Aussage, dass wir mit der Ariane 5 eine Rakete haben, die ausgesprochen zuverlässig ist.

(Andreas Mattfeldt [CDU/CSU]: Sehr richtig!)

Wir haben über 50 erfolgreiche Starts in Folge gehabt – ohne einen einzigen Zwischenfall. Und diese Rakete ist sehr gut am Markt positioniert. Sie müssen wissen, dass ungefähr 60 Prozent des Marktes für kommerzielle Satellitenstarts auf die Ariane 5 entfallen.

(Andreas Mattfeldt [CDU/CSU]: Auch das muss man bedenken!)

Die Notwendigkeit, diese Rakete weiterzuentwickeln, lag also nur darin, dass sie im Start zu teuer ist und dass man davon ausgeht, dass die Amerikaner mit SpaceX günstigere Modelle haben. Deswegen wurde vor zwei Jahren die Entwicklung einer Ariane 5 ME von der Ministerkonferenz beschlossen und angedacht.

Nun gibt es aber einen neuen Vorschlag einer Ariane 6. Auch wenn jetzt viele zur Eile drängen, kann ich nur sagen: Man sollte sich das gründlich überlegen. Wir Deutsche haben mit Großprojekten hinreichend schlechte Erfahrungen in den letzten Jahren gemacht. Wenn ich mir die Geschichte der Raketenentwicklung vor Augen führe, dann stelle ich fest, dass die Entwicklung einer jeden Rakete länger gedauert und mehr gekostet hat als ursprünglich veranschlagt. Ich frage mich – gewissermaßen noch als Neuling nach knapp einem Jahr in diesem Amt –: Warum bitte soll es eigentlich diesmal anders sein als sonst? – Deswegen bin ich sehr zurückhaltend, um es klar zu sagen. Ich hoffe nichtsdestotrotz, dass wir gemeinsam insbesondere mit unseren französischen Kolleginnen und Kollegen da noch einen Kompromiss finden werden.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Als nächster Redner spricht der Kollege Thomas Lutze.

(Beifall bei der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/4080733
Wahlperiode 18
Sitzung 64
Tagesordnungspunkt Strategische Ziele für die Raumfahrt
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